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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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weist, aus ihm kam, mußten gewisse Ansätze zum Leben schon
im Anorganischen selber vorhanden sein. Nicht natürlich im
Sinne einer realen Einschachtelung, daß etwa Bazillen in der
"toten" Natur geheimnisvoll eingekapselt seit Ewigkeit gesteckt
hätten. Sondern im Sinne eben einer Entwickelung als Mög¬
lichkeit, als Anlage, die sich je nach Umständen steigern ließ
und gesteigert hat.

Um Leben an einer Stelle -- beim Urbazillus auf der
frisch abgekühlten Erde -- aus dem Anorganischen ziehen zu
können, mußt du dir notwendig dieses "Anorganische" als den
großen übergreifenden Gesamtbegriff vorstellen, der auch
die Wurzeln des sogenannten Organischen oder Lebendigen
von Beginn an in sich schloß und schließt.

Wie du dir das dann enger ausmalen willst, dafür giebt's
einen ganzen Blütenstrauß von Möglichkeiten.

[Abbildung]

Die uns sichtbare anorganische Natur zerteilt sich, wie du
weißt, in eine Reihe fester Grundstoffe oder Elemente. Gold
ist ein solcher Grundstoff, Blei ist einer, der Sauerstoff der
Luft und der Wasserstoff im Wasser je einer, das Natrium im
Kochsalz und das Quecksilber in deinem Thermometer sind welche
und so fort. Da könntest du dir denn wohl zunächst ausmalen,
es möchte ein einzelner dieser Grundstoffe von altersher der
spezielle Träger der Lebensmöglichkeit sein.

Auffälligerweise spielt in allem Organischen; im Leben und
Weben aller Zellen vom Bazillus bis zu dir als Mensch herauf,
wirklich ein solcher Grundstoff eine ganz auffällige, ja geradezu
entscheidende Rolle. Der Kohlenstoff. So könntest du dir ja
am Ende denken, gerade der sei jener Urlebensträger.

Als die Erde noch weißglühend war, wie der Sirius, und
chemische Verbindungen der Grundstoffe in ihrem furchtbaren

weiſt, aus ihm kam, mußten gewiſſe Anſätze zum Leben ſchon
im Anorganiſchen ſelber vorhanden ſein. Nicht natürlich im
Sinne einer realen Einſchachtelung, daß etwa Bazillen in der
„toten“ Natur geheimnisvoll eingekapſelt ſeit Ewigkeit geſteckt
hätten. Sondern im Sinne eben einer Entwickelung als Mög¬
lichkeit, als Anlage, die ſich je nach Umſtänden ſteigern ließ
und geſteigert hat.

Um Leben an einer Stelle — beim Urbazillus auf der
friſch abgekühlten Erde — aus dem Anorganiſchen ziehen zu
können, mußt du dir notwendig dieſes „Anorganiſche“ als den
großen übergreifenden Geſamtbegriff vorſtellen, der auch
die Wurzeln des ſogenannten Organiſchen oder Lebendigen
von Beginn an in ſich ſchloß und ſchließt.

Wie du dir das dann enger ausmalen willſt, dafür giebt's
einen ganzen Blütenſtrauß von Möglichkeiten.

[Abbildung]

Die uns ſichtbare anorganiſche Natur zerteilt ſich, wie du
weißt, in eine Reihe feſter Grundſtoffe oder Elemente. Gold
iſt ein ſolcher Grundſtoff, Blei iſt einer, der Sauerſtoff der
Luft und der Waſſerſtoff im Waſſer je einer, das Natrium im
Kochſalz und das Queckſilber in deinem Thermometer ſind welche
und ſo fort. Da könnteſt du dir denn wohl zunächſt ausmalen,
es möchte ein einzelner dieſer Grundſtoffe von altersher der
ſpezielle Träger der Lebensmöglichkeit ſein.

Auffälligerweiſe ſpielt in allem Organiſchen; im Leben und
Weben aller Zellen vom Bazillus bis zu dir als Menſch herauf,
wirklich ein ſolcher Grundſtoff eine ganz auffällige, ja geradezu
entſcheidende Rolle. Der Kohlenſtoff. So könnteſt du dir ja
am Ende denken, gerade der ſei jener Urlebensträger.

Als die Erde noch weißglühend war, wie der Sirius, und
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[110/0126] weiſt, aus ihm kam, mußten gewiſſe Anſätze zum Leben ſchon im Anorganiſchen ſelber vorhanden ſein. Nicht natürlich im Sinne einer realen Einſchachtelung, daß etwa Bazillen in der „toten“ Natur geheimnisvoll eingekapſelt ſeit Ewigkeit geſteckt hätten. Sondern im Sinne eben einer Entwickelung als Mög¬ lichkeit, als Anlage, die ſich je nach Umſtänden ſteigern ließ und geſteigert hat. Um Leben an einer Stelle — beim Urbazillus auf der friſch abgekühlten Erde — aus dem Anorganiſchen ziehen zu können, mußt du dir notwendig dieſes „Anorganiſche“ als den großen übergreifenden Geſamtbegriff vorſtellen, der auch die Wurzeln des ſogenannten Organiſchen oder Lebendigen von Beginn an in ſich ſchloß und ſchließt. Wie du dir das dann enger ausmalen willſt, dafür giebt's einen ganzen Blütenſtrauß von Möglichkeiten. [Abbildung] Die uns ſichtbare anorganiſche Natur zerteilt ſich, wie du weißt, in eine Reihe feſter Grundſtoffe oder Elemente. Gold iſt ein ſolcher Grundſtoff, Blei iſt einer, der Sauerſtoff der Luft und der Waſſerſtoff im Waſſer je einer, das Natrium im Kochſalz und das Queckſilber in deinem Thermometer ſind welche und ſo fort. Da könnteſt du dir denn wohl zunächſt ausmalen, es möchte ein einzelner dieſer Grundſtoffe von altersher der ſpezielle Träger der Lebensmöglichkeit ſein. Auffälligerweiſe ſpielt in allem Organiſchen; im Leben und Weben aller Zellen vom Bazillus bis zu dir als Menſch herauf, wirklich ein ſolcher Grundſtoff eine ganz auffällige, ja geradezu entſcheidende Rolle. Der Kohlenſtoff. So könnteſt du dir ja am Ende denken, gerade der ſei jener Urlebensträger. Als die Erde noch weißglühend war, wie der Sirius, und chemiſche Verbindungen der Grundſtoffe in ihrem furchtbaren

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/126>, abgerufen am 25.11.2024.