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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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IV. Bemerkungen für Freunde und Sammler von Waffen.
schwächeren Helmwände und deren Unterränder, die sonst wohl in
verletztem Zustande vorkommen, vollkommen unversehrt waren. Diese
mit dem ersten Blicke erzielte Beobachtung erregte den Verdacht
einer Fälschung, die sich auch bei weiterer sorgfältiger Untersuchung
durch Kunstfehler im Innern und nicht zum wenigsten durch die un-
mittelbare Herkunft des Stückes sattsam bestätigte.

Indes wagt es der Fälscher nur dem blöden Neuling einen voll-
ständig neugearbeiteten Harnisch als echt und alt anzubieten. Er
greift deshalb lieber zu einem Stück altem Eisen, das er durch Er-
gänzung fehlender Teile und durch Dekorationsmittel wertvoll zu
machen weiss. So ist es ein häufig ausgeführter Kniff, dass ein alter,
glatter Harnisch in Schwarz-, ja selbst vergoldeter Ätzung verziert
wird. Wer das Missverhältnis zwischen der Arbeit an einem gewöhn-
lichen Harnisch und seinem frischen Zierat nicht sofort herausfühlt,
der thut gut, den Stil in der Ornamentation und die Technik einer
Prüfung zu unterziehen. Zur Beurteilung des Stils ist kunstwissen-
schaftliches Studium unentbehrlich. Der Fälscher kopiert oft gute
alte Muster: ein Grund zu weiterer Vorsicht. Das Alter der Technik
ist nicht so schwer zu erkennen. Es kommt uns dabei die Unwissen-
heit des modernen Arbeiters zu Hilfe. Die alten Ätzmaler bedienten
sich nämlich nie oder nur selten eiserner Stifte oder Griffel, um die
Zeichnung in den Ätzgrund einzuritzen, sondern hölzerner und beinerner.
Die moderne Arbeit kennzeichnet sich demnach fast immer durch
feine, wie mit Nadeln gekratzte Striche ohne Kraft und Schwung.
Der Hochätzung weicht der Fälscher meist sorgfältig aus. Der alte
Ätzkünstler besass zudem in der Bereitung des Ätzwassers eine
staunenswerte Sicherheit. Die Ätzung erscheint in der Regel im
Vergleich zu der gefälschten eher stärker als schwächer. Moderne
Arbeiten sind oft zwei- bis dreimal nachgeätzt. Dieser Kniff, alte,
glatte Harnische mit Ätzungen auszustatten, gibt einer grossen Anzahl
Leuten reichliches Brot. Derlei Fälschungen betreibt man in Paris,
Nürnberg, München und Stuttgart. Sehr schlechte Leistungen derart
kommen aus Venedig; trotzdem finden sie Absatz in Griechenland
und der Levante. Vergoldung ist unschwer als neue Arbeit zu er-
kennen. Ist sie nur schwach aufgetragen, um als alt zu erscheinen,
dann erscheint sie ungleich; ist sie stark, gleich der alten, dann lässt
sie sich nicht vom Fälscher so unverdächtig abreiben, dass man nicht
die Spuren dieser Arbeit fände.

Aus Spanien, Frankreich und Italien kommen Fälschungen in
Gold- und Silbertausia vor, die einen Nichtkenner leicht zu täuschen
im stande sind, zumal da sie in der That in der Regel sorgfältig und
fleissig ausgeführt sind. Wir übergehen die Beobachtungspunkte, die
auch bei der Ätzung massgebend sind, und halten uns unmittelbar
an die Technik. Der Goldpartikel, der von den alten Tausiatoren
in den Grund der Gravierung eingeschlagen wurde, wurde aus einem

IV. Bemerkungen für Freunde und Sammler von Waffen.
schwächeren Helmwände und deren Unterränder, die sonst wohl in
verletztem Zustande vorkommen, vollkommen unversehrt waren. Diese
mit dem ersten Blicke erzielte Beobachtung erregte den Verdacht
einer Fälschung, die sich auch bei weiterer sorgfältiger Untersuchung
durch Kunstfehler im Innern und nicht zum wenigsten durch die un-
mittelbare Herkunft des Stückes sattsam bestätigte.

Indes wagt es der Fälscher nur dem blöden Neuling einen voll-
ständig neugearbeiteten Harnisch als echt und alt anzubieten. Er
greift deshalb lieber zu einem Stück altem Eisen, das er durch Er-
gänzung fehlender Teile und durch Dekorationsmittel wertvoll zu
machen weiſs. So ist es ein häufig ausgeführter Kniff, daſs ein alter,
glatter Harnisch in Schwarz-, ja selbst vergoldeter Ätzung verziert
wird. Wer das Miſsverhältnis zwischen der Arbeit an einem gewöhn-
lichen Harnisch und seinem frischen Zierat nicht sofort herausfühlt,
der thut gut, den Stil in der Ornamentation und die Technik einer
Prüfung zu unterziehen. Zur Beurteilung des Stils ist kunstwissen-
schaftliches Studium unentbehrlich. Der Fälscher kopiert oft gute
alte Muster: ein Grund zu weiterer Vorsicht. Das Alter der Technik
ist nicht so schwer zu erkennen. Es kommt uns dabei die Unwissen-
heit des modernen Arbeiters zu Hilfe. Die alten Ätzmaler bedienten
sich nämlich nie oder nur selten eiserner Stifte oder Griffel, um die
Zeichnung in den Ätzgrund einzuritzen, sondern hölzerner und beinerner.
Die moderne Arbeit kennzeichnet sich demnach fast immer durch
feine, wie mit Nadeln gekratzte Striche ohne Kraft und Schwung.
Der Hochätzung weicht der Fälscher meist sorgfältig aus. Der alte
Ätzkünstler besaſs zudem in der Bereitung des Ätzwassers eine
staunenswerte Sicherheit. Die Ätzung erscheint in der Regel im
Vergleich zu der gefälschten eher stärker als schwächer. Moderne
Arbeiten sind oft zwei- bis dreimal nachgeätzt. Dieser Kniff, alte,
glatte Harnische mit Ätzungen auszustatten, gibt einer groſsen Anzahl
Leuten reichliches Brot. Derlei Fälschungen betreibt man in Paris,
Nürnberg, München und Stuttgart. Sehr schlechte Leistungen derart
kommen aus Venedig; trotzdem finden sie Absatz in Griechenland
und der Levante. Vergoldung ist unschwer als neue Arbeit zu er-
kennen. Ist sie nur schwach aufgetragen, um als alt zu erscheinen,
dann erscheint sie ungleich; ist sie stark, gleich der alten, dann läſst
sie sich nicht vom Fälscher so unverdächtig abreiben, daſs man nicht
die Spuren dieser Arbeit fände.

Aus Spanien, Frankreich und Italien kommen Fälschungen in
Gold- und Silbertausia vor, die einen Nichtkenner leicht zu täuschen
im stande sind, zumal da sie in der That in der Regel sorgfältig und
fleiſsig ausgeführt sind. Wir übergehen die Beobachtungspunkte, die
auch bei der Ätzung maſsgebend sind, und halten uns unmittelbar
an die Technik. Der Goldpartikel, der von den alten Tausiatoren
in den Grund der Gravierung eingeschlagen wurde, wurde aus einem

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[576/0594] IV. Bemerkungen für Freunde und Sammler von Waffen. schwächeren Helmwände und deren Unterränder, die sonst wohl in verletztem Zustande vorkommen, vollkommen unversehrt waren. Diese mit dem ersten Blicke erzielte Beobachtung erregte den Verdacht einer Fälschung, die sich auch bei weiterer sorgfältiger Untersuchung durch Kunstfehler im Innern und nicht zum wenigsten durch die un- mittelbare Herkunft des Stückes sattsam bestätigte. Indes wagt es der Fälscher nur dem blöden Neuling einen voll- ständig neugearbeiteten Harnisch als echt und alt anzubieten. Er greift deshalb lieber zu einem Stück altem Eisen, das er durch Er- gänzung fehlender Teile und durch Dekorationsmittel wertvoll zu machen weiſs. So ist es ein häufig ausgeführter Kniff, daſs ein alter, glatter Harnisch in Schwarz-, ja selbst vergoldeter Ätzung verziert wird. Wer das Miſsverhältnis zwischen der Arbeit an einem gewöhn- lichen Harnisch und seinem frischen Zierat nicht sofort herausfühlt, der thut gut, den Stil in der Ornamentation und die Technik einer Prüfung zu unterziehen. Zur Beurteilung des Stils ist kunstwissen- schaftliches Studium unentbehrlich. Der Fälscher kopiert oft gute alte Muster: ein Grund zu weiterer Vorsicht. Das Alter der Technik ist nicht so schwer zu erkennen. Es kommt uns dabei die Unwissen- heit des modernen Arbeiters zu Hilfe. Die alten Ätzmaler bedienten sich nämlich nie oder nur selten eiserner Stifte oder Griffel, um die Zeichnung in den Ätzgrund einzuritzen, sondern hölzerner und beinerner. Die moderne Arbeit kennzeichnet sich demnach fast immer durch feine, wie mit Nadeln gekratzte Striche ohne Kraft und Schwung. Der Hochätzung weicht der Fälscher meist sorgfältig aus. Der alte Ätzkünstler besaſs zudem in der Bereitung des Ätzwassers eine staunenswerte Sicherheit. Die Ätzung erscheint in der Regel im Vergleich zu der gefälschten eher stärker als schwächer. Moderne Arbeiten sind oft zwei- bis dreimal nachgeätzt. Dieser Kniff, alte, glatte Harnische mit Ätzungen auszustatten, gibt einer groſsen Anzahl Leuten reichliches Brot. Derlei Fälschungen betreibt man in Paris, Nürnberg, München und Stuttgart. Sehr schlechte Leistungen derart kommen aus Venedig; trotzdem finden sie Absatz in Griechenland und der Levante. Vergoldung ist unschwer als neue Arbeit zu er- kennen. Ist sie nur schwach aufgetragen, um als alt zu erscheinen, dann erscheint sie ungleich; ist sie stark, gleich der alten, dann läſst sie sich nicht vom Fälscher so unverdächtig abreiben, daſs man nicht die Spuren dieser Arbeit fände. Aus Spanien, Frankreich und Italien kommen Fälschungen in Gold- und Silbertausia vor, die einen Nichtkenner leicht zu täuschen im stande sind, zumal da sie in der That in der Regel sorgfältig und fleiſsig ausgeführt sind. Wir übergehen die Beobachtungspunkte, die auch bei der Ätzung maſsgebend sind, und halten uns unmittelbar an die Technik. Der Goldpartikel, der von den alten Tausiatoren in den Grund der Gravierung eingeschlagen wurde, wurde aus einem

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/594>, abgerufen am 22.11.2024.