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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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Die armen Polen werden wohl jetzt gestorben
seyn. Sie sind glücklicher als ich. Dem entsetzli¬
chen Schauplatz näher, wissen Sie schon das
Schlimmste. Seit Vorgestern habe ich keine Kraft,
eine Feder zu führen, ich konnte nicht lesen, nicht
denken, ich konnte nicht einmal weinen und beten;
nur fluchen konnte ich. Gesiegt haben die Polen
schon vier Tage lang, aber entschieden ist noch nichts,
und gestern sind gar keine Nachrichten gekommen.
Man sprach von einem Couriere, den der russische Ge¬
sandte erhalten; die Russen wären in Warschau ein¬
gerückt. Aber wenn das wahr wäre, hätte man schon
den Jubel der besoffenen Knechte gehört, an den Fest¬
tagen ihrer Herren, und die deutschen Blätter von
gestern erzählen nichts. Nicht wie Menschen, wie
Kriegsgötter selbst haben die Polen gekämpft. Sie
jagten singend den Feind, wie Knaben nach Schmet¬
terlinge jagen; sie stürzten sich auf die Kanonen und
nahmen sie, wie man Blumen bricht. Männer, Kin¬
der, Greise, drei Geschlechter, drei Zeiten waren in
der Schlacht und die Russen, wie feige Meuchelmör¬
der, schossen aus dem Dickicht der Wälder heraus.
Was wird es helfen? Jeder Sieg bringt die Po¬
len ihrem Untergange näher. Sie sind zu schwach,


Die armen Polen werden wohl jetzt geſtorben
ſeyn. Sie ſind glücklicher als ich. Dem entſetzli¬
chen Schauplatz näher, wiſſen Sie ſchon das
Schlimmſte. Seit Vorgeſtern habe ich keine Kraft,
eine Feder zu führen, ich konnte nicht leſen, nicht
denken, ich konnte nicht einmal weinen und beten;
nur fluchen konnte ich. Geſiegt haben die Polen
ſchon vier Tage lang, aber entſchieden iſt noch nichts,
und geſtern ſind gar keine Nachrichten gekommen.
Man ſprach von einem Couriere, den der ruſſiſche Ge¬
ſandte erhalten; die Ruſſen wären in Warſchau ein¬
gerückt. Aber wenn das wahr wäre, hätte man ſchon
den Jubel der beſoffenen Knechte gehört, an den Feſt¬
tagen ihrer Herren, und die deutſchen Blätter von
geſtern erzählen nichts. Nicht wie Menſchen, wie
Kriegsgötter ſelbſt haben die Polen gekämpft. Sie
jagten ſingend den Feind, wie Knaben nach Schmet¬
terlinge jagen; ſie ſtürzten ſich auf die Kanonen und
nahmen ſie, wie man Blumen bricht. Männer, Kin¬
der, Greiſe, drei Geſchlechter, drei Zeiten waren in
der Schlacht und die Ruſſen, wie feige Meuchelmör¬
der, ſchoſſen aus dem Dickicht der Wälder heraus.
Was wird es helfen? Jeder Sieg bringt die Po¬
len ihrem Untergange näher. Sie ſind zu ſchwach,

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[117/0131] Samſtag, den 5. März. Die armen Polen werden wohl jetzt geſtorben ſeyn. Sie ſind glücklicher als ich. Dem entſetzli¬ chen Schauplatz näher, wiſſen Sie ſchon das Schlimmſte. Seit Vorgeſtern habe ich keine Kraft, eine Feder zu führen, ich konnte nicht leſen, nicht denken, ich konnte nicht einmal weinen und beten; nur fluchen konnte ich. Geſiegt haben die Polen ſchon vier Tage lang, aber entſchieden iſt noch nichts, und geſtern ſind gar keine Nachrichten gekommen. Man ſprach von einem Couriere, den der ruſſiſche Ge¬ ſandte erhalten; die Ruſſen wären in Warſchau ein¬ gerückt. Aber wenn das wahr wäre, hätte man ſchon den Jubel der beſoffenen Knechte gehört, an den Feſt¬ tagen ihrer Herren, und die deutſchen Blätter von geſtern erzählen nichts. Nicht wie Menſchen, wie Kriegsgötter ſelbſt haben die Polen gekämpft. Sie jagten ſingend den Feind, wie Knaben nach Schmet¬ terlinge jagen; ſie ſtürzten ſich auf die Kanonen und nahmen ſie, wie man Blumen bricht. Männer, Kin¬ der, Greiſe, drei Geſchlechter, drei Zeiten waren in der Schlacht und die Ruſſen, wie feige Meuchelmör¬ der, ſchoſſen aus dem Dickicht der Wälder heraus. Was wird es helfen? Jeder Sieg bringt die Po¬ len ihrem Untergange näher. Sie ſind zu ſchwach,

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/131>, abgerufen am 21.11.2024.