schließlich unter dem Mannesgliede wie in einem Bruchsack frei herauskommen. Es ist, als wenn dieses Glied, immer größer, freier, entwickelter geworden und als gewaltiger Zapfen am Unterleibe schließlich so zu sagen offen vortretend, dieses ihm so eng zugehörige Bereich zu sich heranzitiert, herab- und heraus¬ beschworen habe. Jedenfalls wird vom Beuteltier an aufwärts in ganz allmählicher Folge, Stufe um Stufe, diese Umlagerung, dieses Absteigen der großen Fabrik selber sichtbar. Bis endlich das ganze Samenorgan wie eine dicke Kürbisflasche außen unter dem Spritzzapfen hängt: der Hodensack mit den "Eiern".
Bei einer Reihe sehr bekannter Säugetiere ist die Sache noch so gut wie ganz unklar. Der Walfisch, das Faultier und der Elefant beispielsweise haben ihre Samenfabrik noch voll¬ kommen tief im Leibe wie das Schnabeltier. Bei den uralten Igeln, bei Nagetieren und Fledermäusen ist die Geschichte noch heute im Fluß: die Hoden rutschen hin und her, kommen zur Liebeszeit herab in eine Sackfalte und flitschen in den Ruhepausen wieder in den Bauch zurück. Schließlich klärt und festigt sich aber alles doch. Schon der Halbaffe und vollends der Affe haben ihren Sack am rechten Fleck auf Lebenszeit. Und so ist's zu dir gekommen, als könnte es nie mehr anders sein. Urahn Affe hat's dir beigebracht, und wenn die weisen Zellchen deines werdenden Leibes heute ihren Bauplan "Mensch" durchführen, so bauen sie folgerichtig hier den After separat, hier das Mannesglied für Urin und Samen, und unter das Mannesglied hängen sie das hochkostbare Beutelchen, das die Samenfabrik selber umschließt.
Ein gewisser kleiner Kampf ist auch im Säugetier geführt worden um die äußerliche freie Lage und die innere Solidität des Mannesgliedes. Beim vierbeinig laufenden Tier wird das Glied von vorne herein möglichst an den Bauch angelegt. Erst die aufrecht flatternde Fledermaus läßt es im ruhenden Zu¬ stand senkrecht abwärts hängen. Das macht dann der Affe nach, dessen Leib sich beim Klettern ebenfalls aufstellt. Und
ſchließlich unter dem Mannesgliede wie in einem Bruchſack frei herauskommen. Es iſt, als wenn dieſes Glied, immer größer, freier, entwickelter geworden und als gewaltiger Zapfen am Unterleibe ſchließlich ſo zu ſagen offen vortretend, dieſes ihm ſo eng zugehörige Bereich zu ſich heranzitiert, herab- und heraus¬ beſchworen habe. Jedenfalls wird vom Beuteltier an aufwärts in ganz allmählicher Folge, Stufe um Stufe, dieſe Umlagerung, dieſes Abſteigen der großen Fabrik ſelber ſichtbar. Bis endlich das ganze Samenorgan wie eine dicke Kürbisflaſche außen unter dem Spritzzapfen hängt: der Hodenſack mit den „Eiern“.
Bei einer Reihe ſehr bekannter Säugetiere iſt die Sache noch ſo gut wie ganz unklar. Der Walfiſch, das Faultier und der Elefant beiſpielsweiſe haben ihre Samenfabrik noch voll¬ kommen tief im Leibe wie das Schnabeltier. Bei den uralten Igeln, bei Nagetieren und Fledermäuſen iſt die Geſchichte noch heute im Fluß: die Hoden rutſchen hin und her, kommen zur Liebeszeit herab in eine Sackfalte und flitſchen in den Ruhepauſen wieder in den Bauch zurück. Schließlich klärt und feſtigt ſich aber alles doch. Schon der Halbaffe und vollends der Affe haben ihren Sack am rechten Fleck auf Lebenszeit. Und ſo iſt's zu dir gekommen, als könnte es nie mehr anders ſein. Urahn Affe hat's dir beigebracht, und wenn die weiſen Zellchen deines werdenden Leibes heute ihren Bauplan „Menſch“ durchführen, ſo bauen ſie folgerichtig hier den After ſeparat, hier das Mannesglied für Urin und Samen, und unter das Mannesglied hängen ſie das hochkoſtbare Beutelchen, das die Samenfabrik ſelber umſchließt.
Ein gewiſſer kleiner Kampf iſt auch im Säugetier geführt worden um die äußerliche freie Lage und die innere Solidität des Mannesgliedes. Beim vierbeinig laufenden Tier wird das Glied von vorne herein möglichſt an den Bauch angelegt. Erſt die aufrecht flatternde Fledermaus läßt es im ruhenden Zu¬ ſtand ſenkrecht abwärts hängen. Das macht dann der Affe nach, deſſen Leib ſich beim Klettern ebenfalls aufſtellt. Und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0302"n="286"/>ſchließlich unter dem Mannesgliede wie in einem Bruchſack frei<lb/>
herauskommen. Es iſt, als wenn dieſes Glied, immer größer,<lb/>
freier, entwickelter geworden und als gewaltiger Zapfen am<lb/>
Unterleibe ſchließlich ſo zu ſagen offen vortretend, dieſes ihm ſo<lb/>
eng zugehörige Bereich zu ſich heranzitiert, herab- und heraus¬<lb/>
beſchworen habe. Jedenfalls wird vom Beuteltier an aufwärts<lb/>
in ganz allmählicher Folge, Stufe um Stufe, dieſe Umlagerung,<lb/>
dieſes Abſteigen der großen Fabrik ſelber ſichtbar. Bis endlich<lb/>
das ganze Samenorgan wie eine dicke Kürbisflaſche außen<lb/>
unter dem Spritzzapfen hängt: der Hodenſack mit den „Eiern“.</p><lb/><p>Bei einer Reihe ſehr bekannter Säugetiere iſt die Sache<lb/>
noch ſo gut wie ganz unklar. Der Walfiſch, das Faultier und<lb/>
der Elefant beiſpielsweiſe haben ihre Samenfabrik noch voll¬<lb/>
kommen tief im Leibe wie das Schnabeltier. Bei den uralten<lb/>
Igeln, bei Nagetieren und Fledermäuſen iſt die Geſchichte<lb/>
noch heute im Fluß: die Hoden rutſchen hin und her,<lb/>
kommen zur Liebeszeit herab in eine Sackfalte und flitſchen in<lb/>
den Ruhepauſen wieder in den Bauch zurück. Schließlich klärt<lb/>
und feſtigt ſich aber alles doch. Schon der Halbaffe und vollends<lb/>
der Affe haben ihren Sack am rechten Fleck auf Lebenszeit.<lb/>
Und ſo iſt's zu dir gekommen, als könnte es nie mehr anders<lb/>ſein. Urahn Affe hat's dir beigebracht, und wenn die weiſen<lb/>
Zellchen deines werdenden Leibes heute ihren Bauplan „Menſch“<lb/>
durchführen, ſo bauen ſie folgerichtig hier den After ſeparat,<lb/>
hier das Mannesglied für Urin und Samen, und unter das<lb/>
Mannesglied hängen ſie das hochkoſtbare Beutelchen, das die<lb/>
Samenfabrik ſelber umſchließt.</p><lb/><p>Ein gewiſſer kleiner Kampf iſt auch im Säugetier geführt<lb/>
worden um die äußerliche freie Lage und die innere Solidität<lb/>
des Mannesgliedes. Beim vierbeinig laufenden Tier wird das<lb/>
Glied von vorne herein möglichſt an den Bauch angelegt. Erſt<lb/>
die aufrecht flatternde Fledermaus läßt es im ruhenden Zu¬<lb/>ſtand ſenkrecht abwärts hängen. Das macht dann der Affe<lb/>
nach, deſſen Leib ſich beim Klettern ebenfalls aufſtellt. Und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[286/0302]
ſchließlich unter dem Mannesgliede wie in einem Bruchſack frei
herauskommen. Es iſt, als wenn dieſes Glied, immer größer,
freier, entwickelter geworden und als gewaltiger Zapfen am
Unterleibe ſchließlich ſo zu ſagen offen vortretend, dieſes ihm ſo
eng zugehörige Bereich zu ſich heranzitiert, herab- und heraus¬
beſchworen habe. Jedenfalls wird vom Beuteltier an aufwärts
in ganz allmählicher Folge, Stufe um Stufe, dieſe Umlagerung,
dieſes Abſteigen der großen Fabrik ſelber ſichtbar. Bis endlich
das ganze Samenorgan wie eine dicke Kürbisflaſche außen
unter dem Spritzzapfen hängt: der Hodenſack mit den „Eiern“.
Bei einer Reihe ſehr bekannter Säugetiere iſt die Sache
noch ſo gut wie ganz unklar. Der Walfiſch, das Faultier und
der Elefant beiſpielsweiſe haben ihre Samenfabrik noch voll¬
kommen tief im Leibe wie das Schnabeltier. Bei den uralten
Igeln, bei Nagetieren und Fledermäuſen iſt die Geſchichte
noch heute im Fluß: die Hoden rutſchen hin und her,
kommen zur Liebeszeit herab in eine Sackfalte und flitſchen in
den Ruhepauſen wieder in den Bauch zurück. Schließlich klärt
und feſtigt ſich aber alles doch. Schon der Halbaffe und vollends
der Affe haben ihren Sack am rechten Fleck auf Lebenszeit.
Und ſo iſt's zu dir gekommen, als könnte es nie mehr anders
ſein. Urahn Affe hat's dir beigebracht, und wenn die weiſen
Zellchen deines werdenden Leibes heute ihren Bauplan „Menſch“
durchführen, ſo bauen ſie folgerichtig hier den After ſeparat,
hier das Mannesglied für Urin und Samen, und unter das
Mannesglied hängen ſie das hochkoſtbare Beutelchen, das die
Samenfabrik ſelber umſchließt.
Ein gewiſſer kleiner Kampf iſt auch im Säugetier geführt
worden um die äußerliche freie Lage und die innere Solidität
des Mannesgliedes. Beim vierbeinig laufenden Tier wird das
Glied von vorne herein möglichſt an den Bauch angelegt. Erſt
die aufrecht flatternde Fledermaus läßt es im ruhenden Zu¬
ſtand ſenkrecht abwärts hängen. Das macht dann der Affe
nach, deſſen Leib ſich beim Klettern ebenfalls aufſtellt. Und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/302>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.