Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

kleinen Eschenheimer Gasse, hinter der
schlimmen Mauer und den übrigen Frankfurter
Gassen, die in der Nähe des Taxischen Palastes
liegen. Den kleinen guten Gedanken: was würde
Herr von Münch-Bellinghausen thun, wenn sich ein¬
mal sein Kutscher erkühnte, von Preßfreiheit zu spre¬
chen und würde ihm das nicht Anlaß geben, eine
vertrauliche Sitzung der hohen Bundes-Versammlung
zu veranstalten und darin auf schärfere Zensur in
den Bundesstaaten anzutragen? -- diesen habe ich
jetzt in diesem Augenblicke erst, und ihn ganz allein
der Verzweiflung der Langenweile zu verdanken; im
Tagebuch steht nichts davon Ist das nicht sehr
traurig?

-- Man reist jetzt auf der Diligence unglaub¬
lich wohlfeil. Der Platz von Strasburg bis Paris,
kostet nicht mehr als 20 Franken, im Kabriolet 26.
Diese Wohlfeilheit kömmt daher, weil es drei ver¬
schiedene Unternehmungen gibt, die sich wechselseitig
zu Grunde zu richten suchen. Bei solchen niedrigen
Preisen, haben die Aktionärs großen Verlust, den sie
nicht lange ertragen können. Es kömmt jetzt darauf
an, wer es am längsten aushält. Von Chalons bis
Paris gehen täglich, die Malle-Poste ungerechnet,
sechs Diligencen, drei von Metz, drei von Stras¬
burg kommend. Unter diesen sieben Loosen habe ich
schon drei Nieten gezogen, denn in den drei Wagen,

kleinen Eſchenheimer Gaſſe, hinter der
ſchlimmen Mauer und den übrigen Frankfurter
Gaſſen, die in der Nähe des Taxiſchen Palaſtes
liegen. Den kleinen guten Gedanken: was würde
Herr von Münch-Bellinghauſen thun, wenn ſich ein¬
mal ſein Kutſcher erkühnte, von Preßfreiheit zu ſpre¬
chen und würde ihm das nicht Anlaß geben, eine
vertrauliche Sitzung der hohen Bundes-Verſammlung
zu veranſtalten und darin auf ſchärfere Zenſur in
den Bundesſtaaten anzutragen? — dieſen habe ich
jetzt in dieſem Augenblicke erſt, und ihn ganz allein
der Verzweiflung der Langenweile zu verdanken; im
Tagebuch ſteht nichts davon Iſt das nicht ſehr
traurig?

— Man reiſt jetzt auf der Diligence unglaub¬
lich wohlfeil. Der Platz von Strasburg bis Paris,
koſtet nicht mehr als 20 Franken, im Kabriolet 26.
Dieſe Wohlfeilheit kömmt daher, weil es drei ver¬
ſchiedene Unternehmungen gibt, die ſich wechſelſeitig
zu Grunde zu richten ſuchen. Bei ſolchen niedrigen
Preiſen, haben die Aktionärs großen Verluſt, den ſie
nicht lange ertragen können. Es kömmt jetzt darauf
an, wer es am längſten aushält. Von Chalons bis
Paris gehen täglich, die Malle-Poſte ungerechnet,
ſechs Diligencen, drei von Metz, drei von Stras¬
burg kommend. Unter dieſen ſieben Looſen habe ich
ſchon drei Nieten gezogen, denn in den drei Wagen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0037" n="23"/><hi rendition="#g">kleinen E&#x017F;chenheimer Ga&#x017F;&#x017F;e</hi>, hinter der<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;chlimmen Mauer</hi> und den übrigen Frankfurter<lb/>
Ga&#x017F;&#x017F;en, die in der Nähe des Taxi&#x017F;chen Pala&#x017F;tes<lb/>
liegen. Den kleinen guten Gedanken: was würde<lb/>
Herr von Münch-Bellinghau&#x017F;en thun, wenn &#x017F;ich ein¬<lb/>
mal &#x017F;ein Kut&#x017F;cher erkühnte, von Preßfreiheit zu &#x017F;pre¬<lb/>
chen und würde ihm das nicht Anlaß geben, eine<lb/>
vertrauliche Sitzung der hohen Bundes-Ver&#x017F;ammlung<lb/>
zu veran&#x017F;talten und darin auf &#x017F;chärfere Zen&#x017F;ur in<lb/>
den Bundes&#x017F;taaten anzutragen? &#x2014; die&#x017F;en habe ich<lb/>
jetzt in die&#x017F;em Augenblicke er&#x017F;t, und ihn ganz allein<lb/>
der Verzweiflung der Langenweile zu verdanken; im<lb/>
Tagebuch &#x017F;teht nichts davon I&#x017F;t das nicht &#x017F;ehr<lb/>
traurig?</p><lb/>
          <p>&#x2014; Man rei&#x017F;t jetzt auf der Diligence unglaub¬<lb/>
lich wohlfeil. Der Platz von Strasburg bis Paris,<lb/>
ko&#x017F;tet nicht mehr als 20 Franken, im Kabriolet 26.<lb/>
Die&#x017F;e Wohlfeilheit kömmt daher, weil es drei ver¬<lb/>
&#x017F;chiedene Unternehmungen gibt, die &#x017F;ich wech&#x017F;el&#x017F;eitig<lb/>
zu Grunde zu richten &#x017F;uchen. Bei &#x017F;olchen niedrigen<lb/>
Prei&#x017F;en, haben die Aktionärs großen Verlu&#x017F;t, den &#x017F;ie<lb/>
nicht lange ertragen können. Es kömmt jetzt darauf<lb/>
an, wer es am läng&#x017F;ten aushält. Von Chalons bis<lb/>
Paris gehen täglich, die Malle-Po&#x017F;te ungerechnet,<lb/>
&#x017F;echs Diligencen, drei von Metz, drei von Stras¬<lb/>
burg kommend. Unter die&#x017F;en &#x017F;ieben Loo&#x017F;en habe ich<lb/>
&#x017F;chon drei Nieten gezogen, denn in den drei Wagen,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0037] kleinen Eſchenheimer Gaſſe, hinter der ſchlimmen Mauer und den übrigen Frankfurter Gaſſen, die in der Nähe des Taxiſchen Palaſtes liegen. Den kleinen guten Gedanken: was würde Herr von Münch-Bellinghauſen thun, wenn ſich ein¬ mal ſein Kutſcher erkühnte, von Preßfreiheit zu ſpre¬ chen und würde ihm das nicht Anlaß geben, eine vertrauliche Sitzung der hohen Bundes-Verſammlung zu veranſtalten und darin auf ſchärfere Zenſur in den Bundesſtaaten anzutragen? — dieſen habe ich jetzt in dieſem Augenblicke erſt, und ihn ganz allein der Verzweiflung der Langenweile zu verdanken; im Tagebuch ſteht nichts davon Iſt das nicht ſehr traurig? — Man reiſt jetzt auf der Diligence unglaub¬ lich wohlfeil. Der Platz von Strasburg bis Paris, koſtet nicht mehr als 20 Franken, im Kabriolet 26. Dieſe Wohlfeilheit kömmt daher, weil es drei ver¬ ſchiedene Unternehmungen gibt, die ſich wechſelſeitig zu Grunde zu richten ſuchen. Bei ſolchen niedrigen Preiſen, haben die Aktionärs großen Verluſt, den ſie nicht lange ertragen können. Es kömmt jetzt darauf an, wer es am längſten aushält. Von Chalons bis Paris gehen täglich, die Malle-Poſte ungerechnet, ſechs Diligencen, drei von Metz, drei von Stras¬ burg kommend. Unter dieſen ſieben Looſen habe ich ſchon drei Nieten gezogen, denn in den drei Wagen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/37
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/37>, abgerufen am 03.05.2024.