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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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der Preßfreiheit in Frankreich, und nichts dagegen zu
thun. So hat Herr von Schlitz seinen Witz ver¬
[l]oren, die würtemberger Bauern bezahlen die stra߬
burger Reise und bekommen das Salz nicht wohlfei¬
ler als bisher. Es ist himmlisch, wie man diese
Sünder quälen kann durch ein einziges freimüthiges
Wort.

Haben Sie gelesen mit welcher schönen Rede
der König von Baiern seine lieben und getreuen
Stände begrüßt? Er hat mit ihnen gesprochen wie
ein Schulmeister mit seinen Jungen. Er sagte, es
gäbe nichts, das himmlischer wäre, als König von
Bayern zu seyn. Ach, mein Gott, ich glaube es
ihm. Wenn ich das Unglück hätte ein Fürst zu seyn,
so würde es mich etwas trösten, wenigstens ein deut¬
scher Fürst zu seyn: denn dieser erfährt erst in je¬
ner Welt, wie schwer es ist gut zu regieren, und wie
viele Dummheiten er gemacht während seines Lebens.
Der König hat ein Gesetz über die Preßfreiheit an¬
gekündigt, über -- das heißt gegen. Nun möchte
ich doch wahrhaftig wissen, was dieser Bettlerin noch
zu nehmen wäre! Und was macht die bayerische
Regierung so keck? Woher kommts, daß sie, und
sie mehr als jede andere deutsche Regierung, der öf¬
fentlichen Meinung trotzt, sie neckt, herausfordert und
quält ohne allen Gewinn für sie? Es kommt daher,
weil sie mit Frankreich einverstanden ist, weil sie auf

der Preßfreiheit in Frankreich, und nichts dagegen zu
thun. So hat Herr von Schlitz ſeinen Witz ver¬
[l]oren, die würtemberger Bauern bezahlen die ſtra߬
burger Reiſe und bekommen das Salz nicht wohlfei¬
ler als bisher. Es iſt himmliſch, wie man dieſe
Sünder quälen kann durch ein einziges freimüthiges
Wort.

Haben Sie geleſen mit welcher ſchönen Rede
der König von Baiern ſeine lieben und getreuen
Stände begrüßt? Er hat mit ihnen geſprochen wie
ein Schulmeiſter mit ſeinen Jungen. Er ſagte, es
gäbe nichts, das himmliſcher wäre, als König von
Bayern zu ſeyn. Ach, mein Gott, ich glaube es
ihm. Wenn ich das Unglück hätte ein Fürſt zu ſeyn,
ſo würde es mich etwas tröſten, wenigſtens ein deut¬
ſcher Fürſt zu ſeyn: denn dieſer erfährt erſt in je¬
ner Welt, wie ſchwer es iſt gut zu regieren, und wie
viele Dummheiten er gemacht während ſeines Lebens.
Der König hat ein Geſetz über die Preßfreiheit an¬
gekündigt, über — das heißt gegen. Nun möchte
ich doch wahrhaftig wiſſen, was dieſer Bettlerin noch
zu nehmen wäre! Und was macht die bayeriſche
Regierung ſo keck? Woher kommts, daß ſie, und
ſie mehr als jede andere deutſche Regierung, der öf¬
fentlichen Meinung trotzt, ſie neckt, herausfordert und
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[130/0144] der Preßfreiheit in Frankreich, und nichts dagegen zu thun. So hat Herr von Schlitz ſeinen Witz ver¬ loren, die würtemberger Bauern bezahlen die ſtra߬ burger Reiſe und bekommen das Salz nicht wohlfei¬ ler als bisher. Es iſt himmliſch, wie man dieſe Sünder quälen kann durch ein einziges freimüthiges Wort. Haben Sie geleſen mit welcher ſchönen Rede der König von Baiern ſeine lieben und getreuen Stände begrüßt? Er hat mit ihnen geſprochen wie ein Schulmeiſter mit ſeinen Jungen. Er ſagte, es gäbe nichts, das himmliſcher wäre, als König von Bayern zu ſeyn. Ach, mein Gott, ich glaube es ihm. Wenn ich das Unglück hätte ein Fürſt zu ſeyn, ſo würde es mich etwas tröſten, wenigſtens ein deut¬ ſcher Fürſt zu ſeyn: denn dieſer erfährt erſt in je¬ ner Welt, wie ſchwer es iſt gut zu regieren, und wie viele Dummheiten er gemacht während ſeines Lebens. Der König hat ein Geſetz über die Preßfreiheit an¬ gekündigt, über — das heißt gegen. Nun möchte ich doch wahrhaftig wiſſen, was dieſer Bettlerin noch zu nehmen wäre! Und was macht die bayeriſche Regierung ſo keck? Woher kommts, daß ſie, und ſie mehr als jede andere deutſche Regierung, der öf¬ fentlichen Meinung trotzt, ſie neckt, herausfordert und quält ohne allen Gewinn für ſie? Es kommt daher, weil ſie mit Frankreich einverſtanden iſt, weil ſie auf

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/144>, abgerufen am 21.11.2024.