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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Netzhaut kitzelte durch einen Lichtreiz, -- war eigentlich nur
die barbarische Urform seiner Geistwerdung, da es noch rein
als Glut ausfloß; für die Entwickelungsform des Intellektuellen,
die erst nachfolgte, hatte er keinerlei Sinn von seinem Stand¬
punkt aus.

Ihm aber war mit dem Aufhören dieses plumpen Netz¬
haut-Reizes einfach "alles zu Ende". Was sollte auch in
Zeit von ein paar Stunden sich da viel entwickelt haben!
Dummheit. Es war eben eine müßige Naturverschwendung,
solcher Stern. Ein himmlisches Samentierchen, das nicht in
die forttreibende Lebenswelle, sondern auf die kalte Leinewand
gefallen und dort alsbald wieder verdurstet, vertrocknet war.
Sie warfen mit ungleichen Würfeln da oben. Dieser nichts
und jener alles. Trübe Welt!

Und der Mensch dort unter seinen Weltensternen und
mit seinem Millionenjahre-Zeitbegriff stützte den Kopf auf
und schmollte. Trübe Welt. Dumme Welt. Unberechenbare
Welt .....

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Träume. Aber wenn du so tief ins Philosophische willst,
hast du überhaupt nichts als Träume und Analogien. Immer,
wohin du auch siehst und was du auch siehst: immer hast du
nur Schnittflächen von Entwickelungen.

In jedem Stäubchen schachteln sich Welten zusammen.
In jedem Fall eines Stäubchens rauscht die Entwickelungswelle
von Welten an dir vorbei.

Ändere dir den Größenblick und jedes Tröpfchen Lebens¬
substanz deines Gehirns umfaßt Siriusweiten, Räume, durch
die das Licht hundert Jahre zum Fluge brauchte. Ändere
ihn, -- und unser ganzes Fixsternsystem schmilzt zu einem
Tröpfchen ein in einem Gehirn, und die Sonne dort ist ein

Netzhaut kitzelte durch einen Lichtreiz, — war eigentlich nur
die barbariſche Urform ſeiner Geiſtwerdung, da es noch rein
als Glut ausfloß; für die Entwickelungsform des Intellektuellen,
die erſt nachfolgte, hatte er keinerlei Sinn von ſeinem Stand¬
punkt aus.

Ihm aber war mit dem Aufhören dieſes plumpen Netz¬
haut-Reizes einfach „alles zu Ende“. Was ſollte auch in
Zeit von ein paar Stunden ſich da viel entwickelt haben!
Dummheit. Es war eben eine müßige Naturverſchwendung,
ſolcher Stern. Ein himmliſches Samentierchen, das nicht in
die forttreibende Lebenswelle, ſondern auf die kalte Leinewand
gefallen und dort alsbald wieder verdurſtet, vertrocknet war.
Sie warfen mit ungleichen Würfeln da oben. Dieſer nichts
und jener alles. Trübe Welt!

Und der Menſch dort unter ſeinen Weltenſternen und
mit ſeinem Millionenjahre-Zeitbegriff ſtützte den Kopf auf
und ſchmollte. Trübe Welt. Dumme Welt. Unberechenbare
Welt .....

[Abbildung]

Träume. Aber wenn du ſo tief ins Philoſophiſche willſt,
haſt du überhaupt nichts als Träume und Analogien. Immer,
wohin du auch ſiehſt und was du auch ſiehſt: immer haſt du
nur Schnittflächen von Entwickelungen.

In jedem Stäubchen ſchachteln ſich Welten zuſammen.
In jedem Fall eines Stäubchens rauſcht die Entwickelungswelle
von Welten an dir vorbei.

Ändere dir den Größenblick und jedes Tröpfchen Lebens¬
ſubſtanz deines Gehirns umfaßt Siriusweiten, Räume, durch
die das Licht hundert Jahre zum Fluge brauchte. Ändere
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[336/0352] Netzhaut kitzelte durch einen Lichtreiz, — war eigentlich nur die barbariſche Urform ſeiner Geiſtwerdung, da es noch rein als Glut ausfloß; für die Entwickelungsform des Intellektuellen, die erſt nachfolgte, hatte er keinerlei Sinn von ſeinem Stand¬ punkt aus. Ihm aber war mit dem Aufhören dieſes plumpen Netz¬ haut-Reizes einfach „alles zu Ende“. Was ſollte auch in Zeit von ein paar Stunden ſich da viel entwickelt haben! Dummheit. Es war eben eine müßige Naturverſchwendung, ſolcher Stern. Ein himmliſches Samentierchen, das nicht in die forttreibende Lebenswelle, ſondern auf die kalte Leinewand gefallen und dort alsbald wieder verdurſtet, vertrocknet war. Sie warfen mit ungleichen Würfeln da oben. Dieſer nichts und jener alles. Trübe Welt! Und der Menſch dort unter ſeinen Weltenſternen und mit ſeinem Millionenjahre-Zeitbegriff ſtützte den Kopf auf und ſchmollte. Trübe Welt. Dumme Welt. Unberechenbare Welt ..... [Abbildung] Träume. Aber wenn du ſo tief ins Philoſophiſche willſt, haſt du überhaupt nichts als Träume und Analogien. Immer, wohin du auch ſiehſt und was du auch ſiehſt: immer haſt du nur Schnittflächen von Entwickelungen. In jedem Stäubchen ſchachteln ſich Welten zuſammen. In jedem Fall eines Stäubchens rauſcht die Entwickelungswelle von Welten an dir vorbei. Ändere dir den Größenblick und jedes Tröpfchen Lebens¬ ſubſtanz deines Gehirns umfaßt Siriusweiten, Räume, durch die das Licht hundert Jahre zum Fluge brauchte. Ändere ihn, — und unſer ganzes Fixſternſyſtem ſchmilzt zu einem Tröpfchen ein in einem Gehirn, und die Sonne dort iſt ein

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/352>, abgerufen am 22.11.2024.