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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen.
der italienische Ornamentstil nach Deutschland und den Niederlanden,
in welch beiden Ländern alsbald massenhaft ähnliche Stiche er-
schienen, in denen die erhaltenen Vorbilder dem nationalen Ge-
schmacke entsprechend variiert sind; so dass wir von da an von
niederländischem und deutschem Ornamentstil sprechen können.

Florenz hat im 16. Jahrhundert hochbedeutende Meister in
unserem Fache aufzuweisen. So Gasparo Mola, Pifanio Piripe
genannt Tacito, den Franzosen Guglielmo Lemaeitre, Aluigi
Lani
u. s. w., welche sämtlich nicht allein ausgezeichnete Treibarbeiter
(Ziseleure), sondern auch Tausiatoren gewesen sind. Petrini nennt
uns in seinem Manuskripte über die Waffenschmiede auch einen ge-
wissen Repa als unübertrefflich in diesem Fache.*)

Man kann mit allem Rechte sagen, dass in der Waffenerzeugung
vom Fabrikat für den gemeinen Gebrauch bis zu dessen höchster
künstlerischer Ausführung vom 13. Jahrhundert an Mailand den ersten
Rang eingenommen hat. Der Ruf seiner Erzeugnisse drang weit über
Europa hinaus und seine Harnische und anderen Waffen fanden Ab-
satz ebenso an der westafrikanischen Küste wie in Ägypten bis nach
Arabien und Persien. Die Herrscher Englands und Frankreichs be-
mühten sich, mailändische Waffenschmiede ins Land zu ziehen, um
die so hoch entwickelte Industrie bei sich heimisch zu machen, so
Heinrich IV. von England. Karl VI. von Frankreich errichtete eine
Kolonie in Lyon, Ludwig XI. in Paris, Karl VIII. in Bordeaux.
Auch Kaiser Maximilian I. berief zwei vorzügliche Meister, die Me-
rate
, nach Arbois in Flandern.

Wir kennen bereits namhafte Mailänder Meister im 13. Jahr-
hundert; ihre Weltbedeutung in der Waffenerzeugung erlangte die
Stadt aber erst, als aus ihren Mauern die ersten vollständigen Platten-
harnische für Ross und Mann in die Welt gesendet wurden. Mit
diesem Zeitpunkt nahm die Industrie einen Aufschwung, der ohne
Beispiel dasteht; der Mailänder Harnisch wurde in Form und Güte
sprichwörtlich in der Welt, um das Ausgezeichnetste zu bezeichnen.

Den hervorragendsten Anteil an diesem grossartigen Ergebnisse
hatte Petrolo da Missaglia aus der Familie Nigroli. Nach seinem
Tode am Anfange des 15. Jahrhunderts übernahm sein Sohn Tomaso
die Führung mit steigendem Erfolge. Als Tomaso um 1468 starb,
hinterliess er seinem Sohne Antonio eine der grossartigsten Werk-
stätten der Welt, eine Faktorei von riesiger Leistungsfähigkeit. Die
Stadt Mailand liess dem venezianischen Gesandten Giorgio Contarini,
der auf seiner Reise nach Deutschland 1492 diese Stadt berührte,
auch die Werkstätte der Missaglia als eine hervorragende Sehens-

*) Petrini, Antonio, Arte fabrile ovvero Armeria universale dove si conten-
gono tutta la qualita e natura del ferro ecc. 1642. Manuskript der Bibl. Maglia-
becchiana. (Cl. XIX, 16.) Mitgeteilt in E. Plon, Benvenuto Cellini.

V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen.
der italienische Ornamentstil nach Deutschland und den Niederlanden,
in welch beiden Ländern alsbald massenhaft ähnliche Stiche er-
schienen, in denen die erhaltenen Vorbilder dem nationalen Ge-
schmacke entsprechend variiert sind; so daſs wir von da an von
niederländischem und deutschem Ornamentstil sprechen können.

Florenz hat im 16. Jahrhundert hochbedeutende Meister in
unserem Fache aufzuweisen. So Gasparo Mola, Pifanio Piripe
genannt Tacito, den Franzosen Guglielmo Lemaître, Aluigi
Lani
u. s. w., welche sämtlich nicht allein ausgezeichnete Treibarbeiter
(Ziseleure), sondern auch Tausiatoren gewesen sind. Petrini nennt
uns in seinem Manuskripte über die Waffenschmiede auch einen ge-
wissen Repa als unübertrefflich in diesem Fache.*)

Man kann mit allem Rechte sagen, daſs in der Waffenerzeugung
vom Fabrikat für den gemeinen Gebrauch bis zu dessen höchster
künstlerischer Ausführung vom 13. Jahrhundert an Mailand den ersten
Rang eingenommen hat. Der Ruf seiner Erzeugnisse drang weit über
Europa hinaus und seine Harnische und anderen Waffen fanden Ab-
satz ebenso an der westafrikanischen Küste wie in Ägypten bis nach
Arabien und Persien. Die Herrscher Englands und Frankreichs be-
mühten sich, mailändische Waffenschmiede ins Land zu ziehen, um
die so hoch entwickelte Industrie bei sich heimisch zu machen, so
Heinrich IV. von England. Karl VI. von Frankreich errichtete eine
Kolonie in Lyon, Ludwig XI. in Paris, Karl VIII. in Bordeaux.
Auch Kaiser Maximilian I. berief zwei vorzügliche Meister, die Me-
rate
, nach Arbois in Flandern.

Wir kennen bereits namhafte Mailänder Meister im 13. Jahr-
hundert; ihre Weltbedeutung in der Waffenerzeugung erlangte die
Stadt aber erst, als aus ihren Mauern die ersten vollständigen Platten-
harnische für Roſs und Mann in die Welt gesendet wurden. Mit
diesem Zeitpunkt nahm die Industrie einen Aufschwung, der ohne
Beispiel dasteht; der Mailänder Harnisch wurde in Form und Güte
sprichwörtlich in der Welt, um das Ausgezeichnetste zu bezeichnen.

Den hervorragendsten Anteil an diesem groſsartigen Ergebnisse
hatte Petrolo da Missaglia aus der Familie Nigroli. Nach seinem
Tode am Anfange des 15. Jahrhunderts übernahm sein Sohn Tomaso
die Führung mit steigendem Erfolge. Als Tomaso um 1468 starb,
hinterlieſs er seinem Sohne Antonio eine der groſsartigsten Werk-
stätten der Welt, eine Faktorei von riesiger Leistungsfähigkeit. Die
Stadt Mailand lieſs dem venezianischen Gesandten Giorgio Contarini,
der auf seiner Reise nach Deutschland 1492 diese Stadt berührte,
auch die Werkstätte der Missaglia als eine hervorragende Sehens-

*) Petrini, Antonio, Arte fabrile ovvero Armeria universale dove si conten-
gono tutta la qualità e natura del ferro ecc. 1642. Manuskript der Bibl. Maglia-
becchiana. (Cl. XIX, 16.) Mitgeteilt in E. Plon, Benvenuto Cellini.
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[604/0622] V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen. der italienische Ornamentstil nach Deutschland und den Niederlanden, in welch beiden Ländern alsbald massenhaft ähnliche Stiche er- schienen, in denen die erhaltenen Vorbilder dem nationalen Ge- schmacke entsprechend variiert sind; so daſs wir von da an von niederländischem und deutschem Ornamentstil sprechen können. Florenz hat im 16. Jahrhundert hochbedeutende Meister in unserem Fache aufzuweisen. So Gasparo Mola, Pifanio Piripe genannt Tacito, den Franzosen Guglielmo Lemaître, Aluigi Lani u. s. w., welche sämtlich nicht allein ausgezeichnete Treibarbeiter (Ziseleure), sondern auch Tausiatoren gewesen sind. Petrini nennt uns in seinem Manuskripte über die Waffenschmiede auch einen ge- wissen Repa als unübertrefflich in diesem Fache. *) Man kann mit allem Rechte sagen, daſs in der Waffenerzeugung vom Fabrikat für den gemeinen Gebrauch bis zu dessen höchster künstlerischer Ausführung vom 13. Jahrhundert an Mailand den ersten Rang eingenommen hat. Der Ruf seiner Erzeugnisse drang weit über Europa hinaus und seine Harnische und anderen Waffen fanden Ab- satz ebenso an der westafrikanischen Küste wie in Ägypten bis nach Arabien und Persien. Die Herrscher Englands und Frankreichs be- mühten sich, mailändische Waffenschmiede ins Land zu ziehen, um die so hoch entwickelte Industrie bei sich heimisch zu machen, so Heinrich IV. von England. Karl VI. von Frankreich errichtete eine Kolonie in Lyon, Ludwig XI. in Paris, Karl VIII. in Bordeaux. Auch Kaiser Maximilian I. berief zwei vorzügliche Meister, die Me- rate, nach Arbois in Flandern. Wir kennen bereits namhafte Mailänder Meister im 13. Jahr- hundert; ihre Weltbedeutung in der Waffenerzeugung erlangte die Stadt aber erst, als aus ihren Mauern die ersten vollständigen Platten- harnische für Roſs und Mann in die Welt gesendet wurden. Mit diesem Zeitpunkt nahm die Industrie einen Aufschwung, der ohne Beispiel dasteht; der Mailänder Harnisch wurde in Form und Güte sprichwörtlich in der Welt, um das Ausgezeichnetste zu bezeichnen. Den hervorragendsten Anteil an diesem groſsartigen Ergebnisse hatte Petrolo da Missaglia aus der Familie Nigroli. Nach seinem Tode am Anfange des 15. Jahrhunderts übernahm sein Sohn Tomaso die Führung mit steigendem Erfolge. Als Tomaso um 1468 starb, hinterlieſs er seinem Sohne Antonio eine der groſsartigsten Werk- stätten der Welt, eine Faktorei von riesiger Leistungsfähigkeit. Die Stadt Mailand lieſs dem venezianischen Gesandten Giorgio Contarini, der auf seiner Reise nach Deutschland 1492 diese Stadt berührte, auch die Werkstätte der Missaglia als eine hervorragende Sehens- *) Petrini, Antonio, Arte fabrile ovvero Armeria universale dove si conten- gono tutta la qualità e natura del ferro ecc. 1642. Manuskript der Bibl. Maglia- becchiana. (Cl. XIX, 16.) Mitgeteilt in E. Plon, Benvenuto Cellini.

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/622>, abgerufen am 22.11.2024.