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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Intermezzo ....

Über der kleinen Kiefernsilhouette des Seeufers drüben
treibt ein blendend weißer Wolkenblock langsam empor.

Gegen die winzigen Bäumchen erscheint er riesig -- wie
ein Gebirgshang mit ewigem Schnee. Gegen die ungeheure
blaue Himmelsschale ist er nur ein blinkendes Stückchen
Zucker.

Und es ist, als fresse ihn dieses heiße Blau schon, kaum
daß er sich über den Horizont wagt. Der weiße Klumpen
wird höckerig, bekommt Buckel wie Hamlets Kameel und
fratzige Profile mit großen Napoleonsnasen. Dann bricht eine
erste Nase oben ab, schwebt eine kurze Weile schwindelnd als
lose Flocke für sich im Blau.

Du schaust einen Augenblick auf den See und jetzt erst
wieder hin. Fort ist das Flöckchen ganz. Geschmolzen. Auf¬
gesogen. Kaum noch, daß du ein schwächstes blasseres Feder¬
streifchen noch eben vom Ganzazur sich abheben siehst. Noch
eine Minute und auch das ist hin. Das Blau blendet wieder
in einheitlichem Erz.

Inzwischen ist aber der ganze Schneeberg unten im
vollen Zerfall. Noch zwei, drei Wölkchen lösen sich ebenso
ab und schmelzen höher oben für sich. Dann ballt sich der
ganze Hauptklumpen zu vielen kleineren Centren von einander,
die nicht mehr steigen, sondern schon unten sich verkleinern.


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Intermezzo ....

Über der kleinen Kiefernſilhouette des Seeufers drüben
treibt ein blendend weißer Wolkenblock langſam empor.

Gegen die winzigen Bäumchen erſcheint er rieſig — wie
ein Gebirgshang mit ewigem Schnee. Gegen die ungeheure
blaue Himmelsſchale iſt er nur ein blinkendes Stückchen
Zucker.

Und es iſt, als freſſe ihn dieſes heiße Blau ſchon, kaum
daß er ſich über den Horizont wagt. Der weiße Klumpen
wird höckerig, bekommt Buckel wie Hamlets Kameel und
fratzige Profile mit großen Napoleonsnaſen. Dann bricht eine
erſte Naſe oben ab, ſchwebt eine kurze Weile ſchwindelnd als
loſe Flocke für ſich im Blau.

Du ſchauſt einen Augenblick auf den See und jetzt erſt
wieder hin. Fort iſt das Flöckchen ganz. Geſchmolzen. Auf¬
geſogen. Kaum noch, daß du ein ſchwächſtes blaſſeres Feder¬
ſtreifchen noch eben vom Ganzazur ſich abheben ſiehſt. Noch
eine Minute und auch das iſt hin. Das Blau blendet wieder
in einheitlichem Erz.

Inzwiſchen iſt aber der ganze Schneeberg unten im
vollen Zerfall. Noch zwei, drei Wölkchen löſen ſich ebenſo
ab und ſchmelzen höher oben für ſich. Dann ballt ſich der
ganze Hauptklumpen zu vielen kleineren Centren von einander,
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[326/0342] [Abbildung] Intermezzo .... Über der kleinen Kiefernſilhouette des Seeufers drüben treibt ein blendend weißer Wolkenblock langſam empor. Gegen die winzigen Bäumchen erſcheint er rieſig — wie ein Gebirgshang mit ewigem Schnee. Gegen die ungeheure blaue Himmelsſchale iſt er nur ein blinkendes Stückchen Zucker. Und es iſt, als freſſe ihn dieſes heiße Blau ſchon, kaum daß er ſich über den Horizont wagt. Der weiße Klumpen wird höckerig, bekommt Buckel wie Hamlets Kameel und fratzige Profile mit großen Napoleonsnaſen. Dann bricht eine erſte Naſe oben ab, ſchwebt eine kurze Weile ſchwindelnd als loſe Flocke für ſich im Blau. Du ſchauſt einen Augenblick auf den See und jetzt erſt wieder hin. Fort iſt das Flöckchen ganz. Geſchmolzen. Auf¬ geſogen. Kaum noch, daß du ein ſchwächſtes blaſſeres Feder¬ ſtreifchen noch eben vom Ganzazur ſich abheben ſiehſt. Noch eine Minute und auch das iſt hin. Das Blau blendet wieder in einheitlichem Erz. Inzwiſchen iſt aber der ganze Schneeberg unten im vollen Zerfall. Noch zwei, drei Wölkchen löſen ſich ebenſo ab und ſchmelzen höher oben für ſich. Dann ballt ſich der ganze Hauptklumpen zu vielen kleineren Centren von einander, die nicht mehr ſteigen, ſondern ſchon unten ſich verkleinern.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/342>, abgerufen am 22.11.2024.