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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.

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kerne ausspeien. Schreibt doch einmal der alte
Junge: "que vos regards etaient tendres hier!
Combien ils le sont depuis quelque temps! Ah!
Sophie, vous ne m'aimiez pas assez si vous
m'aimez aujourd'hui davantage.
" O! das ist
noch kühl gegen das Uebrige, er schreibt oft mit ko¬
chender Dinte.

-- Haben Sie in der gestrigen französischen
Zeitung die Rede gelesen, welche August Perrier für
die Juden gehalten? darin bekommen auch die Frank¬
furter Kaufleute einen tüchtigen Hieb, indem gesagt
wird, wie sie aus Handelsneid in den freien Städten
die Juden verfolgen.

-- Schreiben Sie mir doch genau und um¬
ständlich, ob man bei uns an den Krieg glaubt.
Nach den gestrigen Nachrichten hätten Frankreich und
England vor einigen Tagen eine Offensiv- und De¬
fensiv-Allianz geschlossen. Es wäre schön, wenn
das wahr wäre; dann wäre es doch endlich einmal
dahin gekommen, wohin es früher oder später kommen
muß, zum strengen Gegensatze der feindlichen Ele¬
mente: die Freiheit hier, die Despotie dort -- und
jetzt schlagt Euch, ich sehe zu. Ich weiß wahrhaftig
noch nicht, was ich thue, wenn es Krieg gibt, ob
ich unter die Kavallerie, oder die Infanterie gehe,
oder unter dem Federvolk diene; denn thun muß ich
etwas. Sie werden auf jeden Fall mein Knappe,

kerne ausſpeien. Schreibt doch einmal der alte
Junge: „que vos regards étaient tendres hier!
Combien ils le sont depuis quelque temps! Ah!
Sophie, vous ne m'aimiez pas assez si vous
m'aimez aujourd'hui davantage.
“ O! das iſt
noch kühl gegen das Uebrige, er ſchreibt oft mit ko¬
chender Dinte.

— Haben Sie in der geſtrigen franzöſiſchen
Zeitung die Rede geleſen, welche Auguſt Perrier für
die Juden gehalten? darin bekommen auch die Frank¬
furter Kaufleute einen tüchtigen Hieb, indem geſagt
wird, wie ſie aus Handelsneid in den freien Städten
die Juden verfolgen.

— Schreiben Sie mir doch genau und um¬
ſtändlich, ob man bei uns an den Krieg glaubt.
Nach den geſtrigen Nachrichten hätten Frankreich und
England vor einigen Tagen eine Offenſiv- und De¬
fenſiv-Allianz geſchloſſen. Es wäre ſchön, wenn
das wahr wäre; dann wäre es doch endlich einmal
dahin gekommen, wohin es früher oder ſpäter kommen
muß, zum ſtrengen Gegenſatze der feindlichen Ele¬
mente: die Freiheit hier, die Despotie dort — und
jetzt ſchlagt Euch, ich ſehe zu. Ich weiß wahrhaftig
noch nicht, was ich thue, wenn es Krieg gibt, ob
ich unter die Kavallerie, oder die Infanterie gehe,
oder unter dem Federvolk diene; denn thun muß ich
etwas. Sie werden auf jeden Fall mein Knappe,

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[112/0126] kerne ausſpeien. Schreibt doch einmal der alte Junge: „que vos regards étaient tendres hier! Combien ils le sont depuis quelque temps! Ah! Sophie, vous ne m'aimiez pas assez si vous m'aimez aujourd'hui davantage.“ O! das iſt noch kühl gegen das Uebrige, er ſchreibt oft mit ko¬ chender Dinte. — Haben Sie in der geſtrigen franzöſiſchen Zeitung die Rede geleſen, welche Auguſt Perrier für die Juden gehalten? darin bekommen auch die Frank¬ furter Kaufleute einen tüchtigen Hieb, indem geſagt wird, wie ſie aus Handelsneid in den freien Städten die Juden verfolgen. — Schreiben Sie mir doch genau und um¬ ſtändlich, ob man bei uns an den Krieg glaubt. Nach den geſtrigen Nachrichten hätten Frankreich und England vor einigen Tagen eine Offenſiv- und De¬ fenſiv-Allianz geſchloſſen. Es wäre ſchön, wenn das wahr wäre; dann wäre es doch endlich einmal dahin gekommen, wohin es früher oder ſpäter kommen muß, zum ſtrengen Gegenſatze der feindlichen Ele¬ mente: die Freiheit hier, die Despotie dort — und jetzt ſchlagt Euch, ich ſehe zu. Ich weiß wahrhaftig noch nicht, was ich thue, wenn es Krieg gibt, ob ich unter die Kavallerie, oder die Infanterie gehe, oder unter dem Federvolk diene; denn thun muß ich etwas. Sie werden auf jeden Fall mein Knappe,

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/126>, abgerufen am 22.12.2024.