"Ein weißer Glanz ruht über Land und Meer, Und duftend schwebt der Äther ohne Wolken."
Goethe (Nausikaa-Fragment).
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An einen schönen Ort möchte ich dich entführen.
Und dort möchte ich dir erzählen .....
Östlich von San Remo, im Paradies der Riviera, ragt Kapo Verde, eine vorspringende braune Felsklippe gegen das freie Meer. Gesteinschichten, einst vor Jahrmillionen selber weicher Meeresgrund, brechen wie eine phantastische Burg aus dem weichen grünen Uferbilde. Das blaue Mittelmeer hat sie aufgeschlossen, hat sie zernagt, nicht mit rauher Faust, sondern leise, in unendlicher Zeit, immer und immer wieder wie im Traum mit zarten weißen Schaumhänden darüber tastend. Nun liegen die angeschnittenen, entblößten Schichtenköpfe da wie die Gerippteile eines verschollenen Riesentieres, dessen Grab sich urplötzlich an der Flutgrenze aufgethan. Zwischen sich bilden sie Nischen seifengrünen, nur leise ziehenden Seichtwassers, auf dessen flachem Boden geheimnisvolle violettrote Schatten der schaukelnden Seegewächse bald aufdunkeln und wieder verwehen. Nur am äußersten Klippenrande blinkt der Schaumkranz der anströmenden freien Wellen unablässig wie ein Fächeln und Spreizen blendend weißer Flügel ins Sonnenlicht. Dann fernhin alles blau, tief und bezaubernd blau .....
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„Ein weißer Glanz ruht über Land und Meer, Und duftend ſchwebt der Äther ohne Wolken.“
Goethe (Nauſikaa-Fragment).
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An einen ſchönen Ort möchte ich dich entführen.
Und dort möchte ich dir erzählen .....
Öſtlich von San Remo, im Paradies der Riviera, ragt Kapo Verde, eine vorſpringende braune Felsklippe gegen das freie Meer. Geſteinſchichten, einſt vor Jahrmillionen ſelber weicher Meeresgrund, brechen wie eine phantaſtiſche Burg aus dem weichen grünen Uferbilde. Das blaue Mittelmeer hat ſie aufgeſchloſſen, hat ſie zernagt, nicht mit rauher Fauſt, ſondern leiſe, in unendlicher Zeit, immer und immer wieder wie im Traum mit zarten weißen Schaumhänden darüber taſtend. Nun liegen die angeſchnittenen, entblößten Schichtenköpfe da wie die Gerippteile eines verſchollenen Rieſentieres, deſſen Grab ſich urplötzlich an der Flutgrenze aufgethan. Zwiſchen ſich bilden ſie Niſchen ſeifengrünen, nur leiſe ziehenden Seichtwaſſers, auf deſſen flachem Boden geheimnisvolle violettrote Schatten der ſchaukelnden Seegewächſe bald aufdunkeln und wieder verwehen. Nur am äußerſten Klippenrande blinkt der Schaumkranz der anſtrömenden freien Wellen unabläſſig wie ein Fächeln und Spreizen blendend weißer Flügel ins Sonnenlicht. Dann fernhin alles blau, tief und bezaubernd blau .....
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„Ein weißer Glanz ruht über Land
und Meer,
Und duftend ſchwebt der Äther ohne
Wolken.“
Goethe (Nauſikaa-Fragment).
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An einen ſchönen Ort möchte ich dich entführen.
Und dort möchte ich dir erzählen .....
Öſtlich von San Remo, im Paradies der Riviera, ragt
Kapo Verde, eine vorſpringende braune Felsklippe gegen das
freie Meer. Geſteinſchichten, einſt vor Jahrmillionen ſelber
weicher Meeresgrund, brechen wie eine phantaſtiſche Burg aus
dem weichen grünen Uferbilde. Das blaue Mittelmeer hat ſie
aufgeſchloſſen, hat ſie zernagt, nicht mit rauher Fauſt, ſondern
leiſe, in unendlicher Zeit, immer und immer wieder wie im
Traum mit zarten weißen Schaumhänden darüber taſtend. Nun
liegen die angeſchnittenen, entblößten Schichtenköpfe da wie die
Gerippteile eines verſchollenen Rieſentieres, deſſen Grab ſich
urplötzlich an der Flutgrenze aufgethan. Zwiſchen ſich bilden
ſie Niſchen ſeifengrünen, nur leiſe ziehenden Seichtwaſſers, auf
deſſen flachem Boden geheimnisvolle violettrote Schatten der
ſchaukelnden Seegewächſe bald aufdunkeln und wieder verwehen.
Nur am äußerſten Klippenrande blinkt der Schaumkranz der
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 1. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/17>, abgerufen am 03.12.2024.
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