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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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1. Die Beurteilung der Echtheit und des Wertes der Waffen.
artigen Werkzeugen und Messern, deren Spuren man verfolgen kann.
Bei Polychromierungen ist zu beachten, dass die Alten Pflanzenfarben
verwendeten. Auch Holzschnitzereien sind von ähnlichen Gesichts-
punkten zu beurteilen. Es ist ein bestimmter Ausspruch über deren
Alter vom kunsttechnischem Standpunkte um so schwieriger, als die
Imitatoren, die ihr Geschäft in Deutschland fabriksmässig betreiben,
hierzu altes, wurmstichiges Holz verwenden, das sie zu diesem Zwecke
überall zusammenkaufen.*) Ungeachtet aller Finesse aber kann selbst
der Holzwurm zum Verräter werden, wenn man nur einige Beobach-
tungsgabe besitzt. Der Holzwurm bohrt eben nicht über Schnitzwerk
hinweg, stellenweise in freier Luft darüberschreitend. Er geht nicht
nach abwärts und quer immer auf längere Distanzen. Fälschung von
Bohrlöchern und Gängen ist endlich doch gar zu leicht zu ent-
decken.

Bei Blankwaffen ist die Zusammenstoppelung verschiedener fremder
Teile zu einem Ganzen am häufigsten anzutreffen, und hierbei machen
sich nicht nur die Händler, sondern auch die Sammler der Fälschung
schuldig. Gar mancher besitzt eine seiner Ansicht nach gute Klinge
und strebt darnach, einen Griff oder eine Scheide dazu zu erhalten,
ob beide nun zusammengehören oder nicht. In solchem Falle ent-
scheidet ebenso der stilistische wie der historische Faktor. Die
wenigsten wissen den Wert und das Alter einer Klinge zu beurteilen,
und legen das grösste Gewicht auf deren Biegsamkeit, während in
einzelnen Fällen gerade die Unbiegsamkeit für die Güte und die
Zugehörigkeit der Klinge massgebend ist. Auch sind nur wenige im
stande, von der Form der Klinge auf deren Meister zu schliessen,
also den Punkt zu treffen, von dem zunächst der Wert einer Klinge
abhängt. Daher kommt es, dass fast allgemein das Alter einer Klinge
nicht richtig geschätzt wird und diese durch Missverstand mit einer
Fassung in Verbindung kommt, die durchaus nicht zu ihr passt. In
dieser Beziehung kommen die ungeheuerlichsten Irrtümer vor.

An Gewehren treten fachwidrige und verständnislose Reparaturen
und Ergänzungen am häufigsten auf, und es fehlt auch hier nicht an
ganz sinnlosen Zusammenstoppelungen von alten und neuen Stücken.
Eingelegte Technik an Schäften wird am seltensten gefälscht und je
feiner sie ist, desto seltener. Das kostet Mühe und Zeit und ver-
lohnt sich nicht.

Desungeachtet hat der Verfasser im Laufe seiner Wirksamkeit
zahlreiche eingelegte Gewehrschäfte getroffen, die sowohl in den Ein-
lagen ergänzt, also ausgebessert, als auch ganz neu gefertigt waren,
um für alt ausgegeben zu werden, somit vollständige Fälschungen

*) Der Antiquitätenhändler Spengel in München produzierte auf der Kunst-
und Kunstgewerbe-Ausstellung in München 1876 Holz von alten Deckenbalken,
welche ihm als Material für Imitationen älterer Schnitzwerke dienten. Ein seltener
Fall von Aufrichtigkeit.
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1. Die Beurteilung der Echtheit und des Wertes der Waffen.
artigen Werkzeugen und Messern, deren Spuren man verfolgen kann.
Bei Polychromierungen ist zu beachten, daſs die Alten Pflanzenfarben
verwendeten. Auch Holzschnitzereien sind von ähnlichen Gesichts-
punkten zu beurteilen. Es ist ein bestimmter Ausspruch über deren
Alter vom kunsttechnischem Standpunkte um so schwieriger, als die
Imitatoren, die ihr Geschäft in Deutschland fabriksmäſsig betreiben,
hierzu altes, wurmstichiges Holz verwenden, das sie zu diesem Zwecke
überall zusammenkaufen.*) Ungeachtet aller Finesse aber kann selbst
der Holzwurm zum Verräter werden, wenn man nur einige Beobach-
tungsgabe besitzt. Der Holzwurm bohrt eben nicht über Schnitzwerk
hinweg, stellenweise in freier Luft darüberschreitend. Er geht nicht
nach abwärts und quer immer auf längere Distanzen. Fälschung von
Bohrlöchern und Gängen ist endlich doch gar zu leicht zu ent-
decken.

Bei Blankwaffen ist die Zusammenstoppelung verschiedener fremder
Teile zu einem Ganzen am häufigsten anzutreffen, und hierbei machen
sich nicht nur die Händler, sondern auch die Sammler der Fälschung
schuldig. Gar mancher besitzt eine seiner Ansicht nach gute Klinge
und strebt darnach, einen Griff oder eine Scheide dazu zu erhalten,
ob beide nun zusammengehören oder nicht. In solchem Falle ent-
scheidet ebenso der stilistische wie der historische Faktor. Die
wenigsten wissen den Wert und das Alter einer Klinge zu beurteilen,
und legen das gröſste Gewicht auf deren Biegsamkeit, während in
einzelnen Fällen gerade die Unbiegsamkeit für die Güte und die
Zugehörigkeit der Klinge maſsgebend ist. Auch sind nur wenige im
stande, von der Form der Klinge auf deren Meister zu schlieſsen,
also den Punkt zu treffen, von dem zunächst der Wert einer Klinge
abhängt. Daher kommt es, daſs fast allgemein das Alter einer Klinge
nicht richtig geschätzt wird und diese durch Miſsverstand mit einer
Fassung in Verbindung kommt, die durchaus nicht zu ihr paſst. In
dieser Beziehung kommen die ungeheuerlichsten Irrtümer vor.

An Gewehren treten fachwidrige und verständnislose Reparaturen
und Ergänzungen am häufigsten auf, und es fehlt auch hier nicht an
ganz sinnlosen Zusammenstoppelungen von alten und neuen Stücken.
Eingelegte Technik an Schäften wird am seltensten gefälscht und je
feiner sie ist, desto seltener. Das kostet Mühe und Zeit und ver-
lohnt sich nicht.

Desungeachtet hat der Verfasser im Laufe seiner Wirksamkeit
zahlreiche eingelegte Gewehrschäfte getroffen, die sowohl in den Ein-
lagen ergänzt, also ausgebessert, als auch ganz neu gefertigt waren,
um für alt ausgegeben zu werden, somit vollständige Fälschungen

*) Der Antiquitätenhändler Spengel in München produzierte auf der Kunst-
und Kunstgewerbe-Ausstellung in München 1876 Holz von alten Deckenbalken,
welche ihm als Material für Imitationen älterer Schnitzwerke dienten. Ein seltener
Fall von Aufrichtigkeit.
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[579/0597] 1. Die Beurteilung der Echtheit und des Wertes der Waffen. artigen Werkzeugen und Messern, deren Spuren man verfolgen kann. Bei Polychromierungen ist zu beachten, daſs die Alten Pflanzenfarben verwendeten. Auch Holzschnitzereien sind von ähnlichen Gesichts- punkten zu beurteilen. Es ist ein bestimmter Ausspruch über deren Alter vom kunsttechnischem Standpunkte um so schwieriger, als die Imitatoren, die ihr Geschäft in Deutschland fabriksmäſsig betreiben, hierzu altes, wurmstichiges Holz verwenden, das sie zu diesem Zwecke überall zusammenkaufen. *) Ungeachtet aller Finesse aber kann selbst der Holzwurm zum Verräter werden, wenn man nur einige Beobach- tungsgabe besitzt. Der Holzwurm bohrt eben nicht über Schnitzwerk hinweg, stellenweise in freier Luft darüberschreitend. Er geht nicht nach abwärts und quer immer auf längere Distanzen. Fälschung von Bohrlöchern und Gängen ist endlich doch gar zu leicht zu ent- decken. Bei Blankwaffen ist die Zusammenstoppelung verschiedener fremder Teile zu einem Ganzen am häufigsten anzutreffen, und hierbei machen sich nicht nur die Händler, sondern auch die Sammler der Fälschung schuldig. Gar mancher besitzt eine seiner Ansicht nach gute Klinge und strebt darnach, einen Griff oder eine Scheide dazu zu erhalten, ob beide nun zusammengehören oder nicht. In solchem Falle ent- scheidet ebenso der stilistische wie der historische Faktor. Die wenigsten wissen den Wert und das Alter einer Klinge zu beurteilen, und legen das gröſste Gewicht auf deren Biegsamkeit, während in einzelnen Fällen gerade die Unbiegsamkeit für die Güte und die Zugehörigkeit der Klinge maſsgebend ist. Auch sind nur wenige im stande, von der Form der Klinge auf deren Meister zu schlieſsen, also den Punkt zu treffen, von dem zunächst der Wert einer Klinge abhängt. Daher kommt es, daſs fast allgemein das Alter einer Klinge nicht richtig geschätzt wird und diese durch Miſsverstand mit einer Fassung in Verbindung kommt, die durchaus nicht zu ihr paſst. In dieser Beziehung kommen die ungeheuerlichsten Irrtümer vor. An Gewehren treten fachwidrige und verständnislose Reparaturen und Ergänzungen am häufigsten auf, und es fehlt auch hier nicht an ganz sinnlosen Zusammenstoppelungen von alten und neuen Stücken. Eingelegte Technik an Schäften wird am seltensten gefälscht und je feiner sie ist, desto seltener. Das kostet Mühe und Zeit und ver- lohnt sich nicht. Desungeachtet hat der Verfasser im Laufe seiner Wirksamkeit zahlreiche eingelegte Gewehrschäfte getroffen, die sowohl in den Ein- lagen ergänzt, also ausgebessert, als auch ganz neu gefertigt waren, um für alt ausgegeben zu werden, somit vollständige Fälschungen *) Der Antiquitätenhändler Spengel in München produzierte auf der Kunst- und Kunstgewerbe-Ausstellung in München 1876 Holz von alten Deckenbalken, welche ihm als Material für Imitationen älterer Schnitzwerke dienten. Ein seltener Fall von Aufrichtigkeit. 37*

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/597>, abgerufen am 22.11.2024.