Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.diesen Schutz rechnet, wenn ihre Unterthanen sich em¬ Warum wundert Sie, daß Sie von Medor 9*
dieſen Schutz rechnet, wenn ihre Unterthanen ſich em¬ Warum wundert Sie, daß Sie von Medor 9*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0145" n="131"/> dieſen Schutz rechnet, wenn ihre Unterthanen ſich em¬<lb/> pören ſollten, weil ſie ihre Unabhängigkeit nach außen,<lb/> um den Preis der Schrankenloſigkeit nach innen ver¬<lb/> kauft hat. So war es unter Napoleon auch. Die¬<lb/> ſer verſtand die deutſchen Regierungen ſehr gut. Er<lb/> wußte, daß der Deutſche gern ein Knecht <hi rendition="#g">iſt</hi>, wenn<lb/> er nur zugleich auch einen Knecht <hi rendition="#g">hat</hi>. Er machte<lb/> die deutſchen Fürſten unbeſchränkt ihren Unterthanen<lb/> gegenüber und dafür wurden ſie ſeine Unterthanen.<lb/> Das iſt die ſchöne <choice><sic>Zukuuft</sic><corr>Zukunft</corr></choice> des deutſchen Volks! Nur<lb/> ſeine Fürſten haben in einem Kampf mit Frankreich<lb/> zu gewinnen oder zu verlieren; es ſelbſt wird Schmach<lb/> und Sklaverei finden, beſiegt oder ſiegend — gleich¬<lb/> viel. Doch davon genug für heute. Alle meine Sack¬<lb/> tücher ſind bei der Wäſcherin und es wäre viel da¬<lb/> bei <choice><sic>zn</sic><corr>zu</corr></choice> weinen.</p><lb/> <p>Warum wundert Sie, daß Sie von <hi rendition="#g">Medor</hi><lb/> nicht früher gehört? habe ich doch ſelbſt erſt nach<lb/> einem Aufenthalt von fünf Monaten von ihm erfahren.<lb/> In Paris iſt ein Hund nicht mehr als in Deutſch¬<lb/> land ein Unterthan, an den man erſt denkt, wenn<lb/> er Abgaben zu zahlen hat. Von Medor fing man<lb/> erſt an zu ſprechen, als Maler, Lithographen, Bio¬<lb/> graphen, Dichter, Bänkelſänger und Hundewächter<lb/> die Erfahrung gemacht, daß mit dem Thiere etwas<lb/> zu verdienen ſei. Kürzlich hörte ich erzählen, Medor<lb/> ſei gar nicht der ächte liberale Hund, ſondern ein<lb/> <fw place="bottom" type="sig">9*<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [131/0145]
dieſen Schutz rechnet, wenn ihre Unterthanen ſich em¬
pören ſollten, weil ſie ihre Unabhängigkeit nach außen,
um den Preis der Schrankenloſigkeit nach innen ver¬
kauft hat. So war es unter Napoleon auch. Die¬
ſer verſtand die deutſchen Regierungen ſehr gut. Er
wußte, daß der Deutſche gern ein Knecht iſt, wenn
er nur zugleich auch einen Knecht hat. Er machte
die deutſchen Fürſten unbeſchränkt ihren Unterthanen
gegenüber und dafür wurden ſie ſeine Unterthanen.
Das iſt die ſchöne Zukunft des deutſchen Volks! Nur
ſeine Fürſten haben in einem Kampf mit Frankreich
zu gewinnen oder zu verlieren; es ſelbſt wird Schmach
und Sklaverei finden, beſiegt oder ſiegend — gleich¬
viel. Doch davon genug für heute. Alle meine Sack¬
tücher ſind bei der Wäſcherin und es wäre viel da¬
bei zu weinen.
Warum wundert Sie, daß Sie von Medor
nicht früher gehört? habe ich doch ſelbſt erſt nach
einem Aufenthalt von fünf Monaten von ihm erfahren.
In Paris iſt ein Hund nicht mehr als in Deutſch¬
land ein Unterthan, an den man erſt denkt, wenn
er Abgaben zu zahlen hat. Von Medor fing man
erſt an zu ſprechen, als Maler, Lithographen, Bio¬
graphen, Dichter, Bänkelſänger und Hundewächter
die Erfahrung gemacht, daß mit dem Thiere etwas
zu verdienen ſei. Kürzlich hörte ich erzählen, Medor
ſei gar nicht der ächte liberale Hund, ſondern ein
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