Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.nächsten Jahr. Denn kaum sind ein paar Tage über der Mit ihm im Leibe trennt sich nach Ablauf der vier Monate Beide treiben sich jetzt unabhängig voneinander, als hätte Die Jungenpflege selbst ist rührend und treu über alle Ganz an die Lachse erinnert dabei der Umstand, daß die Überschaust du aber das groteske Bild in seiner Gesamtheit, nächſten Jahr. Denn kaum ſind ein paar Tage über der Mit ihm im Leibe trennt ſich nach Ablauf der vier Monate Beide treiben ſich jetzt unabhängig voneinander, als hätte Die Jungenpflege ſelbſt iſt rührend und treu über alle Ganz an die Lachſe erinnert dabei der Umſtand, daß die Überſchauſt du aber das groteske Bild in ſeiner Geſamtheit, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0192" n="178"/><hi rendition="#g">nächſten Jahr</hi>. Denn kaum ſind ein paar Tage über der<lb/> Niederkunft vergangen, ſo regt ſich auch in den Weibern die<lb/> Brunſt, — die Liebe beider Geſchlechter begegnet ſich und ihr<lb/> Gipfel iſt die Zeugung eines neuen Familienſprößlings.</p><lb/> <p>Mit ihm im Leibe trennt ſich nach Ablauf der vier Monate<lb/> die Ehefrau vom Ehemann.</p><lb/> <p>Beide treiben ſich jetzt unabhängig voneinander, als hätte<lb/> nie eine Ehe exiſtiert, im freien Weltmeer herum, bis nach<lb/> vielen Monaten im Manne die neue Brunſt, im Weibe das<lb/> Nahen der Geburt ſich meldet — und nun reſtituiert die Heim¬<lb/> kehr zum alten Fleck die Ehe alsbald, als wäre nichts paſſiert!</p><lb/> <p>Die Jungenpflege ſelbſt iſt rührend und treu über alle<lb/> Maßen. In der Liebe dagegen giebt es natürlich auch hier<lb/> noch allerlei Möglichkeiten. Die Begattung vollzieht ſich (im<lb/> Gegenſatz zum Jungenſäugen) bei dieſen ungeſchlachten Walzen¬<lb/> leibern bequemer im Waſſer und wird alſo gern auch dorthin<lb/> verlegt. Das ſchafft aber wieder Gelegenheiten für erotiſche<lb/> Diebe: dem herumlungernden jungen Volk glückt es, die eine<lb/> oder andere Ehefrau, wenn ſie ſchon einmal ſich auch im Waſſer<lb/> herumtreibt, abzufaſſen und nebenher zu lieben. Und dies¬<lb/> mal hat <hi rendition="#g">ſie</hi>, in Brunſt wie ſie jetzt iſt, weniger, ſcheint es,<lb/> dagegen, zumal wenn ihr echter Gebieter allmählich doch etwas<lb/> ſehr ins Patriarchenalter gerät.</p><lb/> <p>Ganz an die Lachſe erinnert dabei der Umſtand, daß die<lb/> Geſellſchaft, Herren wie Damen, während dieſes ganzen Bade¬<lb/> aufenthaltes am Wochen- und Flirtſtrande keinerlei Nahrung<lb/> zu ſich nimmt. Die Ehe iſt hier freiwillig, was ſie bei uns<lb/> vielfach unfreiwillig iſt: die reine Hungerkur. Man merkt<lb/> eben, wie das freie Ozeanleben füttert: als die vollkommenen,<lb/> ſchwimmenden Speckſchwarten kommen dieſe ſchweren Walzen ins<lb/> Eheland, genugſam verproviantiert, um ihre ganze Arbeit vier<lb/> Monate lang auf andere Ziele zu richten als den faulen Bauch.</p><lb/> <p>Überſchauſt du aber das groteske Bild in ſeiner Geſamtheit,<lb/> ſo führt es dich, wie ich meine, geradezu packend mitten in<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [178/0192]
nächſten Jahr. Denn kaum ſind ein paar Tage über der
Niederkunft vergangen, ſo regt ſich auch in den Weibern die
Brunſt, — die Liebe beider Geſchlechter begegnet ſich und ihr
Gipfel iſt die Zeugung eines neuen Familienſprößlings.
Mit ihm im Leibe trennt ſich nach Ablauf der vier Monate
die Ehefrau vom Ehemann.
Beide treiben ſich jetzt unabhängig voneinander, als hätte
nie eine Ehe exiſtiert, im freien Weltmeer herum, bis nach
vielen Monaten im Manne die neue Brunſt, im Weibe das
Nahen der Geburt ſich meldet — und nun reſtituiert die Heim¬
kehr zum alten Fleck die Ehe alsbald, als wäre nichts paſſiert!
Die Jungenpflege ſelbſt iſt rührend und treu über alle
Maßen. In der Liebe dagegen giebt es natürlich auch hier
noch allerlei Möglichkeiten. Die Begattung vollzieht ſich (im
Gegenſatz zum Jungenſäugen) bei dieſen ungeſchlachten Walzen¬
leibern bequemer im Waſſer und wird alſo gern auch dorthin
verlegt. Das ſchafft aber wieder Gelegenheiten für erotiſche
Diebe: dem herumlungernden jungen Volk glückt es, die eine
oder andere Ehefrau, wenn ſie ſchon einmal ſich auch im Waſſer
herumtreibt, abzufaſſen und nebenher zu lieben. Und dies¬
mal hat ſie, in Brunſt wie ſie jetzt iſt, weniger, ſcheint es,
dagegen, zumal wenn ihr echter Gebieter allmählich doch etwas
ſehr ins Patriarchenalter gerät.
Ganz an die Lachſe erinnert dabei der Umſtand, daß die
Geſellſchaft, Herren wie Damen, während dieſes ganzen Bade¬
aufenthaltes am Wochen- und Flirtſtrande keinerlei Nahrung
zu ſich nimmt. Die Ehe iſt hier freiwillig, was ſie bei uns
vielfach unfreiwillig iſt: die reine Hungerkur. Man merkt
eben, wie das freie Ozeanleben füttert: als die vollkommenen,
ſchwimmenden Speckſchwarten kommen dieſe ſchweren Walzen ins
Eheland, genugſam verproviantiert, um ihre ganze Arbeit vier
Monate lang auf andere Ziele zu richten als den faulen Bauch.
Überſchauſt du aber das groteske Bild in ſeiner Geſamtheit,
ſo führt es dich, wie ich meine, geradezu packend mitten in
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