würdigkeit zeigen, und Contarini erschöpfte sich in der Bewunderung über deren Grösse und Leistungsfähigkeit.*) Das Rohmaterial ent- nahmen die Mailänder Werkstätten aus den nahe gelegenen Minen von Valassina, Valsassina, bei Premana etc.**)
Nicht geringer wie in der einfachen Gebrauchsware gestalteten sich die Erfolge in der Fertigung von Prunkwaffen, ja Mailand über- traf darin nicht nur das kunstreiche Florenz, sondern auch die wett- eifernden spanischen Werkstätten. Die Thätigkeit der Mailänder in der Kunstarbeit erstreckte sich vorwiegend auf fein ziselierte Schwert- und Degengriffe, tauschierte Spiesseisen, ferner aber auf die herrlich getriebenen und tauschierten Harnische, die in ihrem mattgrauen Tone und der reichen Goldzier eine Spezialität bildeten, die nir- gends übertroffen wurde.
Wenn man die Reihe der Mailänder Kunstarbeiter überblickt, welche auf dem Waffengebiete im 16. Jahrhundert beschäftigt waren, so staunt man über die grosse Zahl derselben, ja es ist nahezu un- erklärlich, woher alle diese Kräfte genommen wurden, wenn man be- denkt, dass zahlreiche Mailänder Meister in anderen italienischen Städten, ja in Frankreich und England arbeiteten und es fast keinen Hof gab, an welchem nicht ein Mailänder "Wehrvergolder" ange- stellt war.
Von den, wie erwähnt, ungemein zahlreichen Meistern nennen wir nur die hervorragendsten, wie Pietro Cantoni, die Brüder Nigroli, Bartolomeo Campi, Lucio Piccinino, Giovanni Battista Serabaglio, von welchen Werke teils in Madrid, teils in Wien sich befinden; ferner Giovanni Pietro Figino, Antonio Romero, Bartolomeo Piatti, Martino genannt il Ghinello. Andere nennen wir unter den Waffenschmieden am Schlusse dieses Werkes.
Die Entwürfe zu den Zeichnungen entnahmen die Mailänder sowohl aus den Ornamentstichen, als auch aus Handzeichnungen des Caradosso, des Agostino Busti und nicht minder des Giovanni Battista Mantuano (Ghisi, auch Bertano genannt), der selbst in anbetracht des prachtvollen Schildes, den er mit eigener Hand fertigte, unter die bedeutendsten Treibarbeiter zu zählen ist.
Wie wir bereits erwähnten, besass Mailand zahlreiche und vor- zügliche Werkstätten zur Erzeugung von Klingen. Diese ahmten die spanischen Klingen mit Giftzügen in staunenswerter Weise nach. Speziell in der Klingenschleiferei sind die Mailänder als unerreicht anzusehen. Die berühmtesten Klingenschmiede waren Antonio Piccinino und dessen Sohn Federigo.
*) Itinerario di Germania. Mscrpt. Biblioteca Trivulziana.
**) Vergl. hierüber des Verfassers Abhandlung: "Werke Mailänder Waffen- schmiede in den kais. Sammlungen". Jahrbuch d. kunsthist, Sammlungen des kais. Hauses Bd. IX, p. 375.
V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen.
würdigkeit zeigen, und Contarini erschöpfte sich in der Bewunderung über deren Gröſse und Leistungsfähigkeit.*) Das Rohmaterial ent- nahmen die Mailänder Werkstätten aus den nahe gelegenen Minen von Valassina, Valsassina, bei Premana etc.**)
Nicht geringer wie in der einfachen Gebrauchsware gestalteten sich die Erfolge in der Fertigung von Prunkwaffen, ja Mailand über- traf darin nicht nur das kunstreiche Florenz, sondern auch die wett- eifernden spanischen Werkstätten. Die Thätigkeit der Mailänder in der Kunstarbeit erstreckte sich vorwiegend auf fein ziselierte Schwert- und Degengriffe, tauschierte Spieſseisen, ferner aber auf die herrlich getriebenen und tauschierten Harnische, die in ihrem mattgrauen Tone und der reichen Goldzier eine Spezialität bildeten, die nir- gends übertroffen wurde.
Wenn man die Reihe der Mailänder Kunstarbeiter überblickt, welche auf dem Waffengebiete im 16. Jahrhundert beschäftigt waren, so staunt man über die groſse Zahl derselben, ja es ist nahezu un- erklärlich, woher alle diese Kräfte genommen wurden, wenn man be- denkt, daſs zahlreiche Mailänder Meister in anderen italienischen Städten, ja in Frankreich und England arbeiteten und es fast keinen Hof gab, an welchem nicht ein Mailänder „Wehrvergolder“ ange- stellt war.
Von den, wie erwähnt, ungemein zahlreichen Meistern nennen wir nur die hervorragendsten, wie Pietro Cantoni, die Brüder Nigroli, Bartolomeo Campi, Lucio Piccinino, Giovanni Battista Serabaglio, von welchen Werke teils in Madrid, teils in Wien sich befinden; ferner Giovanni Pietro Figino, Antonio Romero, Bartolomeo Piatti, Martino genannt il Ghinello. Andere nennen wir unter den Waffenschmieden am Schlusse dieses Werkes.
Die Entwürfe zu den Zeichnungen entnahmen die Mailänder sowohl aus den Ornamentstichen, als auch aus Handzeichnungen des Caradosso, des Agostino Busti und nicht minder des Giovanni Battista Mantuano (Ghisi, auch Bertano genannt), der selbst in anbetracht des prachtvollen Schildes, den er mit eigener Hand fertigte, unter die bedeutendsten Treibarbeiter zu zählen ist.
Wie wir bereits erwähnten, besaſs Mailand zahlreiche und vor- zügliche Werkstätten zur Erzeugung von Klingen. Diese ahmten die spanischen Klingen mit Giftzügen in staunenswerter Weise nach. Speziell in der Klingenschleiferei sind die Mailänder als unerreicht anzusehen. Die berühmtesten Klingenschmiede waren Antonio Piccinino und dessen Sohn Federigo.
*) Itinerario di Germania. Mscrpt. Biblioteca Trivulziana.
**) Vergl. hierüber des Verfassers Abhandlung: „Werke Mailänder Waffen- schmiede in den kais. Sammlungen“. Jahrbuch d. kunsthist, Sammlungen des kais. Hauses Bd. IX, p. 375.
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V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen.
würdigkeit zeigen, und Contarini erschöpfte sich in der Bewunderung
über deren Gröſse und Leistungsfähigkeit. *) Das Rohmaterial ent-
nahmen die Mailänder Werkstätten aus den nahe gelegenen Minen
von Valassina, Valsassina, bei Premana etc. **)
Nicht geringer wie in der einfachen Gebrauchsware gestalteten
sich die Erfolge in der Fertigung von Prunkwaffen, ja Mailand über-
traf darin nicht nur das kunstreiche Florenz, sondern auch die wett-
eifernden spanischen Werkstätten. Die Thätigkeit der Mailänder in
der Kunstarbeit erstreckte sich vorwiegend auf fein ziselierte Schwert-
und Degengriffe, tauschierte Spieſseisen, ferner aber auf die herrlich
getriebenen und tauschierten Harnische, die in ihrem mattgrauen
Tone und der reichen Goldzier eine Spezialität bildeten, die nir-
gends übertroffen wurde.
Wenn man die Reihe der Mailänder Kunstarbeiter überblickt,
welche auf dem Waffengebiete im 16. Jahrhundert beschäftigt waren,
so staunt man über die groſse Zahl derselben, ja es ist nahezu un-
erklärlich, woher alle diese Kräfte genommen wurden, wenn man be-
denkt, daſs zahlreiche Mailänder Meister in anderen italienischen
Städten, ja in Frankreich und England arbeiteten und es fast keinen
Hof gab, an welchem nicht ein Mailänder „Wehrvergolder“ ange-
stellt war.
Von den, wie erwähnt, ungemein zahlreichen Meistern nennen
wir nur die hervorragendsten, wie Pietro Cantoni, die Brüder
Nigroli, Bartolomeo Campi, Lucio Piccinino, Giovanni
Battista Serabaglio, von welchen Werke teils in Madrid, teils in
Wien sich befinden; ferner Giovanni Pietro Figino, Antonio
Romero, Bartolomeo Piatti, Martino genannt il Ghinello.
Andere nennen wir unter den Waffenschmieden am Schlusse dieses
Werkes.
Die Entwürfe zu den Zeichnungen entnahmen die Mailänder
sowohl aus den Ornamentstichen, als auch aus Handzeichnungen des
Caradosso, des Agostino Busti und nicht minder des Giovanni
Battista Mantuano (Ghisi, auch Bertano genannt), der selbst in
anbetracht des prachtvollen Schildes, den er mit eigener Hand fertigte,
unter die bedeutendsten Treibarbeiter zu zählen ist.
Wie wir bereits erwähnten, besaſs Mailand zahlreiche und vor-
zügliche Werkstätten zur Erzeugung von Klingen. Diese ahmten die
spanischen Klingen mit Giftzügen in staunenswerter Weise nach.
Speziell in der Klingenschleiferei sind die Mailänder als unerreicht
anzusehen. Die berühmtesten Klingenschmiede waren Antonio
Piccinino und dessen Sohn Federigo.
*) Itinerario di Germania. Mscrpt. Biblioteca Trivulziana.
**) Vergl. hierüber des Verfassers Abhandlung: „Werke Mailänder Waffen-
schmiede in den kais. Sammlungen“. Jahrbuch d. kunsthist, Sammlungen des
kais. Hauses Bd. IX, p. 375.
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/623>, abgerufen am 22.11.2024.
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