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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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gesprochen, von Gummiartikeln der Natur, um trotz des förm¬
lichen Zwanges zu Mischakten um die Konzeption herumzukommen.

Doch das alles ist eben dort wieder als Organ, als unmittel¬
bare Körperanlage entwickelt. Du kannst Säugetiersamen auf
Fischeier gießen, so viel du willst: es entsteht kein Fischmensch,
denn die Keimsubstanz hat eben selber ihr Gesetz in sich, das
trotz aller äußerlichen Berührung die wahre, innerlichste Mischung,
die echte Konzeption, verhindert.

Wie nun der Mensch sonst alles Naturkönnen in seinem
Geiste zu einen beginnt, um es fortan von höherer Basis aus
mit seinen Mitteln bewußt fortzusetzen zum großen Weltenziel,
so ist es an und für sich gewiß eine reine und notwendige
Sache, daß er auch dieses Reservemittel für mögliche Mißver¬
ständnisse bewußt in seine Hand bekomme. Wenn er der Stärke
der erotischen Triebe gegenüber (die als solche so nötig sind,
wie etwa in der Blüte der Zwitterbau aus anderen Gründen
für sich nötig war) unter Umständen den Mischakt nicht hemmen
kann in seinem äußerlichen Verlaufe, -- so ist es von enormster
Wichtigkeit, daß er in ganz bestimmten Fällen doch die wahre
Einigung der Eizelle mit der Samenzelle, aus der der neue
Mensch ersprießt, hemme.

Ich meine, an diesem Gedanken ist gerade vom hohen
Gesichtspunkt aus nicht zu rütteln. Je mehr wir die furcht¬
baren Schäden einzusehen beginnen, die ein planloses Weiter¬
vererben krankhafter Körperveranlagungen anrichtet, -- je mehr
wir begreifen, daß wir mit einem Vererbungsgesetz wirtschaften
müssen, daß alle Sünden unrettbar bis ins siebenmal siebente
Glied an unseren Nachkommen heimsucht, -- desto stärker muß
uns die Pflicht fassen, hier gegenzusteuern, soviel jeder kann.

Der einzelne Mensch muß ja nicht notwendig sich durch
leibliche Kinder in Kontakt mit der Menschheit, mit der Zukunft
halten. Er ist doch Mensch, und der Mensch hat noch andere
Wege. Ich kann auch Liebe säen, aufopfernde Menschenliebe, die
fortwirkt. Ich kann Bücher schreiben, die unendlich weiter

geſprochen, von Gummiartikeln der Natur, um trotz des förm¬
lichen Zwanges zu Miſchakten um die Konzeption herumzukommen.

Doch das alles iſt eben dort wieder als Organ, als unmittel¬
bare Körperanlage entwickelt. Du kannſt Säugetierſamen auf
Fiſcheier gießen, ſo viel du willſt: es entſteht kein Fiſchmenſch,
denn die Keimſubſtanz hat eben ſelber ihr Geſetz in ſich, das
trotz aller äußerlichen Berührung die wahre, innerlichſte Miſchung,
die echte Konzeption, verhindert.

Wie nun der Menſch ſonſt alles Naturkönnen in ſeinem
Geiſte zu einen beginnt, um es fortan von höherer Baſis aus
mit ſeinen Mitteln bewußt fortzuſetzen zum großen Weltenziel,
ſo iſt es an und für ſich gewiß eine reine und notwendige
Sache, daß er auch dieſes Reſervemittel für mögliche Mißver¬
ſtändniſſe bewußt in ſeine Hand bekomme. Wenn er der Stärke
der erotiſchen Triebe gegenüber (die als ſolche ſo nötig ſind,
wie etwa in der Blüte der Zwitterbau aus anderen Gründen
für ſich nötig war) unter Umſtänden den Miſchakt nicht hemmen
kann in ſeinem äußerlichen Verlaufe, — ſo iſt es von enormſter
Wichtigkeit, daß er in ganz beſtimmten Fällen doch die wahre
Einigung der Eizelle mit der Samenzelle, aus der der neue
Menſch erſprießt, hemme.

Ich meine, an dieſem Gedanken iſt gerade vom hohen
Geſichtspunkt aus nicht zu rütteln. Je mehr wir die furcht¬
baren Schäden einzuſehen beginnen, die ein planloſes Weiter¬
vererben krankhafter Körperveranlagungen anrichtet, — je mehr
wir begreifen, daß wir mit einem Vererbungsgeſetz wirtſchaften
müſſen, daß alle Sünden unrettbar bis ins ſiebenmal ſiebente
Glied an unſeren Nachkommen heimſucht, — deſto ſtärker muß
uns die Pflicht faſſen, hier gegenzuſteuern, ſoviel jeder kann.

Der einzelne Menſch muß ja nicht notwendig ſich durch
leibliche Kinder in Kontakt mit der Menſchheit, mit der Zukunft
halten. Er iſt doch Menſch, und der Menſch hat noch andere
Wege. Ich kann auch Liebe ſäen, aufopfernde Menſchenliebe, die
fortwirkt. Ich kann Bücher ſchreiben, die unendlich weiter

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[256/0270] geſprochen, von Gummiartikeln der Natur, um trotz des förm¬ lichen Zwanges zu Miſchakten um die Konzeption herumzukommen. Doch das alles iſt eben dort wieder als Organ, als unmittel¬ bare Körperanlage entwickelt. Du kannſt Säugetierſamen auf Fiſcheier gießen, ſo viel du willſt: es entſteht kein Fiſchmenſch, denn die Keimſubſtanz hat eben ſelber ihr Geſetz in ſich, das trotz aller äußerlichen Berührung die wahre, innerlichſte Miſchung, die echte Konzeption, verhindert. Wie nun der Menſch ſonſt alles Naturkönnen in ſeinem Geiſte zu einen beginnt, um es fortan von höherer Baſis aus mit ſeinen Mitteln bewußt fortzuſetzen zum großen Weltenziel, ſo iſt es an und für ſich gewiß eine reine und notwendige Sache, daß er auch dieſes Reſervemittel für mögliche Mißver¬ ſtändniſſe bewußt in ſeine Hand bekomme. Wenn er der Stärke der erotiſchen Triebe gegenüber (die als ſolche ſo nötig ſind, wie etwa in der Blüte der Zwitterbau aus anderen Gründen für ſich nötig war) unter Umſtänden den Miſchakt nicht hemmen kann in ſeinem äußerlichen Verlaufe, — ſo iſt es von enormſter Wichtigkeit, daß er in ganz beſtimmten Fällen doch die wahre Einigung der Eizelle mit der Samenzelle, aus der der neue Menſch erſprießt, hemme. Ich meine, an dieſem Gedanken iſt gerade vom hohen Geſichtspunkt aus nicht zu rütteln. Je mehr wir die furcht¬ baren Schäden einzuſehen beginnen, die ein planloſes Weiter¬ vererben krankhafter Körperveranlagungen anrichtet, — je mehr wir begreifen, daß wir mit einem Vererbungsgeſetz wirtſchaften müſſen, daß alle Sünden unrettbar bis ins ſiebenmal ſiebente Glied an unſeren Nachkommen heimſucht, — deſto ſtärker muß uns die Pflicht faſſen, hier gegenzuſteuern, ſoviel jeder kann. Der einzelne Menſch muß ja nicht notwendig ſich durch leibliche Kinder in Kontakt mit der Menſchheit, mit der Zukunft halten. Er iſt doch Menſch, und der Menſch hat noch andere Wege. Ich kann auch Liebe ſäen, aufopfernde Menſchenliebe, die fortwirkt. Ich kann Bücher ſchreiben, die unendlich weiter

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/270>, abgerufen am 21.11.2024.