Öl nach einigen Tagen einfach wegzuwischen, frisches aufzutragen und damit so lange geduldig fortzufahren, bis die rotbraune Kruste vollständig aufgelöst und entfernt ist. Zeigen sich unterhalb schwarze Flecken, wie sie zuweilen in Vertiefungen vorkommen, so ist das nicht mehr Rost, sondern das Bild des Schadens selbst, den das Oxyd verursacht hatte. Derlei Flecken sind nur dadurch zu entfernen, dass man die Stelle mit Schmirgelpapier behandelt; aber es ist, bevor man zu diesem den Körper selbst angreifenden Mittel schreitet, wohl zu erwägen, ob der Gegenstand nicht dadurch in seinem archäologischen oder seinem Kunstwerte für immer geschädigt wird.
Klingen sind in der Regel leicht zu reinigen, schwieriger ist dies bei Schilden, welche innen Fütterungen haben, die, damit die Innen- seite gereinigt werden kann, abgenietet werden müssen; am aller- schwierigsten aber bei Harnischen, weil dem Roste zwischen den Folgen schwer beizukommen ist, so dass im äussersten Falle nichts übrigbleibt als sie zu zerlegen und neue Lederstreifen (Geschiebleder) einzufügen. Besitzer grösserer Sammlungen werden daher wohlthun, stets einige Pakete Nieten mit gelben und weissen Köpfen und ver- schiedener Grösse im Vorrate zu halten, weil nicht selten Nieten an stark beschädigten Harnischen, besonders wenn sie ursprünglich stark angezogen waren, bei Temperaturwechsel ausspringen.
An glatten, unverzierten Flächen kann man sich zum Entfernen des Rostes unbedenklich des Steinöls, Petroleums, bedienen, nur nicht an Stellen, die mit Schwarzätzung verziert sind, weil Petroleum das in den Vertiefungen liegende Schwarzlot angreift. Selbst bei Behand- lung mit gewöhnlichem Baumöl ist in diesem Falle ausserordentliche Vorsicht geboten, damit das Schwarzlot nicht herausgelaugt wird.
Jeder blanke Harnisch muss in tadellos reinem Zustande erscheinen, er muss auf das reinste geputzt oder, wie der alte Fachausdruck lautet, "gewischt" sein. Dieses Wischen der Harnische erfordert eine eigene Übung. Gute Harnischwischer waren schon seit dem Aufkommen der Plattenharnische sehr gesucht. An einem gut ge- wischten Harnische müssen die Putzstriche in vollständig paralleler Richtung laufen und dürfen sich nirgends kreuzen. Sehr schwache und durch vieles unverständiges Putzen dem Ruine nahegeführte Harnische lässt man lieber ungewischt und reinigt sie bloss mit ge- wöhnlicher Seife. Übereifrige Diener vergehen sich nicht selten so weit, Harnische, Schilde, Schwertgriffe, Läufe etc. zu polieren. Man untersage ihnen dieses strenge. Ein derart misshandelter Gegenstand ist nicht das halbe Geld mehr wert.
Rostflecke auf gebläutem, d. i. blau angelaufenem, geschwärztem, d. i. in heisser Asche gebranntem, und gebräuntem (bruniertem) Eisen sind nicht zu entfernen, ohne die Färbung mehr oder weniger zu be- schädigen. Man muss entweder die betreffende Stelle blank lassen oder die Färbung des gesamten Gegenstandes entfernen und durch
3. Einige Worte über die Erhaltung der Waffen.
Öl nach einigen Tagen einfach wegzuwischen, frisches aufzutragen und damit so lange geduldig fortzufahren, bis die rotbraune Kruste vollständig aufgelöst und entfernt ist. Zeigen sich unterhalb schwarze Flecken, wie sie zuweilen in Vertiefungen vorkommen, so ist das nicht mehr Rost, sondern das Bild des Schadens selbst, den das Oxyd verursacht hatte. Derlei Flecken sind nur dadurch zu entfernen, daſs man die Stelle mit Schmirgelpapier behandelt; aber es ist, bevor man zu diesem den Körper selbst angreifenden Mittel schreitet, wohl zu erwägen, ob der Gegenstand nicht dadurch in seinem archäologischen oder seinem Kunstwerte für immer geschädigt wird.
Klingen sind in der Regel leicht zu reinigen, schwieriger ist dies bei Schilden, welche innen Fütterungen haben, die, damit die Innen- seite gereinigt werden kann, abgenietet werden müssen; am aller- schwierigsten aber bei Harnischen, weil dem Roste zwischen den Folgen schwer beizukommen ist, so daſs im äuſsersten Falle nichts übrigbleibt als sie zu zerlegen und neue Lederstreifen (Geschiebleder) einzufügen. Besitzer gröſserer Sammlungen werden daher wohlthun, stets einige Pakete Nieten mit gelben und weiſsen Köpfen und ver- schiedener Gröſse im Vorrate zu halten, weil nicht selten Nieten an stark beschädigten Harnischen, besonders wenn sie ursprünglich stark angezogen waren, bei Temperaturwechsel ausspringen.
An glatten, unverzierten Flächen kann man sich zum Entfernen des Rostes unbedenklich des Steinöls, Petroleums, bedienen, nur nicht an Stellen, die mit Schwarzätzung verziert sind, weil Petroleum das in den Vertiefungen liegende Schwarzlot angreift. Selbst bei Behand- lung mit gewöhnlichem Baumöl ist in diesem Falle auſserordentliche Vorsicht geboten, damit das Schwarzlot nicht herausgelaugt wird.
Jeder blanke Harnisch muſs in tadellos reinem Zustande erscheinen, er muſs auf das reinste geputzt oder, wie der alte Fachausdruck lautet, „gewischt“ sein. Dieses Wischen der Harnische erfordert eine eigene Übung. Gute Harnischwischer waren schon seit dem Aufkommen der Plattenharnische sehr gesucht. An einem gut ge- wischten Harnische müssen die Putzstriche in vollständig paralleler Richtung laufen und dürfen sich nirgends kreuzen. Sehr schwache und durch vieles unverständiges Putzen dem Ruine nahegeführte Harnische läſst man lieber ungewischt und reinigt sie bloſs mit ge- wöhnlicher Seife. Übereifrige Diener vergehen sich nicht selten so weit, Harnische, Schilde, Schwertgriffe, Läufe etc. zu polieren. Man untersage ihnen dieses strenge. Ein derart miſshandelter Gegenstand ist nicht das halbe Geld mehr wert.
Rostflecke auf gebläutem, d. i. blau angelaufenem, geschwärztem, d. i. in heiſser Asche gebranntem, und gebräuntem (bruniertem) Eisen sind nicht zu entfernen, ohne die Färbung mehr oder weniger zu be- schädigen. Man muſs entweder die betreffende Stelle blank lassen oder die Färbung des gesamten Gegenstandes entfernen und durch
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Öl nach einigen Tagen einfach wegzuwischen, frisches aufzutragen
und damit so lange geduldig fortzufahren, bis die rotbraune Kruste
vollständig aufgelöst und entfernt ist. Zeigen sich unterhalb schwarze
Flecken, wie sie zuweilen in Vertiefungen vorkommen, so ist das nicht
mehr Rost, sondern das Bild des Schadens selbst, den das Oxyd
verursacht hatte. Derlei Flecken sind nur dadurch zu entfernen, daſs
man die Stelle mit Schmirgelpapier behandelt; aber es ist, bevor man
zu diesem den Körper selbst angreifenden Mittel schreitet, wohl zu
erwägen, ob der Gegenstand nicht dadurch in seinem archäologischen
oder seinem Kunstwerte für immer geschädigt wird.
Klingen sind in der Regel leicht zu reinigen, schwieriger ist dies
bei Schilden, welche innen Fütterungen haben, die, damit die Innen-
seite gereinigt werden kann, abgenietet werden müssen; am aller-
schwierigsten aber bei Harnischen, weil dem Roste zwischen den
Folgen schwer beizukommen ist, so daſs im äuſsersten Falle nichts
übrigbleibt als sie zu zerlegen und neue Lederstreifen (Geschiebleder)
einzufügen. Besitzer gröſserer Sammlungen werden daher wohlthun,
stets einige Pakete Nieten mit gelben und weiſsen Köpfen und ver-
schiedener Gröſse im Vorrate zu halten, weil nicht selten Nieten an
stark beschädigten Harnischen, besonders wenn sie ursprünglich stark
angezogen waren, bei Temperaturwechsel ausspringen.
An glatten, unverzierten Flächen kann man sich zum Entfernen
des Rostes unbedenklich des Steinöls, Petroleums, bedienen, nur nicht
an Stellen, die mit Schwarzätzung verziert sind, weil Petroleum das
in den Vertiefungen liegende Schwarzlot angreift. Selbst bei Behand-
lung mit gewöhnlichem Baumöl ist in diesem Falle auſserordentliche
Vorsicht geboten, damit das Schwarzlot nicht herausgelaugt wird.
Jeder blanke Harnisch muſs in tadellos reinem Zustande erscheinen,
er muſs auf das reinste geputzt oder, wie der alte Fachausdruck
lautet, „gewischt“ sein. Dieses Wischen der Harnische erfordert
eine eigene Übung. Gute Harnischwischer waren schon seit dem
Aufkommen der Plattenharnische sehr gesucht. An einem gut ge-
wischten Harnische müssen die Putzstriche in vollständig paralleler
Richtung laufen und dürfen sich nirgends kreuzen. Sehr schwache
und durch vieles unverständiges Putzen dem Ruine nahegeführte
Harnische läſst man lieber ungewischt und reinigt sie bloſs mit ge-
wöhnlicher Seife. Übereifrige Diener vergehen sich nicht selten so
weit, Harnische, Schilde, Schwertgriffe, Läufe etc. zu polieren. Man
untersage ihnen dieses strenge. Ein derart miſshandelter Gegenstand
ist nicht das halbe Geld mehr wert.
Rostflecke auf gebläutem, d. i. blau angelaufenem, geschwärztem,
d. i. in heiſser Asche gebranntem, und gebräuntem (bruniertem) Eisen
sind nicht zu entfernen, ohne die Färbung mehr oder weniger zu be-
schädigen. Man muſs entweder die betreffende Stelle blank lassen
oder die Färbung des gesamten Gegenstandes entfernen und durch
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/605>, abgerufen am 22.11.2024.
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