daß wir uns sagen müssen, daß wenigstens in einem idealen Sinne ein Einzelmensch, der alle Weisheit der ganzen Mensch¬ heit in seinem Gehirn vereinigte, auch das ganze Werk dieser Menschheit aus sich allein wieder hervorgehen lassen könnte. Je größer uns in der Geschichte ein Mensch erscheint, desto näher ahnen wir ihn diesem Ideal. Von den ganz großen Genien, die den Wendepunkt für Jahrtausende bezeichnen, meinen wir, daß sie ihr Neues nicht hätten geben können, ohne das Alte wenigstens in seinem Kerngehalt vollständig zu besitzen.
Ja, in diesem Sinne kann man gar nicht hoch genug davon denken, was die Individualisierung in den Menschen¬ personen erreicht hat. Wandern wir doch vergebens durch Milchstraßen und Nebelflecke, um für unsere Erkenntnis einen gigantischeren Volltypus von geschlossener Individualität zu finden als etwa Goethe! Solche Goethe-Personen kannst du aber nicht aneinanderreihen zu nochmals höherer Individuen¬ bildung wie Kiefernsprossen oder Korallen und Siphonophoren.
Aber deswegen bleibt ebenso wahr, daß das tiefe heilige Naturprinzip der immer entwickelteren Individualisierung durch immer neues Einschmieden niederer Individuen in höhere auch bei diesen Goethe-Personen als solches nicht Halt machen kann. Die Sache läuft bloß etwas anders, sie läuft eben so, wie es Goethe-Personen zukommt. Menschen-Individuen konnten bei¬ spielsweise unmöglich wieder körperlich aneinander wachsen wie Quallen. Dafür ergaben sich aber gerade aus den großen Freiheiten und Beweglichkeiten ihrer Einzel-Individualität Mittel des genossenschaftlichen Zusammentretens, die wieder die Quallen niemals besaßen.
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daß wir uns ſagen müſſen, daß wenigſtens in einem idealen Sinne ein Einzelmenſch, der alle Weisheit der ganzen Menſch¬ heit in ſeinem Gehirn vereinigte, auch das ganze Werk dieſer Menſchheit aus ſich allein wieder hervorgehen laſſen könnte. Je größer uns in der Geſchichte ein Menſch erſcheint, deſto näher ahnen wir ihn dieſem Ideal. Von den ganz großen Genien, die den Wendepunkt für Jahrtauſende bezeichnen, meinen wir, daß ſie ihr Neues nicht hätten geben können, ohne das Alte wenigſtens in ſeinem Kerngehalt vollſtändig zu beſitzen.
Ja, in dieſem Sinne kann man gar nicht hoch genug davon denken, was die Individualiſierung in den Menſchen¬ perſonen erreicht hat. Wandern wir doch vergebens durch Milchſtraßen und Nebelflecke, um für unſere Erkenntnis einen gigantiſcheren Volltypus von geſchloſſener Individualität zu finden als etwa Goethe! Solche Goethe-Perſonen kannſt du aber nicht aneinanderreihen zu nochmals höherer Individuen¬ bildung wie Kiefernſproſſen oder Korallen und Siphonophoren.
Aber deswegen bleibt ebenſo wahr, daß das tiefe heilige Naturprinzip der immer entwickelteren Individualiſierung durch immer neues Einſchmieden niederer Individuen in höhere auch bei dieſen Goethe-Perſonen als ſolches nicht Halt machen kann. Die Sache läuft bloß etwas anders, ſie läuft eben ſo, wie es Goethe-Perſonen zukommt. Menſchen-Individuen konnten bei¬ ſpielsweiſe unmöglich wieder körperlich aneinander wachſen wie Quallen. Dafür ergaben ſich aber gerade aus den großen Freiheiten und Beweglichkeiten ihrer Einzel-Individualität Mittel des genoſſenſchaftlichen Zuſammentretens, die wieder die Quallen niemals beſaßen.
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daß wir uns ſagen müſſen, daß wenigſtens in einem idealen
Sinne ein Einzelmenſch, der alle Weisheit der ganzen Menſch¬
heit in ſeinem Gehirn vereinigte, auch das ganze Werk dieſer
Menſchheit aus ſich allein wieder hervorgehen laſſen könnte.
Je größer uns in der Geſchichte ein Menſch erſcheint, deſto
näher ahnen wir ihn dieſem Ideal. Von den ganz großen
Genien, die den Wendepunkt für Jahrtauſende bezeichnen,
meinen wir, daß ſie ihr Neues nicht hätten geben können,
ohne das Alte wenigſtens in ſeinem Kerngehalt vollſtändig zu
beſitzen.
Ja, in dieſem Sinne kann man gar nicht hoch genug
davon denken, was die Individualiſierung in den Menſchen¬
perſonen erreicht hat. Wandern wir doch vergebens durch
Milchſtraßen und Nebelflecke, um für unſere Erkenntnis einen
gigantiſcheren Volltypus von geſchloſſener Individualität zu
finden als etwa Goethe! Solche Goethe-Perſonen kannſt du
aber nicht aneinanderreihen zu nochmals höherer Individuen¬
bildung wie Kiefernſproſſen oder Korallen und Siphonophoren.
Aber deswegen bleibt ebenſo wahr, daß das tiefe heilige
Naturprinzip der immer entwickelteren Individualiſierung durch
immer neues Einſchmieden niederer Individuen in höhere auch
bei dieſen Goethe-Perſonen als ſolches nicht Halt machen kann.
Die Sache läuft bloß etwas anders, ſie läuft eben ſo, wie es
Goethe-Perſonen zukommt. Menſchen-Individuen konnten bei¬
ſpielsweiſe unmöglich wieder körperlich aneinander wachſen wie
Quallen. Dafür ergaben ſich aber gerade aus den großen
Freiheiten und Beweglichkeiten ihrer Einzel-Individualität
Mittel des genoſſenſchaftlichen Zuſammentretens, die wieder
die Quallen niemals beſaßen.
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/147>, abgerufen am 21.11.2024.
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