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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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Rund etwa zehn Tage brauchen die Eier in der schlamm¬
verhüllten Wölbung, um winzigen jungen Fischlein das Leben
zu schenken.

In dieser ganzen Zeit weicht der Alte keinen Moment
vom Nest.

Jede geringste Schädigung, die das strudelnde Wasser an
der kleinen Kunstkugel hervorbringt, verfolgt er mit wachsamem
Blick, -- augenblicklich bessert er sie aus. Oft erscheint er an
einem der Nestlöcher oder im Innern selbst, flimmert leise mit
den Brustflossen hin und her und führt so durch die Bewegung
des Wassers den Eiern den Sauerstoff zu, dessen ihr ver¬
borgenes Keimleben bedarf.

Es ist, als bethätige jeder dieser Stachelväter eine end¬
lose Kette heilsamer Erfahrungen, -- Erfahrungen, die er selbst
in seiner Individualexistenz unmöglich gemacht haben kann und
die nicht ihm, sondern einer neuen Generation erst in dunklem
Werdegang begriffener Individuen zu gute kommen .....

Eines Tages endlich sind die Jungen da, unglaublich
kleine, nur mit dem Vergrößerungsglas erkennbare Geschöpfchen,
denen ein Pfleger anfangs eher noch mehr not thut als den
im Schlammnest verborgenen Eiern. In dieser Zeit gewinnt
das Verhalten des Vaters vollends einen rührenden Zug.
Mühsam bricht er das Nestdach über der entwickelten Brut ab,
läßt die Kleinen selbst aber noch keineswegs frei in das viel¬
bewegte Lebenswasser hinaus. Wollen sie sich, mählich er¬
erstarkend, kühn ins Weite wagen, so holt er sie behutsam
heim, indem er ihnen nachschwimmt, sie ganz einfach mal über¬
schluckt und rückkehrend wieder in die Nesthöhle hineinspuckt.

Wie ein silbernes Flöckchen erscheint so die dicht gedrängte
kleine Schar noch eine ganze Weile auf der Flut, sorgsam be¬
hütet vom alten dicken Stachelinsky mit dem roten Bauch.

Erst wenn das junge Volk eine gewisse Größe hat und
sich ausreichend selbst ernähren kann (die ganz jungen Fischlein
zehren zunächst ihren am Leibe mitgeschleiften Eidottersack auf),

Rund etwa zehn Tage brauchen die Eier in der ſchlamm¬
verhüllten Wölbung, um winzigen jungen Fiſchlein das Leben
zu ſchenken.

In dieſer ganzen Zeit weicht der Alte keinen Moment
vom Neſt.

Jede geringſte Schädigung, die das ſtrudelnde Waſſer an
der kleinen Kunſtkugel hervorbringt, verfolgt er mit wachſamem
Blick, — augenblicklich beſſert er ſie aus. Oft erſcheint er an
einem der Neſtlöcher oder im Innern ſelbſt, flimmert leiſe mit
den Bruſtfloſſen hin und her und führt ſo durch die Bewegung
des Waſſers den Eiern den Sauerſtoff zu, deſſen ihr ver¬
borgenes Keimleben bedarf.

Es iſt, als bethätige jeder dieſer Stachelväter eine end¬
loſe Kette heilſamer Erfahrungen, — Erfahrungen, die er ſelbſt
in ſeiner Individualexiſtenz unmöglich gemacht haben kann und
die nicht ihm, ſondern einer neuen Generation erſt in dunklem
Werdegang begriffener Individuen zu gute kommen .....

Eines Tages endlich ſind die Jungen da, unglaublich
kleine, nur mit dem Vergrößerungsglas erkennbare Geſchöpfchen,
denen ein Pfleger anfangs eher noch mehr not thut als den
im Schlammneſt verborgenen Eiern. In dieſer Zeit gewinnt
das Verhalten des Vaters vollends einen rührenden Zug.
Mühſam bricht er das Neſtdach über der entwickelten Brut ab,
läßt die Kleinen ſelbſt aber noch keineswegs frei in das viel¬
bewegte Lebenswaſſer hinaus. Wollen ſie ſich, mählich er¬
erſtarkend, kühn ins Weite wagen, ſo holt er ſie behutſam
heim, indem er ihnen nachſchwimmt, ſie ganz einfach mal über¬
ſchluckt und rückkehrend wieder in die Neſthöhle hineinſpuckt.

Wie ein ſilbernes Flöckchen erſcheint ſo die dicht gedrängte
kleine Schar noch eine ganze Weile auf der Flut, ſorgſam be¬
hütet vom alten dicken Stachelinsky mit dem roten Bauch.

Erſt wenn das junge Volk eine gewiſſe Größe hat und
ſich ausreichend ſelbſt ernähren kann (die ganz jungen Fiſchlein
zehren zunächſt ihren am Leibe mitgeſchleiften Eidotterſack auf),

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[349/0365] Rund etwa zehn Tage brauchen die Eier in der ſchlamm¬ verhüllten Wölbung, um winzigen jungen Fiſchlein das Leben zu ſchenken. In dieſer ganzen Zeit weicht der Alte keinen Moment vom Neſt. Jede geringſte Schädigung, die das ſtrudelnde Waſſer an der kleinen Kunſtkugel hervorbringt, verfolgt er mit wachſamem Blick, — augenblicklich beſſert er ſie aus. Oft erſcheint er an einem der Neſtlöcher oder im Innern ſelbſt, flimmert leiſe mit den Bruſtfloſſen hin und her und führt ſo durch die Bewegung des Waſſers den Eiern den Sauerſtoff zu, deſſen ihr ver¬ borgenes Keimleben bedarf. Es iſt, als bethätige jeder dieſer Stachelväter eine end¬ loſe Kette heilſamer Erfahrungen, — Erfahrungen, die er ſelbſt in ſeiner Individualexiſtenz unmöglich gemacht haben kann und die nicht ihm, ſondern einer neuen Generation erſt in dunklem Werdegang begriffener Individuen zu gute kommen ..... Eines Tages endlich ſind die Jungen da, unglaublich kleine, nur mit dem Vergrößerungsglas erkennbare Geſchöpfchen, denen ein Pfleger anfangs eher noch mehr not thut als den im Schlammneſt verborgenen Eiern. In dieſer Zeit gewinnt das Verhalten des Vaters vollends einen rührenden Zug. Mühſam bricht er das Neſtdach über der entwickelten Brut ab, läßt die Kleinen ſelbſt aber noch keineswegs frei in das viel¬ bewegte Lebenswaſſer hinaus. Wollen ſie ſich, mählich er¬ erſtarkend, kühn ins Weite wagen, ſo holt er ſie behutſam heim, indem er ihnen nachſchwimmt, ſie ganz einfach mal über¬ ſchluckt und rückkehrend wieder in die Neſthöhle hineinſpuckt. Wie ein ſilbernes Flöckchen erſcheint ſo die dicht gedrängte kleine Schar noch eine ganze Weile auf der Flut, ſorgſam be¬ hütet vom alten dicken Stachelinsky mit dem roten Bauch. Erſt wenn das junge Volk eine gewiſſe Größe hat und ſich ausreichend ſelbſt ernähren kann (die ganz jungen Fiſchlein zehren zunächſt ihren am Leibe mitgeſchleiften Eidotterſack auf),

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/365>, abgerufen am 22.11.2024.