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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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Gruppen südwärts ab, während eine Auslese weiterkämpfte. Du
kannst dir dabei ruhig denken, daß schon vorher gewisse Rassen¬
verschiedenheiten bestanden, wenn du willst. Der Enthaarungs¬
prozeß wird in dem ganzen Nordring des kälterwerdenden
Gebietes gewaltet haben, einerlei, ob da schon verschiedene
Grundrassen saßen, er betraf dann eben aus gleicher Wurzel
alle. Doch ist das Nebensache, wie weit du mit den Rassen
zurückgehen willst. Resultat war jedenfalls: einerseits eine zu¬
nehmende Eroberung der Erde nach Süden zu durch die von der
immer wachsenden Kälte schließlich doch abgestoßenen Menschheits¬
elemente. Und das Übrigbleiben einer nordischen Elite-Rasse
am Ende der Eiszeit, die den Kampf mit immer wachsender
Kulturkraft bestanden hatte.

Als nach Abzug der Eiszeit auch diese beste Zuchtrasse
anfing, sich auszubreiten, wenigstens in die gemäßigte Zone
mehr und mehr hinein, -- da bildete sie sofort in höherem
Sinne die "Kultur-Menschheit" gegenüber jenen früher ab¬
geströmten Massen, die im Süden als "Wilde" saßen. Es
muß in den Verhältnissen der Eiszeit gelegen haben, daß dieses
engere Kulturvolk wesentlich sich auf die alte Welt konzentrierte,
Nordamerika scheint völlig verödet und erst nachträglich wieder
bevölkert worden zu sein. Doch sei auch das dahingestellt.
Jedenfalls ist es jene Elite, von Skandinavien bis an das
Mittelmeer und tief nach Asien hinein ausgedehnt, die im
ersten Morgenstrahl der Geschichte als "die Kultur" in den
alten Reichen auftaucht, -- "die Kultur", gegen die drüben
wie eine ungeformte, nicht mitgerissene Teigmasse der Neger,
und sonst der Wilde stehen. Und dabei ist höchst bezeichnend,
daß der Kulturbegriff sich im wesentlichen fortan deckt mit dem
Begriff des bekleideten Menschen, während der Naturmensch, der
Wilde, als nackt gilt. Denke an einen symbolischen Höhepunkt:
die verpanzerten Spanier des Kolumbus vor den "nackten"
Indianern Mittelamerikas. Der bekleidete Nordmensch war
geradlinig weiter gestiegen, -- der unbekleidete Südmensch hatte

Gruppen ſüdwärts ab, während eine Ausleſe weiterkämpfte. Du
kannſt dir dabei ruhig denken, daß ſchon vorher gewiſſe Raſſen¬
verſchiedenheiten beſtanden, wenn du willſt. Der Enthaarungs¬
prozeß wird in dem ganzen Nordring des kälterwerdenden
Gebietes gewaltet haben, einerlei, ob da ſchon verſchiedene
Grundraſſen ſaßen, er betraf dann eben aus gleicher Wurzel
alle. Doch iſt das Nebenſache, wie weit du mit den Raſſen
zurückgehen willſt. Reſultat war jedenfalls: einerſeits eine zu¬
nehmende Eroberung der Erde nach Süden zu durch die von der
immer wachſenden Kälte ſchließlich doch abgeſtoßenen Menſchheits¬
elemente. Und das Übrigbleiben einer nordiſchen Elite-Raſſe
am Ende der Eiszeit, die den Kampf mit immer wachſender
Kulturkraft beſtanden hatte.

Als nach Abzug der Eiszeit auch dieſe beſte Zuchtraſſe
anfing, ſich auszubreiten, wenigſtens in die gemäßigte Zone
mehr und mehr hinein, — da bildete ſie ſofort in höherem
Sinne die „Kultur-Menſchheit“ gegenüber jenen früher ab¬
geſtrömten Maſſen, die im Süden als „Wilde“ ſaßen. Es
muß in den Verhältniſſen der Eiszeit gelegen haben, daß dieſes
engere Kulturvolk weſentlich ſich auf die alte Welt konzentrierte,
Nordamerika ſcheint völlig verödet und erſt nachträglich wieder
bevölkert worden zu ſein. Doch ſei auch das dahingeſtellt.
Jedenfalls iſt es jene Elite, von Skandinavien bis an das
Mittelmeer und tief nach Aſien hinein ausgedehnt, die im
erſten Morgenſtrahl der Geſchichte als „die Kultur“ in den
alten Reichen auftaucht, — „die Kultur“, gegen die drüben
wie eine ungeformte, nicht mitgeriſſene Teigmaſſe der Neger,
und ſonſt der Wilde ſtehen. Und dabei iſt höchſt bezeichnend,
daß der Kulturbegriff ſich im weſentlichen fortan deckt mit dem
Begriff des bekleideten Menſchen, während der Naturmenſch, der
Wilde, als nackt gilt. Denke an einen ſymboliſchen Höhepunkt:
die verpanzerten Spanier des Kolumbus vor den „nackten“
Indianern Mittelamerikas. Der bekleidete Nordmenſch war
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[80/0094] Gruppen ſüdwärts ab, während eine Ausleſe weiterkämpfte. Du kannſt dir dabei ruhig denken, daß ſchon vorher gewiſſe Raſſen¬ verſchiedenheiten beſtanden, wenn du willſt. Der Enthaarungs¬ prozeß wird in dem ganzen Nordring des kälterwerdenden Gebietes gewaltet haben, einerlei, ob da ſchon verſchiedene Grundraſſen ſaßen, er betraf dann eben aus gleicher Wurzel alle. Doch iſt das Nebenſache, wie weit du mit den Raſſen zurückgehen willſt. Reſultat war jedenfalls: einerſeits eine zu¬ nehmende Eroberung der Erde nach Süden zu durch die von der immer wachſenden Kälte ſchließlich doch abgeſtoßenen Menſchheits¬ elemente. Und das Übrigbleiben einer nordiſchen Elite-Raſſe am Ende der Eiszeit, die den Kampf mit immer wachſender Kulturkraft beſtanden hatte. Als nach Abzug der Eiszeit auch dieſe beſte Zuchtraſſe anfing, ſich auszubreiten, wenigſtens in die gemäßigte Zone mehr und mehr hinein, — da bildete ſie ſofort in höherem Sinne die „Kultur-Menſchheit“ gegenüber jenen früher ab¬ geſtrömten Maſſen, die im Süden als „Wilde“ ſaßen. Es muß in den Verhältniſſen der Eiszeit gelegen haben, daß dieſes engere Kulturvolk weſentlich ſich auf die alte Welt konzentrierte, Nordamerika ſcheint völlig verödet und erſt nachträglich wieder bevölkert worden zu ſein. Doch ſei auch das dahingeſtellt. Jedenfalls iſt es jene Elite, von Skandinavien bis an das Mittelmeer und tief nach Aſien hinein ausgedehnt, die im erſten Morgenſtrahl der Geſchichte als „die Kultur“ in den alten Reichen auftaucht, — „die Kultur“, gegen die drüben wie eine ungeformte, nicht mitgeriſſene Teigmaſſe der Neger, und ſonſt der Wilde ſtehen. Und dabei iſt höchſt bezeichnend, daß der Kulturbegriff ſich im weſentlichen fortan deckt mit dem Begriff des bekleideten Menſchen, während der Naturmenſch, der Wilde, als nackt gilt. Denke an einen ſymboliſchen Höhepunkt: die verpanzerten Spanier des Kolumbus vor den „nackten“ Indianern Mittelamerikas. Der bekleidete Nordmenſch war geradlinig weiter geſtiegen, — der unbekleidete Südmenſch hatte

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/94>, abgerufen am 21.11.2024.