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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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lichen Gliedmaßen. Sie tauchen beim Haifisch zuerst auf als
mindestens zwei paar Flossen an Brust und Bauch, -- die
Urstufe der späteren vier Reptil- und Säugetier-Beine und
auch noch unserer zwei menschlichen Arme und Beine.

Indem das verwertet wird, entsteht jene Tanz-Stellung.
Die Fischlein fassen sich mit den Flossen. Auch diese Linie
kannst du noch glatt bis zu dir selber herauf als äußerliches
Hilfsprinzip verfolgen. Die Flossen wurden zu Bewegungs¬
gliedmaßen des Landlebens, zu entwickelten Beinen, Pfoten,
Klauen, Zehen, Fingern, kurz einem ganzen Arsenal allent¬
halben von Klammerorganen, die dem Liebesakt geradezu von
selbst zu gute kommen mußten.

Beim Amphibium, also bei Fröschen und Kröten, die
durchweg schon sehr gut ausgebildete Landbeine und Füße
statt der Flossen besitzen, dagegen ein besonderes Begattungs¬
glied noch nicht haben, siehst du die glänzendsten Versuche
nach dieser Seite. Deine Krötlein mit den weißen Kehlchen
da drüben im Tümpel sind schon wahre Meister darin, sich
zum Geschlechtszweck mit den Beinen festzuhalten. Oder, besser
gesagt, mit den Armen. Denn die kurzen Vorderbeine arbeiten
genau wie solche. Frosch wie Kröte haben keinen Schwanz
hinten, sie können also nicht bloß Bauch gegen Bauch eng
aneinander, sondern es glückt auch, wenn das Männchen sich
auf das Weibchen setzt. Die Eier fahren nach hinten aus
und der ebenfalls hinterwärts nachschießende Samen fällt von
oben darauf. Aber dabei nun gerade dienen zum Festhalten
die Arme des Froschprinzen. Huckepack auf der Prinzessin,
packt er mit beiden Vorderpfoten die Jungfrau unter die
Achseln oder um den runden Leib in die Leisten und bildet
so viele Stunden, Tage, ja gelegentlich länger als eine Woche
lang das solideste Liebes-Individuum im Zweck der Mischliebe.

Die starken Arme des Mannes besorgen dabei gleich noch
ein zweites Werk, an das ein Mann bei uns ja nicht eben
denken würde bei solcher Beschäftigung, auch wenn sie noch

lichen Gliedmaßen. Sie tauchen beim Haifiſch zuerſt auf als
mindeſtens zwei paar Floſſen an Bruſt und Bauch, — die
Urſtufe der ſpäteren vier Reptil- und Säugetier-Beine und
auch noch unſerer zwei menſchlichen Arme und Beine.

Indem das verwertet wird, entſteht jene Tanz-Stellung.
Die Fiſchlein faſſen ſich mit den Floſſen. Auch dieſe Linie
kannſt du noch glatt bis zu dir ſelber herauf als äußerliches
Hilfsprinzip verfolgen. Die Floſſen wurden zu Bewegungs¬
gliedmaßen des Landlebens, zu entwickelten Beinen, Pfoten,
Klauen, Zehen, Fingern, kurz einem ganzen Arſenal allent¬
halben von Klammerorganen, die dem Liebesakt geradezu von
ſelbſt zu gute kommen mußten.

Beim Amphibium, alſo bei Fröſchen und Kröten, die
durchweg ſchon ſehr gut ausgebildete Landbeine und Füße
ſtatt der Floſſen beſitzen, dagegen ein beſonderes Begattungs¬
glied noch nicht haben, ſiehſt du die glänzendſten Verſuche
nach dieſer Seite. Deine Krötlein mit den weißen Kehlchen
da drüben im Tümpel ſind ſchon wahre Meiſter darin, ſich
zum Geſchlechtszweck mit den Beinen feſtzuhalten. Oder, beſſer
geſagt, mit den Armen. Denn die kurzen Vorderbeine arbeiten
genau wie ſolche. Froſch wie Kröte haben keinen Schwanz
hinten, ſie können alſo nicht bloß Bauch gegen Bauch eng
aneinander, ſondern es glückt auch, wenn das Männchen ſich
auf das Weibchen ſetzt. Die Eier fahren nach hinten aus
und der ebenfalls hinterwärts nachſchießende Samen fällt von
oben darauf. Aber dabei nun gerade dienen zum Feſthalten
die Arme des Froſchprinzen. Huckepack auf der Prinzeſſin,
packt er mit beiden Vorderpfoten die Jungfrau unter die
Achſeln oder um den runden Leib in die Leiſten und bildet
ſo viele Stunden, Tage, ja gelegentlich länger als eine Woche
lang das ſolideſte Liebes-Individuum im Zweck der Miſchliebe.

Die ſtarken Arme des Mannes beſorgen dabei gleich noch
ein zweites Werk, an das ein Mann bei uns ja nicht eben
denken würde bei ſolcher Beſchäftigung, auch wenn ſie noch

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[274/0290] lichen Gliedmaßen. Sie tauchen beim Haifiſch zuerſt auf als mindeſtens zwei paar Floſſen an Bruſt und Bauch, — die Urſtufe der ſpäteren vier Reptil- und Säugetier-Beine und auch noch unſerer zwei menſchlichen Arme und Beine. Indem das verwertet wird, entſteht jene Tanz-Stellung. Die Fiſchlein faſſen ſich mit den Floſſen. Auch dieſe Linie kannſt du noch glatt bis zu dir ſelber herauf als äußerliches Hilfsprinzip verfolgen. Die Floſſen wurden zu Bewegungs¬ gliedmaßen des Landlebens, zu entwickelten Beinen, Pfoten, Klauen, Zehen, Fingern, kurz einem ganzen Arſenal allent¬ halben von Klammerorganen, die dem Liebesakt geradezu von ſelbſt zu gute kommen mußten. Beim Amphibium, alſo bei Fröſchen und Kröten, die durchweg ſchon ſehr gut ausgebildete Landbeine und Füße ſtatt der Floſſen beſitzen, dagegen ein beſonderes Begattungs¬ glied noch nicht haben, ſiehſt du die glänzendſten Verſuche nach dieſer Seite. Deine Krötlein mit den weißen Kehlchen da drüben im Tümpel ſind ſchon wahre Meiſter darin, ſich zum Geſchlechtszweck mit den Beinen feſtzuhalten. Oder, beſſer geſagt, mit den Armen. Denn die kurzen Vorderbeine arbeiten genau wie ſolche. Froſch wie Kröte haben keinen Schwanz hinten, ſie können alſo nicht bloß Bauch gegen Bauch eng aneinander, ſondern es glückt auch, wenn das Männchen ſich auf das Weibchen ſetzt. Die Eier fahren nach hinten aus und der ebenfalls hinterwärts nachſchießende Samen fällt von oben darauf. Aber dabei nun gerade dienen zum Feſthalten die Arme des Froſchprinzen. Huckepack auf der Prinzeſſin, packt er mit beiden Vorderpfoten die Jungfrau unter die Achſeln oder um den runden Leib in die Leiſten und bildet ſo viele Stunden, Tage, ja gelegentlich länger als eine Woche lang das ſolideſte Liebes-Individuum im Zweck der Miſchliebe. Die ſtarken Arme des Mannes beſorgen dabei gleich noch ein zweites Werk, an das ein Mann bei uns ja nicht eben denken würde bei ſolcher Beſchäftigung, auch wenn ſie noch

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/290>, abgerufen am 22.11.2024.