Pickelhaube, Beckelhaube, die sich ohne Zweifel von dem Worte Becken herleitet und nur unter den vielsprachigen Söldnern korrum- piert wurde. (Fig. 42.)
Von etwa 1650 an wird in allen Heeren Europas eine Sturm- haube angenommen, welche von orientalischen, zunächst ungarischen Formen sich ableitet, weil sie aber in dieser Form zuerst im öster- reichischen Heere getragen wurde, auch österreichische Sturm- haube genannt wurde. Es ist interessant, die Wandlungen, welche dieselbe auf ihrem Wege vom Oriente her erfahren hatte, zu ver- folgen. Den Orientalen war von ältesten Zeiten an ein Helm ohne Gesichts-*) und anfänglich auch ohne Nackenschirm eigen, der in leichter konvex-konkaver Schweifung spitzig zulief. (Fig. 43.)
[Abbildung]
Fig. 39.
Deutsche Sturmhaube mit an dem Bruststücke be- festigten sogenannten "fürfallendem" Barte von einem Landsknecht- harnische des Lazarus Schwendi (1522--1584). Um 1560.
Diesen türkischen Helmen (kulah) war vorn ein kürzeres, rück- wärts ein längeres, tief in den Nacken fallendes Stück Panzerzeug angeheftet (eine Art Helmbrünne), von welchen das vordere, über das
*) Der Mohamedaner sollte nie eine Kopfbedeckung tragen, welche ihn daran hindert, im Gebete mit der Stirne den Boden zu berühren. Aus diesem Grunde wird man viele orientalische Helme ohne Gesichtsschirme antreffen. Man hat sich aber nicht immer an diese Vorschriften gehalten, wie zahllose Beispiele erweisen.
Boeheim, Waffenkunde. 4
1. Der Helm.
Pickelhaube, Beckelhaube, die sich ohne Zweifel von dem Worte Becken herleitet und nur unter den vielsprachigen Söldnern korrum- piert wurde. (Fig. 42.)
Von etwa 1650 an wird in allen Heeren Europas eine Sturm- haube angenommen, welche von orientalischen, zunächst ungarischen Formen sich ableitet, weil sie aber in dieser Form zuerst im öster- reichischen Heere getragen wurde, auch österreichische Sturm- haube genannt wurde. Es ist interessant, die Wandlungen, welche dieselbe auf ihrem Wege vom Oriente her erfahren hatte, zu ver- folgen. Den Orientalen war von ältesten Zeiten an ein Helm ohne Gesichts-*) und anfänglich auch ohne Nackenschirm eigen, der in leichter konvex-konkaver Schweifung spitzig zulief. (Fig. 43.)
[Abbildung]
Fig. 39.
Deutsche Sturmhaube mit an dem Bruststücke be- festigten sogenannten „fürfallendem“ Barte von einem Landsknecht- harnische des Lazarus Schwendi (1522—1584). Um 1560.
Diesen türkischen Helmen (kulâh) war vorn ein kürzeres, rück- wärts ein längeres, tief in den Nacken fallendes Stück Panzerzeug angeheftet (eine Art Helmbrünne), von welchen das vordere, über das
*) Der Mohamedaner sollte nie eine Kopfbedeckung tragen, welche ihn daran hindert, im Gebete mit der Stirne den Boden zu berühren. Aus diesem Grunde wird man viele orientalische Helme ohne Gesichtsschirme antreffen. Man hat sich aber nicht immer an diese Vorschriften gehalten, wie zahllose Beispiele erweisen.
Boeheim, Waffenkunde. 4
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1. Der Helm.
Pickelhaube, Beckelhaube, die sich ohne Zweifel von dem Worte
Becken herleitet und nur unter den vielsprachigen Söldnern korrum-
piert wurde. (Fig. 42.)
Von etwa 1650 an wird in allen Heeren Europas eine Sturm-
haube angenommen, welche von orientalischen, zunächst ungarischen
Formen sich ableitet, weil sie aber in dieser Form zuerst im öster-
reichischen Heere getragen wurde, auch österreichische Sturm-
haube genannt wurde. Es ist interessant, die Wandlungen, welche
dieselbe auf ihrem Wege vom Oriente her erfahren hatte, zu ver-
folgen. Den Orientalen war von ältesten Zeiten an ein Helm ohne
Gesichts- *) und anfänglich auch ohne Nackenschirm eigen, der in
leichter konvex-konkaver Schweifung spitzig zulief. (Fig. 43.)
[Abbildung Fig. 39. Deutsche Sturmhaube mit an dem Bruststücke be-
festigten sogenannten „fürfallendem“ Barte von einem Landsknecht-
harnische des Lazarus Schwendi (1522—1584). Um 1560. ]
Diesen türkischen Helmen (kulâh) war vorn ein kürzeres, rück-
wärts ein längeres, tief in den Nacken fallendes Stück Panzerzeug
angeheftet (eine Art Helmbrünne), von welchen das vordere, über das
*) Der Mohamedaner sollte nie eine Kopfbedeckung tragen, welche ihn
daran hindert, im Gebete mit der Stirne den Boden zu berühren. Aus diesem
Grunde wird man viele orientalische Helme ohne Gesichtsschirme antreffen. Man
hat sich aber nicht immer an diese Vorschriften gehalten, wie zahllose Beispiele
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/67>, abgerufen am 24.11.2024.
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