12. Die Waffensammlung des germanischen Museums zu Nürnberg.
12. Die Waffensammlung des germanischen Museums zu Nürnberg.
Die Waffensammlung bildet nur einen kleinen Teil dieses in seiner Grossartigkeit und Vielseitigkeit bewundernswerten kunst- und kulturhistorischen Museums. Demungeachtet zählt sie, auch an sich betrachtet, dank neuerer namhafter Erwerbungen zu den beträchtlichsten und wertvollsten Europas und enthält Unica von unberechenbarem Werte.
Die Gründung dieses Museums erfolgte auf der zu Dresden im Jahre 1852 abgehaltenen Versammlung deutscher Geschichts- und Altertumsforscher. Der Grundstock bestand aus der Privatsammlung des Freiherrn Hans von und zu Aufsess, welcher auch als erster Direktor dem neuerrichteten Institute vorstand. Die Mittel zur Er- haltung und Vermehrung werden durch freiwillige Beiträge, sowohl von seiten der Regierungen, wie von den Fürsten und dem Volke gewonnen. Als Sitz des Museums war von vornherein Nürnberg be- stimmt, wo es in den ersten Jahren im Turme des Tiergärtnerthores aufgestellt wurde. Im Jahre 1856 wurde durch käufliche Erwerbung des Karthäuserklosters dem Museum ein vergrössertes Heim geschaffen, das sich jedoch bald wieder als zu beschränkt darstellte, so dass an eine Erweiterung gedacht werden musste. Diese erfolgte durch Er- werbung und Abtragung des alten gotischen Augustinerklosters, welches in gleicher Form im Anschlusse an die Karthause wieder aufgebaut wurde. Gegenwärtig sind auch die so gewonnenen weiten Räume für die rasch sich mehrenden Sammlungen zu enge geworden; es wird darum in nächster Zeit im Anschlusse an den bisherigen Kom- plex zu einem Neubaue geschritten werden, für den die erforderliche Bodenfläche in genügendem Masse vorhanden ist.
Der Grundstock der Waffenabteilung stammt aus der Sammlung Aufsess, die 1864 angekauft wurde. Einen bedeutenden Zuwachs erhielt sie durch eine andere Sammlung, die der Verein der deut- schen Standesherrn für das Museum käuflich erworben hatte. Seit dieser Zeit vermehrte sie sich durch zum Teil hochwertvolle Einzel- stücke. Die letzte aussergewöhnlich glückliche Bereicherung wurde der Sammlung im Jahre 1889 durch Ankauf des wertvollsten Teiles der reichen und unschätzbaren Waffensammlung des Fürsten Sulkowsky auf Schloss Feistritz in Niederösterreich zu teil, die am Ende des vorigen Jahrhunderts durch den Bankier Josef Freiherrn von Dietrich in Wien gegründet wurde. Mit dieser bedeutenden Erwerbung, wodurch namentlich die Sammlung von Turnierwaffen wesentlich gewann, ist die Waffensammlung auf rund 2000 Nummern angewachsen.
12. Die Waffensammlung des germanischen Museums zu Nürnberg.
12. Die Waffensammlung des germanischen Museums zu Nürnberg.
Die Waffensammlung bildet nur einen kleinen Teil dieses in seiner Groſsartigkeit und Vielseitigkeit bewundernswerten kunst- und kulturhistorischen Museums. Demungeachtet zählt sie, auch an sich betrachtet, dank neuerer namhafter Erwerbungen zu den beträchtlichsten und wertvollsten Europas und enthält Unica von unberechenbarem Werte.
Die Gründung dieses Museums erfolgte auf der zu Dresden im Jahre 1852 abgehaltenen Versammlung deutscher Geschichts- und Altertumsforscher. Der Grundstock bestand aus der Privatsammlung des Freiherrn Hans von und zu Aufseſs, welcher auch als erster Direktor dem neuerrichteten Institute vorstand. Die Mittel zur Er- haltung und Vermehrung werden durch freiwillige Beiträge, sowohl von seiten der Regierungen, wie von den Fürsten und dem Volke gewonnen. Als Sitz des Museums war von vornherein Nürnberg be- stimmt, wo es in den ersten Jahren im Turme des Tiergärtnerthores aufgestellt wurde. Im Jahre 1856 wurde durch käufliche Erwerbung des Karthäuserklosters dem Museum ein vergröſsertes Heim geschaffen, das sich jedoch bald wieder als zu beschränkt darstellte, so daſs an eine Erweiterung gedacht werden muſste. Diese erfolgte durch Er- werbung und Abtragung des alten gotischen Augustinerklosters, welches in gleicher Form im Anschlusse an die Karthause wieder aufgebaut wurde. Gegenwärtig sind auch die so gewonnenen weiten Räume für die rasch sich mehrenden Sammlungen zu enge geworden; es wird darum in nächster Zeit im Anschlusse an den bisherigen Kom- plex zu einem Neubaue geschritten werden, für den die erforderliche Bodenfläche in genügendem Maſse vorhanden ist.
Der Grundstock der Waffenabteilung stammt aus der Sammlung Aufseſs, die 1864 angekauft wurde. Einen bedeutenden Zuwachs erhielt sie durch eine andere Sammlung, die der Verein der deut- schen Standesherrn für das Museum käuflich erworben hatte. Seit dieser Zeit vermehrte sie sich durch zum Teil hochwertvolle Einzel- stücke. Die letzte auſsergewöhnlich glückliche Bereicherung wurde der Sammlung im Jahre 1889 durch Ankauf des wertvollsten Teiles der reichen und unschätzbaren Waffensammlung des Fürsten Sulkowsky auf Schloſs Feistritz in Niederösterreich zu teil, die am Ende des vorigen Jahrhunderts durch den Bankier Josef Freiherrn von Dietrich in Wien gegründet wurde. Mit dieser bedeutenden Erwerbung, wodurch namentlich die Sammlung von Turnierwaffen wesentlich gewann, ist die Waffensammlung auf rund 2000 Nummern angewachsen.
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12. Die Waffensammlung des germanischen Museums zu Nürnberg.
12. Die Waffensammlung des germanischen Museums
zu Nürnberg.
Die Waffensammlung bildet nur einen kleinen Teil dieses in
seiner Groſsartigkeit und Vielseitigkeit bewundernswerten kunst- und
kulturhistorischen Museums. Demungeachtet zählt sie, auch an sich
betrachtet, dank neuerer namhafter Erwerbungen zu den beträchtlichsten
und wertvollsten Europas und enthält Unica von unberechenbarem
Werte.
Die Gründung dieses Museums erfolgte auf der zu Dresden im
Jahre 1852 abgehaltenen Versammlung deutscher Geschichts- und
Altertumsforscher. Der Grundstock bestand aus der Privatsammlung
des Freiherrn Hans von und zu Aufseſs, welcher auch als erster
Direktor dem neuerrichteten Institute vorstand. Die Mittel zur Er-
haltung und Vermehrung werden durch freiwillige Beiträge, sowohl
von seiten der Regierungen, wie von den Fürsten und dem Volke
gewonnen. Als Sitz des Museums war von vornherein Nürnberg be-
stimmt, wo es in den ersten Jahren im Turme des Tiergärtnerthores
aufgestellt wurde. Im Jahre 1856 wurde durch käufliche Erwerbung
des Karthäuserklosters dem Museum ein vergröſsertes Heim geschaffen,
das sich jedoch bald wieder als zu beschränkt darstellte, so daſs an
eine Erweiterung gedacht werden muſste. Diese erfolgte durch Er-
werbung und Abtragung des alten gotischen Augustinerklosters, welches
in gleicher Form im Anschlusse an die Karthause wieder aufgebaut
wurde. Gegenwärtig sind auch die so gewonnenen weiten Räume
für die rasch sich mehrenden Sammlungen zu enge geworden; es
wird darum in nächster Zeit im Anschlusse an den bisherigen Kom-
plex zu einem Neubaue geschritten werden, für den die erforderliche
Bodenfläche in genügendem Maſse vorhanden ist.
Der Grundstock der Waffenabteilung stammt aus der Sammlung
Aufseſs, die 1864 angekauft wurde. Einen bedeutenden Zuwachs
erhielt sie durch eine andere Sammlung, die der Verein der deut-
schen Standesherrn für das Museum käuflich erworben hatte. Seit
dieser Zeit vermehrte sie sich durch zum Teil hochwertvolle Einzel-
stücke. Die letzte auſsergewöhnlich glückliche Bereicherung wurde
der Sammlung im Jahre 1889 durch Ankauf des wertvollsten Teiles
der reichen und unschätzbaren Waffensammlung des Fürsten
Sulkowsky auf Schloſs Feistritz in Niederösterreich zu teil, die am
Ende des vorigen Jahrhunderts durch den Bankier Josef Freiherrn
von Dietrich in Wien gegründet wurde. Mit dieser bedeutenden
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wesentlich gewann, ist die Waffensammlung auf rund 2000 Nummern
angewachsen.
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/649>, abgerufen am 22.11.2024.
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