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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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ins Blaue verstreut, steigt in seinem eigenen Menschenbau
gleichsam noch einmal nachträglich um so und so viel Stock¬
werke wieder herab und schlägt eine Schicht an, die normaler
Weise längst durch dicke Quadermassen der Entwickelung zwischen
Fisch und Mensch überdeckt ist.

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Die erste ungeheure Quader, die sich da für die Misch¬
liebe darauf gelegt hat, war die Begattung. Die körper¬
liche Begattung zwischen den beiden großen Hälften des Liebes-
Individuums. Ich sprach dir von einem oberen Ressort, einer
späteren Instanz. Das geht hier herüber.

Die Sache sieht als Fortschritt ja auf den ersten An¬
blick furchtbar einfach aus. Die Heringe wissen es offenbar
schon ganz genau: die Geschichte geht bei aller Offenheit des
vagen Samen- und Eier-Ausstreuens doch unmöglich so, daß
der Bräutigam an der Küste von Nordamerika seine Samen¬
milch fahren läßt und die Braut ihren Rogen etwa an der
Küste von Norwegen. Das gäbe die Geschichte von den
Königskindern, die konnten zusammen nicht kommen, das
Wasser war viel zu tief. Und das edle Volk der Heringe
würde dabei aussterben. Die Liebenden kommen also immerhin
auf eine gewisse Distance zusammen und produzieren so.

Nun mußte aber bei etwas fortschreitender Logik der
Dinge unweigerlich eine Tendenz sich geltend machen, die
diese Distance auch dann immer noch verringern wollte.
Je näher, desto sicherer. Desto unnötiger die ganz himmel¬
blaue Verschwendung. Bis endlich Leib an Leib rührte, Quelle
des Lebensstroms an Quelle.

Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß die Urgeschichte
dessen, was du Begattung nennst, wirklich in dieser einfachen
"Logik" liegt. Aber die Verwirklichung stieß nun doch auf

ins Blaue verſtreut, ſteigt in ſeinem eigenen Menſchenbau
gleichſam noch einmal nachträglich um ſo und ſo viel Stock¬
werke wieder herab und ſchlägt eine Schicht an, die normaler
Weiſe längſt durch dicke Quadermaſſen der Entwickelung zwiſchen
Fiſch und Menſch überdeckt iſt.

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Die erſte ungeheure Quader, die ſich da für die Miſch¬
liebe darauf gelegt hat, war die Begattung. Die körper¬
liche Begattung zwiſchen den beiden großen Hälften des Liebes-
Individuums. Ich ſprach dir von einem oberen Reſſort, einer
ſpäteren Inſtanz. Das geht hier herüber.

Die Sache ſieht als Fortſchritt ja auf den erſten An¬
blick furchtbar einfach aus. Die Heringe wiſſen es offenbar
ſchon ganz genau: die Geſchichte geht bei aller Offenheit des
vagen Samen- und Eier-Ausſtreuens doch unmöglich ſo, daß
der Bräutigam an der Küſte von Nordamerika ſeine Samen¬
milch fahren läßt und die Braut ihren Rogen etwa an der
Küſte von Norwegen. Das gäbe die Geſchichte von den
Königskindern, die konnten zuſammen nicht kommen, das
Waſſer war viel zu tief. Und das edle Volk der Heringe
würde dabei ausſterben. Die Liebenden kommen alſo immerhin
auf eine gewiſſe Diſtance zuſammen und produzieren ſo.

Nun mußte aber bei etwas fortſchreitender Logik der
Dinge unweigerlich eine Tendenz ſich geltend machen, die
dieſe Diſtance auch dann immer noch verringern wollte.
Je näher, deſto ſicherer. Deſto unnötiger die ganz himmel¬
blaue Verſchwendung. Bis endlich Leib an Leib rührte, Quelle
des Lebensſtroms an Quelle.

Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß die Urgeſchichte
deſſen, was du Begattung nennſt, wirklich in dieſer einfachen
„Logik“ liegt. Aber die Verwirklichung ſtieß nun doch auf

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[210/0226] ins Blaue verſtreut, ſteigt in ſeinem eigenen Menſchenbau gleichſam noch einmal nachträglich um ſo und ſo viel Stock¬ werke wieder herab und ſchlägt eine Schicht an, die normaler Weiſe längſt durch dicke Quadermaſſen der Entwickelung zwiſchen Fiſch und Menſch überdeckt iſt. [Abbildung] Die erſte ungeheure Quader, die ſich da für die Miſch¬ liebe darauf gelegt hat, war die Begattung. Die körper¬ liche Begattung zwiſchen den beiden großen Hälften des Liebes- Individuums. Ich ſprach dir von einem oberen Reſſort, einer ſpäteren Inſtanz. Das geht hier herüber. Die Sache ſieht als Fortſchritt ja auf den erſten An¬ blick furchtbar einfach aus. Die Heringe wiſſen es offenbar ſchon ganz genau: die Geſchichte geht bei aller Offenheit des vagen Samen- und Eier-Ausſtreuens doch unmöglich ſo, daß der Bräutigam an der Küſte von Nordamerika ſeine Samen¬ milch fahren läßt und die Braut ihren Rogen etwa an der Küſte von Norwegen. Das gäbe die Geſchichte von den Königskindern, die konnten zuſammen nicht kommen, das Waſſer war viel zu tief. Und das edle Volk der Heringe würde dabei ausſterben. Die Liebenden kommen alſo immerhin auf eine gewiſſe Diſtance zuſammen und produzieren ſo. Nun mußte aber bei etwas fortſchreitender Logik der Dinge unweigerlich eine Tendenz ſich geltend machen, die dieſe Diſtance auch dann immer noch verringern wollte. Je näher, deſto ſicherer. Deſto unnötiger die ganz himmel¬ blaue Verſchwendung. Bis endlich Leib an Leib rührte, Quelle des Lebensſtroms an Quelle. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß die Urgeſchichte deſſen, was du Begattung nennſt, wirklich in dieſer einfachen „Logik“ liegt. Aber die Verwirklichung ſtieß nun doch auf

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/226>, abgerufen am 24.11.2024.