Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.aller Männer des Stammes auf alle Weiber anzusehen, das [Abbildung]
Als eine Variante dieses jus primae noctis des Gewalt¬ Das gangbare Beispiel stammt aus dem alten Babylon. aller Männer des Stammes auf alle Weiber anzuſehen, das [Abbildung]
Als eine Variante dieſes jus primae noctis des Gewalt¬ Das gangbare Beiſpiel ſtammt aus dem alten Babylon. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0290" n="276"/> aller Männer des Stammes auf alle Weiber anzuſehen, das<lb/> ſich ſymboliſch endlich in dem Stammeschef konzentriert hätte:<lb/> indem ſie ſich von ihm entjungfern ließ, ſoll die Braut ſich<lb/> ſymboliſch noch einmal von dem großen Stammesbeſitz für die<lb/> Privatehe losgekauft haben. Was wird wohl jener Chef des<lb/> erwähnten modernen Warenhauſes von ſolcher ſymboliſchen<lb/> Rettung prähiſtoriſcher Geſellſchaftszuſtände wiſſen! Er probiert<lb/> einfach das alte Pavianprinzip aus eigener Machtmöglichkeit<lb/> heraus neu, wie es millionenfach ſo probiert worden iſt. Ge¬<lb/> legentlich, wo die Macht lange unbeirrt ſo beſtand, mag ſich<lb/> das zu einem „Recht“ wirklich geformt haben. Aber jene<lb/> Gegenſtrömung hat es ebenſo oft wieder ausgemerzt und ſie<lb/> wird es heute an allen ſolchen „Machtſtellen“ immer wieder<lb/> ſchließlich ausmerzen. Um fort und fort noch lebendige Mög¬<lb/> lichkeiten der Menſchen handelt es ſich hier wie in ſo vielen<lb/> Fällen, — nicht um Symbole und Reliquien. Die Möglich¬<lb/> keit ſpinnt ſich vom Pavian des Urwalds bis zu uns im blauen<lb/> elektriſchen Licht der Großſtadt. Daß ſie ſchon einmal inner¬<lb/> halb dieſer Linie abſolut erfüllt und dann erſt wieder zurück¬<lb/> gedrängt wäre, iſt pure Konſtruktion ohne jeden Grund.</p><lb/> <figure/> <p>Als eine Variante dieſes <hi rendition="#aq">jus primae noctis</hi> des Gewalt¬<lb/> herrn iſt das religiöſe Jungfrauenopfer dann ausgeſpielt<lb/> worden.</p><lb/> <p>Das gangbare Beiſpiel ſtammt aus dem alten Babylon.<lb/> Ehe das Mädchen heiraten darf, muß es in den Tempel der<lb/> Venus Melytta gehen und ſich dort einem unbekannten Manne<lb/> preisgeben. In dieſer Grundform ſollte auch ein uralter Ge¬<lb/> ſellſchaftsbeweis liegen. Die Frau kaufte ſich auch durch dieſen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [276/0290]
aller Männer des Stammes auf alle Weiber anzuſehen, das
ſich ſymboliſch endlich in dem Stammeschef konzentriert hätte:
indem ſie ſich von ihm entjungfern ließ, ſoll die Braut ſich
ſymboliſch noch einmal von dem großen Stammesbeſitz für die
Privatehe losgekauft haben. Was wird wohl jener Chef des
erwähnten modernen Warenhauſes von ſolcher ſymboliſchen
Rettung prähiſtoriſcher Geſellſchaftszuſtände wiſſen! Er probiert
einfach das alte Pavianprinzip aus eigener Machtmöglichkeit
heraus neu, wie es millionenfach ſo probiert worden iſt. Ge¬
legentlich, wo die Macht lange unbeirrt ſo beſtand, mag ſich
das zu einem „Recht“ wirklich geformt haben. Aber jene
Gegenſtrömung hat es ebenſo oft wieder ausgemerzt und ſie
wird es heute an allen ſolchen „Machtſtellen“ immer wieder
ſchließlich ausmerzen. Um fort und fort noch lebendige Mög¬
lichkeiten der Menſchen handelt es ſich hier wie in ſo vielen
Fällen, — nicht um Symbole und Reliquien. Die Möglich¬
keit ſpinnt ſich vom Pavian des Urwalds bis zu uns im blauen
elektriſchen Licht der Großſtadt. Daß ſie ſchon einmal inner¬
halb dieſer Linie abſolut erfüllt und dann erſt wieder zurück¬
gedrängt wäre, iſt pure Konſtruktion ohne jeden Grund.
[Abbildung]
Als eine Variante dieſes jus primae noctis des Gewalt¬
herrn iſt das religiöſe Jungfrauenopfer dann ausgeſpielt
worden.
Das gangbare Beiſpiel ſtammt aus dem alten Babylon.
Ehe das Mädchen heiraten darf, muß es in den Tempel der
Venus Melytta gehen und ſich dort einem unbekannten Manne
preisgeben. In dieſer Grundform ſollte auch ein uralter Ge¬
ſellſchaftsbeweis liegen. Die Frau kaufte ſich auch durch dieſen
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