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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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II. Die Angriffswaffen.
gemeine Mann häufig des sogenannten Flaschenkürbis, der an der
Mündung mit einer primitiven Ausgussröhre versehen wurde.

Die Pulverflasche litt an dem Übelstande, dass der Schütze die
für einen Schuss erforderliche Pulvermenge nicht genau abzumessen
im stande war und meist zu viel Pulver in das Rohr brachte.

Um diesem Übelstande abzuhelfen, rüstete man den Musketier mit
einer Anzahl (11--12) hölzernen, gedrehten Patronenhülsen aus,
in welchen die genau für den Schuss abgemessene Quantität Pulver
vorhanden war. Diese Patronenhülsen wurden mittels geflochtener
Lederriemchen an einen mässig breiten Riemen gehängt, der über der
linken Schulter getragen wurde. (Fig. 580.) An diesem Riemen
(Bandelier, bandouliere) hing auch ein Beutel für Kugeln und

[Abbildung] Fig. 583.

Flaschenhangsel zur Bewahrung der Kugeln im
Beutel, der Zündkrautflasche und des Spanners. Nach Schön, Geschichte
der Handfeuerwaffen, Taf. 14.

Wischzeug und die Zündkrautflasche, überdies wickelte man noch
einen Luntenvorrat darum. Diese Bandeliere scheinen zuerst in
Sachsen am Ende des 16. Jahrhunderts aufgekommen zu sein; am
Beginne des 17. findet man sie bereits in den meisten Heeren, in
Italien am spätesten. Obwohl sie den beabsichtigten Zweck erfüllten,
besassen sie doch den Nachteil, dass, wenn der Mann in Bewegung
war, die Patronhülsen ein klapperndes Geräusch verursachten, was in
Fällen von beabsichtigter Überrumpelung den Anmarsch einer Truppe
leicht verriet.


II. Die Angriffswaffen.
gemeine Mann häufig des sogenannten Flaschenkürbis, der an der
Mündung mit einer primitiven Ausguſsröhre versehen wurde.

Die Pulverflasche litt an dem Übelstande, daſs der Schütze die
für einen Schuſs erforderliche Pulvermenge nicht genau abzumessen
im stande war und meist zu viel Pulver in das Rohr brachte.

Um diesem Übelstande abzuhelfen, rüstete man den Musketier mit
einer Anzahl (11—12) hölzernen, gedrehten Patronenhülsen aus,
in welchen die genau für den Schuſs abgemessene Quantität Pulver
vorhanden war. Diese Patronenhülsen wurden mittels geflochtener
Lederriemchen an einen mäſsig breiten Riemen gehängt, der über der
linken Schulter getragen wurde. (Fig. 580.) An diesem Riemen
(Bandelier, bandoulière) hing auch ein Beutel für Kugeln und

[Abbildung] Fig. 583.

Flaschenhangsel zur Bewahrung der Kugeln im
Beutel, der Zündkrautflasche und des Spanners. Nach Schön, Geschichte
der Handfeuerwaffen, Taf. 14.

Wischzeug und die Zündkrautflasche, überdies wickelte man noch
einen Luntenvorrat darum. Diese Bandeliere scheinen zuerst in
Sachsen am Ende des 16. Jahrhunderts aufgekommen zu sein; am
Beginne des 17. findet man sie bereits in den meisten Heeren, in
Italien am spätesten. Obwohl sie den beabsichtigten Zweck erfüllten,
besaſsen sie doch den Nachteil, daſs, wenn der Mann in Bewegung
war, die Patronhülsen ein klapperndes Geräusch verursachten, was in
Fällen von beabsichtigter Überrumpelung den Anmarsch einer Truppe
leicht verriet.


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[496/0514] II. Die Angriffswaffen. gemeine Mann häufig des sogenannten Flaschenkürbis, der an der Mündung mit einer primitiven Ausguſsröhre versehen wurde. Die Pulverflasche litt an dem Übelstande, daſs der Schütze die für einen Schuſs erforderliche Pulvermenge nicht genau abzumessen im stande war und meist zu viel Pulver in das Rohr brachte. Um diesem Übelstande abzuhelfen, rüstete man den Musketier mit einer Anzahl (11—12) hölzernen, gedrehten Patronenhülsen aus, in welchen die genau für den Schuſs abgemessene Quantität Pulver vorhanden war. Diese Patronenhülsen wurden mittels geflochtener Lederriemchen an einen mäſsig breiten Riemen gehängt, der über der linken Schulter getragen wurde. (Fig. 580.) An diesem Riemen (Bandelier, bandoulière) hing auch ein Beutel für Kugeln und [Abbildung Fig. 583. Flaschenhangsel zur Bewahrung der Kugeln im Beutel, der Zündkrautflasche und des Spanners. Nach Schön, Geschichte der Handfeuerwaffen, Taf. 14.] Wischzeug und die Zündkrautflasche, überdies wickelte man noch einen Luntenvorrat darum. Diese Bandeliere scheinen zuerst in Sachsen am Ende des 16. Jahrhunderts aufgekommen zu sein; am Beginne des 17. findet man sie bereits in den meisten Heeren, in Italien am spätesten. Obwohl sie den beabsichtigten Zweck erfüllten, besaſsen sie doch den Nachteil, daſs, wenn der Mann in Bewegung war, die Patronhülsen ein klapperndes Geräusch verursachten, was in Fällen von beabsichtigter Überrumpelung den Anmarsch einer Truppe leicht verriet.

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/514>, abgerufen am 22.11.2024.