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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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Damals flogen auch die faulen Drohnen mit aus. Und solche
Drohnen gesellten sich zu ihr. Bis zu dieser Hochzeitsstunde
war auch sie Vestalin gewesen, -- doch nur durch mangelnde
Gelegenheit, -- nicht wie die tausend armen anderen des Reiches
durch den vernichtenden Machtspruch körperlicher Unfähigkeit.
Bis zu dieser Stunde, -- aber nicht weiter. Als Frau Königin
von ihrem wilden Fluge heimkam, war sie für immer -- Frau.
Aber -- des Mannes bedurfte sie gleichzeitig nie mehr.
Einmal für immer! Ihre Samentasche, einmal gefüllt bis zum
Rande, bot Befruchtungsstoff für Eier ohne Zahl. Man sagt,
auch im Menschenweibe lebe der Mannessamen unter Umständen
eine Woche lang, ohne seine Lebenskraft einzubüßen. Denke
dir das gesteigert auf Monate, Jahre, und du hast die Situation
der "einmal für immer" begatteten Bienenkönigin .....

Ja Jahre. Denn mit dem einen Sommer, von dem ich
dir jetzt immer geredet habe, ist das Leben dieses Wunderdings,
das "Bienenkönigin" genannt wird, an sich keineswegs noch
erschöpft. Sie hat geliebt. Ihre Samentasche ist gefüllt. Sie
hat Eier gelegt. Die Vestalinnen, die schon um sie waren,
ehe der Liebesakt erfolgte, haben die erste Kindergeneration
aufgepäppelt und sind dann selber nach und nach der Sechs¬
wochengrenze ihres armen arbeitsamen Vestalinnenlebens erlegen.
Vestas erste Generation ging. Die neue blieb. Aber auch
Aphrodite blieb. Nebenbei auch noch Drohnen, -- diese
allerdings fortan höchst zwecklos. Neues Eierlegen. Und so
fort. Ein ganzer Sommer in unerschöpfter stolzer Mutterkraft
der einen Königin, -- selbstloser Jungenpflege durch die tausend
und abertausend lieben armen raschlebigen Jüngferchen, --
und Riesenfaulenzerei der Drohnenmänner. Was nun weiter?

Damals flogen auch die faulen Drohnen mit aus. Und ſolche
Drohnen geſellten ſich zu ihr. Bis zu dieſer Hochzeitsſtunde
war auch ſie Veſtalin geweſen, — doch nur durch mangelnde
Gelegenheit, — nicht wie die tauſend armen anderen des Reiches
durch den vernichtenden Machtſpruch körperlicher Unfähigkeit.
Bis zu dieſer Stunde, — aber nicht weiter. Als Frau Königin
von ihrem wilden Fluge heimkam, war ſie für immer — Frau.
Aber — des Mannes bedurfte ſie gleichzeitig nie mehr.
Einmal für immer! Ihre Samentaſche, einmal gefüllt bis zum
Rande, bot Befruchtungsſtoff für Eier ohne Zahl. Man ſagt,
auch im Menſchenweibe lebe der Mannesſamen unter Umſtänden
eine Woche lang, ohne ſeine Lebenskraft einzubüßen. Denke
dir das geſteigert auf Monate, Jahre, und du haſt die Situation
der „einmal für immer“ begatteten Bienenkönigin .....

Ja Jahre. Denn mit dem einen Sommer, von dem ich
dir jetzt immer geredet habe, iſt das Leben dieſes Wunderdings,
das „Bienenkönigin“ genannt wird, an ſich keineswegs noch
erſchöpft. Sie hat geliebt. Ihre Samentaſche iſt gefüllt. Sie
hat Eier gelegt. Die Veſtalinnen, die ſchon um ſie waren,
ehe der Liebesakt erfolgte, haben die erſte Kindergeneration
aufgepäppelt und ſind dann ſelber nach und nach der Sechs¬
wochengrenze ihres armen arbeitſamen Veſtalinnenlebens erlegen.
Veſtas erſte Generation ging. Die neue blieb. Aber auch
Aphrodite blieb. Nebenbei auch noch Drohnen, — dieſe
allerdings fortan höchſt zwecklos. Neues Eierlegen. Und ſo
fort. Ein ganzer Sommer in unerſchöpfter ſtolzer Mutterkraft
der einen Königin, — ſelbſtloſer Jungenpflege durch die tauſend
und abertauſend lieben armen raſchlebigen Jüngferchen, —
und Rieſenfaulenzerei der Drohnenmänner. Was nun weiter?

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[373/0389] Damals flogen auch die faulen Drohnen mit aus. Und ſolche Drohnen geſellten ſich zu ihr. Bis zu dieſer Hochzeitsſtunde war auch ſie Veſtalin geweſen, — doch nur durch mangelnde Gelegenheit, — nicht wie die tauſend armen anderen des Reiches durch den vernichtenden Machtſpruch körperlicher Unfähigkeit. Bis zu dieſer Stunde, — aber nicht weiter. Als Frau Königin von ihrem wilden Fluge heimkam, war ſie für immer — Frau. Aber — des Mannes bedurfte ſie gleichzeitig nie mehr. Einmal für immer! Ihre Samentaſche, einmal gefüllt bis zum Rande, bot Befruchtungsſtoff für Eier ohne Zahl. Man ſagt, auch im Menſchenweibe lebe der Mannesſamen unter Umſtänden eine Woche lang, ohne ſeine Lebenskraft einzubüßen. Denke dir das geſteigert auf Monate, Jahre, und du haſt die Situation der „einmal für immer“ begatteten Bienenkönigin ..... Ja Jahre. Denn mit dem einen Sommer, von dem ich dir jetzt immer geredet habe, iſt das Leben dieſes Wunderdings, das „Bienenkönigin“ genannt wird, an ſich keineswegs noch erſchöpft. Sie hat geliebt. Ihre Samentaſche iſt gefüllt. Sie hat Eier gelegt. Die Veſtalinnen, die ſchon um ſie waren, ehe der Liebesakt erfolgte, haben die erſte Kindergeneration aufgepäppelt und ſind dann ſelber nach und nach der Sechs¬ wochengrenze ihres armen arbeitſamen Veſtalinnenlebens erlegen. Veſtas erſte Generation ging. Die neue blieb. Aber auch Aphrodite blieb. Nebenbei auch noch Drohnen, — dieſe allerdings fortan höchſt zwecklos. Neues Eierlegen. Und ſo fort. Ein ganzer Sommer in unerſchöpfter ſtolzer Mutterkraft der einen Königin, — ſelbſtloſer Jungenpflege durch die tauſend und abertauſend lieben armen raſchlebigen Jüngferchen, — und Rieſenfaulenzerei der Drohnenmänner. Was nun weiter?

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/389>, abgerufen am 21.11.2024.