auch eins darstellt. Wie über diesem Kuß, so schwebt auch über ihm eine Art äußersten Engelsideals, eine letzte Ablösung ganz in höhere Harmonieakte der reinen blütenweißen Distance¬ liebe fern ab von aller blutroten Mischliebe. Aber in hohem Grade interessant ist, wie nun gerade in ihm die Reste und Reminiscenzen der ursprünglich auch hier herrschenden Misch¬ liebe in wahren Fossilformen auftreten, als Versteinerungen urältester Stationen der Begattungsentwickelung. Schwänzelnde Fischlein im See, die ohne spezifisches Gewicht in ihrem Wasser sich lustig mit einem graziösen Ruderschlag der Schwanzflosse zu einander treiben, sich tändelnd halten und wohl gar noch über das Wasser zusammen hoch hinausspringen, -- das ist der Urpunkt, der Urbrennpunkt auch deiner Tanzstellung noch im elegantesten Salon. Bloß daß diese Fische dabei noch ein Stück weiter gingen im realen Sinne des Ganzen ....
[Abbildung]
Drei Wege tauchen auf zwischen einem Fisch, der nach Blaufelchenart liebt, und dir, wenn du nicht bloß tanzen, sondern deinen heiligen Akt in ganzer Größe vollziehen sollst.
Drei weitere Stationen.
Drei Lichtstrahlen kannst du auch sagen, die vom Ge¬ schlechtsleben aus in deine Fisch-Menschwerdung fallen.
Die erste Station war, daß nicht mehr bloß Leib zu Leib parallel eingestellt wurde in einer Tänzerstellung. Sondern daß an diesen beiden Liebesleibern die Stellen un¬ mittelbar aufeinander gepreßt wurden, an denen die Milch und der Rogen vordrängten. Indem innerhalb dieses Verschlusses Milch und Rogen sich mischten, also der wahre Mischakt zwischen Samenzelle und Eizelle sich vollzog, geriet die äußere Liebesgrube im Sande in das Liebes-Individuum selber hinein.
auch eins darſtellt. Wie über dieſem Kuß, ſo ſchwebt auch über ihm eine Art äußerſten Engelsideals, eine letzte Ablöſung ganz in höhere Harmonieakte der reinen blütenweißen Diſtance¬ liebe fern ab von aller blutroten Miſchliebe. Aber in hohem Grade intereſſant iſt, wie nun gerade in ihm die Reſte und Reminiscenzen der urſprünglich auch hier herrſchenden Miſch¬ liebe in wahren Foſſilformen auftreten, als Verſteinerungen urälteſter Stationen der Begattungsentwickelung. Schwänzelnde Fiſchlein im See, die ohne ſpezifiſches Gewicht in ihrem Waſſer ſich luſtig mit einem graziöſen Ruderſchlag der Schwanzfloſſe zu einander treiben, ſich tändelnd halten und wohl gar noch über das Waſſer zuſammen hoch hinausſpringen, — das iſt der Urpunkt, der Urbrennpunkt auch deiner Tanzſtellung noch im eleganteſten Salon. Bloß daß dieſe Fiſche dabei noch ein Stück weiter gingen im realen Sinne des Ganzen ....
[Abbildung]
Drei Wege tauchen auf zwiſchen einem Fiſch, der nach Blaufelchenart liebt, und dir, wenn du nicht bloß tanzen, ſondern deinen heiligen Akt in ganzer Größe vollziehen ſollſt.
Drei weitere Stationen.
Drei Lichtſtrahlen kannſt du auch ſagen, die vom Ge¬ ſchlechtsleben aus in deine Fiſch-Menſchwerdung fallen.
Die erſte Station war, daß nicht mehr bloß Leib zu Leib parallel eingeſtellt wurde in einer Tänzerſtellung. Sondern daß an dieſen beiden Liebesleibern die Stellen un¬ mittelbar aufeinander gepreßt wurden, an denen die Milch und der Rogen vordrängten. Indem innerhalb dieſes Verſchluſſes Milch und Rogen ſich miſchten, alſo der wahre Miſchakt zwiſchen Samenzelle und Eizelle ſich vollzog, geriet die äußere Liebesgrube im Sande in das Liebes-Individuum ſelber hinein.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0242"n="226"/>
auch eins darſtellt. Wie über dieſem Kuß, ſo ſchwebt auch<lb/>
über ihm eine Art äußerſten Engelsideals, eine letzte Ablöſung<lb/>
ganz in höhere Harmonieakte der reinen blütenweißen Diſtance¬<lb/>
liebe fern ab von aller blutroten Miſchliebe. Aber in hohem<lb/>
Grade intereſſant iſt, wie nun gerade in ihm die Reſte und<lb/>
Reminiscenzen der urſprünglich auch hier herrſchenden Miſch¬<lb/>
liebe in wahren Foſſilformen auftreten, als Verſteinerungen<lb/>
urälteſter Stationen der Begattungsentwickelung. Schwänzelnde<lb/>
Fiſchlein im See, die ohne ſpezifiſches Gewicht in ihrem Waſſer<lb/>ſich luſtig mit einem graziöſen Ruderſchlag der Schwanzfloſſe<lb/>
zu einander treiben, ſich tändelnd halten und wohl gar noch<lb/>
über das Waſſer zuſammen hoch hinausſpringen, — das iſt<lb/>
der Urpunkt, der Urbrennpunkt auch deiner Tanzſtellung noch<lb/>
im eleganteſten Salon. Bloß daß dieſe Fiſche dabei noch ein<lb/>
Stück weiter gingen im realen Sinne des Ganzen ....</p><lb/><figure/><p>Drei Wege tauchen auf zwiſchen einem Fiſch, der nach<lb/>
Blaufelchenart liebt, und dir, wenn du nicht bloß tanzen,<lb/>ſondern deinen heiligen Akt in ganzer Größe vollziehen ſollſt.</p><lb/><p>Drei weitere Stationen.</p><lb/><p>Drei Lichtſtrahlen kannſt du auch ſagen, die vom Ge¬<lb/>ſchlechtsleben aus in deine Fiſch-Menſchwerdung fallen.</p><lb/><p>Die erſte Station war, daß nicht mehr bloß Leib zu<lb/>
Leib parallel eingeſtellt wurde in einer Tänzerſtellung.<lb/>
Sondern daß an dieſen beiden Liebesleibern die Stellen un¬<lb/>
mittelbar aufeinander gepreßt wurden, an denen die Milch und<lb/>
der Rogen vordrängten. Indem innerhalb dieſes Verſchluſſes<lb/>
Milch und Rogen ſich miſchten, alſo der wahre Miſchakt<lb/>
zwiſchen Samenzelle und Eizelle ſich vollzog, geriet die äußere<lb/>
Liebesgrube im Sande <hirendition="#g">in das Liebes-Individuum ſelber<lb/>
hinein</hi>.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[226/0242]
auch eins darſtellt. Wie über dieſem Kuß, ſo ſchwebt auch
über ihm eine Art äußerſten Engelsideals, eine letzte Ablöſung
ganz in höhere Harmonieakte der reinen blütenweißen Diſtance¬
liebe fern ab von aller blutroten Miſchliebe. Aber in hohem
Grade intereſſant iſt, wie nun gerade in ihm die Reſte und
Reminiscenzen der urſprünglich auch hier herrſchenden Miſch¬
liebe in wahren Foſſilformen auftreten, als Verſteinerungen
urälteſter Stationen der Begattungsentwickelung. Schwänzelnde
Fiſchlein im See, die ohne ſpezifiſches Gewicht in ihrem Waſſer
ſich luſtig mit einem graziöſen Ruderſchlag der Schwanzfloſſe
zu einander treiben, ſich tändelnd halten und wohl gar noch
über das Waſſer zuſammen hoch hinausſpringen, — das iſt
der Urpunkt, der Urbrennpunkt auch deiner Tanzſtellung noch
im eleganteſten Salon. Bloß daß dieſe Fiſche dabei noch ein
Stück weiter gingen im realen Sinne des Ganzen ....
[Abbildung]
Drei Wege tauchen auf zwiſchen einem Fiſch, der nach
Blaufelchenart liebt, und dir, wenn du nicht bloß tanzen,
ſondern deinen heiligen Akt in ganzer Größe vollziehen ſollſt.
Drei weitere Stationen.
Drei Lichtſtrahlen kannſt du auch ſagen, die vom Ge¬
ſchlechtsleben aus in deine Fiſch-Menſchwerdung fallen.
Die erſte Station war, daß nicht mehr bloß Leib zu
Leib parallel eingeſtellt wurde in einer Tänzerſtellung.
Sondern daß an dieſen beiden Liebesleibern die Stellen un¬
mittelbar aufeinander gepreßt wurden, an denen die Milch und
der Rogen vordrängten. Indem innerhalb dieſes Verſchluſſes
Milch und Rogen ſich miſchten, alſo der wahre Miſchakt
zwiſchen Samenzelle und Eizelle ſich vollzog, geriet die äußere
Liebesgrube im Sande in das Liebes-Individuum ſelber
hinein.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/242>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.