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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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den seltsamsten Knäuel besonderer Umstände. Und die Folge
war abermals, daß sich für dich weises Endmenschenkind Dinge
ergaben, die du mit einem freundlichen Wort jetzt als "Absurdi¬
täten" brandmarken möchtest. Obwohl es äußerst brave historische
Schachzüge sind, ohne die du wieder überhaupt nicht wärst, --
sintemalen dich nicht ein Philosoph a posteriori, sondern die
liebe Mutter Entwickelung sehr a priori herausgedacht hat.
Auch aus allem scheinbar Absurden deines Begattungsaktes
singt ein leises Stimmchen hervor. Ein Kinderstimmchen.
Das Stimmchen des werdenden Homunkulus. Ja du bist es
noch immer: der Homunkulus der Natur. Erst vor dir, in
Herkules-Fernen, steht der wahre Homo, -- der Mensch. Noch
singt es aus dir allerorten etwas gläsern. Aber es ist die Gu߬
form. Und eines Tages wirst du ehern klingen, die Glocke
ist fertig, die vielleicht dann schon durch die Planetenräume
läutet.

Menschenweib und Menschenmann also stecken in einem
Fischrogener und Fischmilchner. Irgendwo in ganz grauen
Tagen, noch weit jenseits der Ichthyosaurier in irgend einem
verschollenen Meer, auf dessen versteinerten Schlammbänken
heute Kegel geschoben werden oder eine Arbeiterversammlung
die soziale Frage erörtert oder eine Prozession geht.

Dieser Rogener und Milchner werden mehr und mehr
dazu gedrängt, ihre Liebeserzeugnisse möglichst nah bei einander
auszulassen, damit die Kleinen sich doch nur ja finden. Wie
werden sie es anstellen? Es liegt unendlich nah, daß sie auf
eine ganz einfache Praxis kommen, die aber doch einen kolossalen
Schritt weiter bedeutet. Sie legen sich Leib an Leib. Eirogen
wie Samenmilch ergießen sich ja aus bestimmten Öffnungen
dieses Leibes. Also legen sie sich möglichst Öffnung gegen
Öffnung. Auf daß Strom alsogleich rinne zu Strom. Die
männliche Samenpollution zu den frei auswandernden Weibes¬
eiern gleich im Moment des jederseitigen Austritts. Ich habe
dir früher erzählt, was solche körperliche Annäherung für die

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den ſeltſamſten Knäuel beſonderer Umſtände. Und die Folge
war abermals, daß ſich für dich weiſes Endmenſchenkind Dinge
ergaben, die du mit einem freundlichen Wort jetzt als „Abſurdi¬
täten“ brandmarken möchteſt. Obwohl es äußerſt brave hiſtoriſche
Schachzüge ſind, ohne die du wieder überhaupt nicht wärſt, —
ſintemalen dich nicht ein Philoſoph a posteriori, ſondern die
liebe Mutter Entwickelung ſehr a priori herausgedacht hat.
Auch aus allem ſcheinbar Abſurden deines Begattungsaktes
ſingt ein leiſes Stimmchen hervor. Ein Kinderſtimmchen.
Das Stimmchen des werdenden Homunkulus. Ja du biſt es
noch immer: der Homunkulus der Natur. Erſt vor dir, in
Herkules-Fernen, ſteht der wahre Homo, — der Menſch. Noch
ſingt es aus dir allerorten etwas gläſern. Aber es iſt die Gu߬
form. Und eines Tages wirſt du ehern klingen, die Glocke
iſt fertig, die vielleicht dann ſchon durch die Planetenräume
läutet.

Menſchenweib und Menſchenmann alſo ſtecken in einem
Fiſchrogener und Fiſchmilchner. Irgendwo in ganz grauen
Tagen, noch weit jenſeits der Ichthyoſaurier in irgend einem
verſchollenen Meer, auf deſſen verſteinerten Schlammbänken
heute Kegel geſchoben werden oder eine Arbeiterverſammlung
die ſoziale Frage erörtert oder eine Prozeſſion geht.

Dieſer Rogener und Milchner werden mehr und mehr
dazu gedrängt, ihre Liebeserzeugniſſe möglichſt nah bei einander
auszulaſſen, damit die Kleinen ſich doch nur ja finden. Wie
werden ſie es anſtellen? Es liegt unendlich nah, daß ſie auf
eine ganz einfache Praxis kommen, die aber doch einen koloſſalen
Schritt weiter bedeutet. Sie legen ſich Leib an Leib. Eirogen
wie Samenmilch ergießen ſich ja aus beſtimmten Öffnungen
dieſes Leibes. Alſo legen ſie ſich möglichſt Öffnung gegen
Öffnung. Auf daß Strom alſogleich rinne zu Strom. Die
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eiern gleich im Moment des jederſeitigen Austritts. Ich habe
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[211/0227] den ſeltſamſten Knäuel beſonderer Umſtände. Und die Folge war abermals, daß ſich für dich weiſes Endmenſchenkind Dinge ergaben, die du mit einem freundlichen Wort jetzt als „Abſurdi¬ täten“ brandmarken möchteſt. Obwohl es äußerſt brave hiſtoriſche Schachzüge ſind, ohne die du wieder überhaupt nicht wärſt, — ſintemalen dich nicht ein Philoſoph a posteriori, ſondern die liebe Mutter Entwickelung ſehr a priori herausgedacht hat. Auch aus allem ſcheinbar Abſurden deines Begattungsaktes ſingt ein leiſes Stimmchen hervor. Ein Kinderſtimmchen. Das Stimmchen des werdenden Homunkulus. Ja du biſt es noch immer: der Homunkulus der Natur. Erſt vor dir, in Herkules-Fernen, ſteht der wahre Homo, — der Menſch. Noch ſingt es aus dir allerorten etwas gläſern. Aber es iſt die Gu߬ form. Und eines Tages wirſt du ehern klingen, die Glocke iſt fertig, die vielleicht dann ſchon durch die Planetenräume läutet. Menſchenweib und Menſchenmann alſo ſtecken in einem Fiſchrogener und Fiſchmilchner. Irgendwo in ganz grauen Tagen, noch weit jenſeits der Ichthyoſaurier in irgend einem verſchollenen Meer, auf deſſen verſteinerten Schlammbänken heute Kegel geſchoben werden oder eine Arbeiterverſammlung die ſoziale Frage erörtert oder eine Prozeſſion geht. Dieſer Rogener und Milchner werden mehr und mehr dazu gedrängt, ihre Liebeserzeugniſſe möglichſt nah bei einander auszulaſſen, damit die Kleinen ſich doch nur ja finden. Wie werden ſie es anſtellen? Es liegt unendlich nah, daß ſie auf eine ganz einfache Praxis kommen, die aber doch einen koloſſalen Schritt weiter bedeutet. Sie legen ſich Leib an Leib. Eirogen wie Samenmilch ergießen ſich ja aus beſtimmten Öffnungen dieſes Leibes. Alſo legen ſie ſich möglichſt Öffnung gegen Öffnung. Auf daß Strom alſogleich rinne zu Strom. Die männliche Samenpollution zu den frei auswandernden Weibes¬ eiern gleich im Moment des jederſeitigen Austritts. Ich habe dir früher erzählt, was ſolche körperliche Annäherung für die 14*

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/227>, abgerufen am 24.11.2024.