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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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erlischt des Alten reges Interesse und die Kolonie zerstiebt in
alle Wasser hinein.

Die Stärke der Vatergefühle, die Stachelinsky im ganzen
beseelen, sind von trefflichsten Beobachtern noch durch massen¬
hafte Einzelzüge belegt worden. Ein Stachler, der sein Nest,
an sich dummer Weise, am Meeresstrand im Gebiet der Ebbe
angelegt hatte und mit der abfließenden Welle davon mußte,
kehrte jedesmal mit der Flut zurück und besserte etwaige Schäden
aus. Ein anderer, dessen Nest aus einem Aquariumbecken in
ein anderes gewaltsam versetzt worden war, fand es wieder
und setzte die Pflege fort. Dieser gleiche treue Vater raste sich
zu Tode, als ihm seine eigenen scheusäligen Weiber, während
er mit beutelüsternen anderen Männern kämpfte, hinterrücks
das Nest zerstört und die Eier weggefressen hatten. "Das
Weib ist bitter."

Du merkst, warum ich dir vom Stachelinsky unmittelbar
hinter der Spinne erzählt habe.

Dort die Konkurrenz gleichsam der einfachen Freßgelüste
mit der erotischen Empfindung: das Weib, das den Mann noch
im Moment der Liebesumarmung mit kannibalischen Absichten
bedroht. Dasselbe Weib aber dann als ideale Mutter. Hier
dagegen der Konflikt der Freßgelüste eben mit den Mutter¬
gefühlen: die Mütter, die räuberisch ihre eigene Brut bedrohen.
Im Kontrast aber eine Steigerung der Vatergefühle ins
äußerste hinauf, die alles wieder wett macht.

In beiden Fällen die Geschlechter weit auseinander, --
so weit, daß Mann und Weib sich mit Ausnahme eines ganz

erliſcht des Alten reges Intereſſe und die Kolonie zerſtiebt in
alle Waſſer hinein.

Die Stärke der Vatergefühle, die Stachelinsky im ganzen
beſeelen, ſind von trefflichſten Beobachtern noch durch maſſen¬
hafte Einzelzüge belegt worden. Ein Stachler, der ſein Neſt,
an ſich dummer Weiſe, am Meeresſtrand im Gebiet der Ebbe
angelegt hatte und mit der abfließenden Welle davon mußte,
kehrte jedesmal mit der Flut zurück und beſſerte etwaige Schäden
aus. Ein anderer, deſſen Neſt aus einem Aquariumbecken in
ein anderes gewaltſam verſetzt worden war, fand es wieder
und ſetzte die Pflege fort. Dieſer gleiche treue Vater raſte ſich
zu Tode, als ihm ſeine eigenen ſcheuſäligen Weiber, während
er mit beutelüſternen anderen Männern kämpfte, hinterrücks
das Neſt zerſtört und die Eier weggefreſſen hatten. „Das
Weib iſt bitter.“

Du merkſt, warum ich dir vom Stachelinsky unmittelbar
hinter der Spinne erzählt habe.

Dort die Konkurrenz gleichſam der einfachen Freßgelüſte
mit der erotiſchen Empfindung: das Weib, das den Mann noch
im Moment der Liebesumarmung mit kannibaliſchen Abſichten
bedroht. Dasſelbe Weib aber dann als ideale Mutter. Hier
dagegen der Konflikt der Freßgelüſte eben mit den Mutter¬
gefühlen: die Mütter, die räuberiſch ihre eigene Brut bedrohen.
Im Kontraſt aber eine Steigerung der Vatergefühle ins
äußerſte hinauf, die alles wieder wett macht.

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[350/0366] erliſcht des Alten reges Intereſſe und die Kolonie zerſtiebt in alle Waſſer hinein. Die Stärke der Vatergefühle, die Stachelinsky im ganzen beſeelen, ſind von trefflichſten Beobachtern noch durch maſſen¬ hafte Einzelzüge belegt worden. Ein Stachler, der ſein Neſt, an ſich dummer Weiſe, am Meeresſtrand im Gebiet der Ebbe angelegt hatte und mit der abfließenden Welle davon mußte, kehrte jedesmal mit der Flut zurück und beſſerte etwaige Schäden aus. Ein anderer, deſſen Neſt aus einem Aquariumbecken in ein anderes gewaltſam verſetzt worden war, fand es wieder und ſetzte die Pflege fort. Dieſer gleiche treue Vater raſte ſich zu Tode, als ihm ſeine eigenen ſcheuſäligen Weiber, während er mit beutelüſternen anderen Männern kämpfte, hinterrücks das Neſt zerſtört und die Eier weggefreſſen hatten. „Das Weib iſt bitter.“ Du merkſt, warum ich dir vom Stachelinsky unmittelbar hinter der Spinne erzählt habe. Dort die Konkurrenz gleichſam der einfachen Freßgelüſte mit der erotiſchen Empfindung: das Weib, das den Mann noch im Moment der Liebesumarmung mit kannibaliſchen Abſichten bedroht. Dasſelbe Weib aber dann als ideale Mutter. Hier dagegen der Konflikt der Freßgelüſte eben mit den Mutter¬ gefühlen: die Mütter, die räuberiſch ihre eigene Brut bedrohen. Im Kontraſt aber eine Steigerung der Vatergefühle ins äußerſte hinauf, die alles wieder wett macht. In beiden Fällen die Geſchlechter weit auseinander, — ſo weit, daß Mann und Weib ſich mit Ausnahme eines ganz

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/366>, abgerufen am 21.11.2024.