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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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eine einfache Kraftverbindung gelegt, bei der der Nadelstich in
verwickelter Wirkung rein mechanisch das Au auslösen muß.

Im nächsten Schritt hat diese Welle der Analogie von
unten nach oben dich selber erreicht und umfaßt.

War vorher die Kuckucksuhr auf dem Wege der Vermensch¬
lichung, so stehst du jetzt umgekehrt auf dem Satz: der Mensch
ist eigentlich bloß eine Kuckucksuhr.

Im Augenblick, da sich das vollzieht, hat sich aber nun
doch auch hier etwas höchst Seltsames vollzogen. Anscheinend
hat diese zweite Beweisführung dir von unten her ansteigend
deine früheren Analogie-Schlüsse einen nach dem anderen zer¬
setzt und vernichtet. Selbst die graue Gehirnmasse ist nichts
anderes als ein Beweis für mechanische Kraftvorgänge, ja sie
ist sozusagen bloß ein einiger ineinander verwurstelter Strang
Kraft. Genau in dem Moment aber, da du auch von hier
aus im Menschen dich selber berührst, ist es, als sei das alles
neuerdings wieder wie fortgeblasen und als klappe alles von
sich aus nochmals um.

Denn nun bist du selber also der Typus einer echten und
rechten Maschine. Du selber aber bleibst doch, mit Verlaub,
derselbe, der du auch vorher warst. Wenn die Nadel dich pikt,
empfindest du das als Schmerz und weil du Schmerz hast,
schreist du Au. Es bleibt nichts anderes übrig, als um deinet¬
willen in die Definition der Maschine noch etwas einzuschalten:
nämlich eben diese Thatsache der Empfindung. Wie du das
machen willst, ist ja wieder eine Historia für sich.

Der Materialist von der extremen Sorte wird dir sagen:
diese deine Empfindung ist eben bloß ein Vorgang innerhalb
des Mechanismus. Etwa so: von außen kommt eine mechanische
Kraftwelle bei jenem Nadelstich, diese Welle geht in dich ein,
in deinem Gehirn setzt sie sich nach demselben Äquivalenz¬
verhältnis, wie Bewegung in Wärme übergeht, in Empfindung
um und diese Empfindung wird dann wieder Ausgangspunkt für
gewöhnliche Kraftwirkungen, deren letztes Ergebnis das Au ist

eine einfache Kraftverbindung gelegt, bei der der Nadelſtich in
verwickelter Wirkung rein mechaniſch das Au auslöſen muß.

Im nächſten Schritt hat dieſe Welle der Analogie von
unten nach oben dich ſelber erreicht und umfaßt.

War vorher die Kuckucksuhr auf dem Wege der Vermenſch¬
lichung, ſo ſtehſt du jetzt umgekehrt auf dem Satz: der Menſch
iſt eigentlich bloß eine Kuckucksuhr.

Im Augenblick, da ſich das vollzieht, hat ſich aber nun
doch auch hier etwas höchſt Seltſames vollzogen. Anſcheinend
hat dieſe zweite Beweisführung dir von unten her anſteigend
deine früheren Analogie-Schlüſſe einen nach dem anderen zer¬
ſetzt und vernichtet. Selbſt die graue Gehirnmaſſe iſt nichts
anderes als ein Beweis für mechaniſche Kraftvorgänge, ja ſie
iſt ſozuſagen bloß ein einiger ineinander verwurſtelter Strang
Kraft. Genau in dem Moment aber, da du auch von hier
aus im Menſchen dich ſelber berührſt, iſt es, als ſei das alles
neuerdings wieder wie fortgeblaſen und als klappe alles von
ſich aus nochmals um.

Denn nun biſt du ſelber alſo der Typus einer echten und
rechten Maſchine. Du ſelber aber bleibſt doch, mit Verlaub,
derſelbe, der du auch vorher warſt. Wenn die Nadel dich pikt,
empfindeſt du das als Schmerz und weil du Schmerz haſt,
ſchreiſt du Au. Es bleibt nichts anderes übrig, als um deinet¬
willen in die Definition der Maſchine noch etwas einzuſchalten:
nämlich eben dieſe Thatſache der Empfindung. Wie du das
machen willſt, iſt ja wieder eine Hiſtoria für ſich.

Der Materialiſt von der extremen Sorte wird dir ſagen:
dieſe deine Empfindung iſt eben bloß ein Vorgang innerhalb
des Mechanismus. Etwa ſo: von außen kommt eine mechaniſche
Kraftwelle bei jenem Nadelſtich, dieſe Welle geht in dich ein,
in deinem Gehirn ſetzt ſie ſich nach demſelben Äquivalenz¬
verhältnis, wie Bewegung in Wärme übergeht, in Empfindung
um und dieſe Empfindung wird dann wieder Ausgangspunkt für
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[297/0313] eine einfache Kraftverbindung gelegt, bei der der Nadelſtich in verwickelter Wirkung rein mechaniſch das Au auslöſen muß. Im nächſten Schritt hat dieſe Welle der Analogie von unten nach oben dich ſelber erreicht und umfaßt. War vorher die Kuckucksuhr auf dem Wege der Vermenſch¬ lichung, ſo ſtehſt du jetzt umgekehrt auf dem Satz: der Menſch iſt eigentlich bloß eine Kuckucksuhr. Im Augenblick, da ſich das vollzieht, hat ſich aber nun doch auch hier etwas höchſt Seltſames vollzogen. Anſcheinend hat dieſe zweite Beweisführung dir von unten her anſteigend deine früheren Analogie-Schlüſſe einen nach dem anderen zer¬ ſetzt und vernichtet. Selbſt die graue Gehirnmaſſe iſt nichts anderes als ein Beweis für mechaniſche Kraftvorgänge, ja ſie iſt ſozuſagen bloß ein einiger ineinander verwurſtelter Strang Kraft. Genau in dem Moment aber, da du auch von hier aus im Menſchen dich ſelber berührſt, iſt es, als ſei das alles neuerdings wieder wie fortgeblaſen und als klappe alles von ſich aus nochmals um. Denn nun biſt du ſelber alſo der Typus einer echten und rechten Maſchine. Du ſelber aber bleibſt doch, mit Verlaub, derſelbe, der du auch vorher warſt. Wenn die Nadel dich pikt, empfindeſt du das als Schmerz und weil du Schmerz haſt, ſchreiſt du Au. Es bleibt nichts anderes übrig, als um deinet¬ willen in die Definition der Maſchine noch etwas einzuſchalten: nämlich eben dieſe Thatſache der Empfindung. Wie du das machen willſt, iſt ja wieder eine Hiſtoria für ſich. Der Materialiſt von der extremen Sorte wird dir ſagen: dieſe deine Empfindung iſt eben bloß ein Vorgang innerhalb des Mechanismus. Etwa ſo: von außen kommt eine mechaniſche Kraftwelle bei jenem Nadelſtich, dieſe Welle geht in dich ein, in deinem Gehirn ſetzt ſie ſich nach demſelben Äquivalenz¬ verhältnis, wie Bewegung in Wärme übergeht, in Empfindung um und dieſe Empfindung wird dann wieder Ausgangspunkt für gewöhnliche Kraftwirkungen, deren letztes Ergebnis das Au iſt

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/313>, abgerufen am 22.11.2024.