Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.pfangen sollte! Frankfurt ist jetzt Paris um funf¬ Mit Worten kann ich Ihnen den Eindruck nicht pfangen ſollte! Frankfurt iſt jetzt Paris um funf¬ Mit Worten kann ich Ihnen den Eindruck nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0151" n="137"/> pfangen ſollte! Frankfurt iſt jetzt Paris um funf¬<lb/> zig Stunden näher. Und die deutſche Bundes-Ver¬<lb/> ſammlung hält ihre Dummheiten wenigſtens geheim.<lb/> Ich wußte immer, daß wie hier ſo in allen Ländern<lb/> Herz nur bei dem Volke zu finden; aber jetzt erfahre<lb/> ich, daß auch der Verſtand nur bei dem Volke zu<lb/> ſuchen, und daß Regierungen, wie ohne Herz auch<lb/> ohne Verſtand ſind. Manchmal dachte ich: es iſt<lb/> nur die Maske der Dummheit, es muß dahinter et¬<lb/> was ſtecken; aber jetzt ſehe ich ein, daß die Dumm¬<lb/> heit ernſtlich gemeint iſt, und daß nichts dahinter<lb/> ſteckt, als eine noch größere Dummheit.</p><lb/> <p>Mit Worten kann ich Ihnen den Eindruck nicht<lb/> ſchildern, den Paganini in ſeinem erſten Conzerte ge¬<lb/> macht; ich könnte ihn nur auf ſeiner eignen Geige<lb/> nachſpielen, wenn ſie mein wäre. Es war eine gött¬<lb/> liche, es war eine diaboliſche Begeiſterung. Ich habe<lb/> ſo etwas in meinem Leben nicht geſehen noch gehört.<lb/> Dieſes Volk iſt verrückt und man wird es unter ihm.<lb/> Sie horchten auf, daß ihnen der Athem verging, und<lb/> das nothwendige Klopfen des Herzens ſtörte ſie und<lb/> machte ſie böſe. Als er auf die Bühne trat, noch<lb/> ehe er ſpielte, wurde er zum Willkommen mit einem<lb/> donnernden Jubel empfangen. Und da hätten Sie<lb/> dieſen Todfeind aller Tanzkunſt ſehen ſollen, in der<lb/> Verlegenheit ſeines Körpers. Er ſchwankte umher<lb/> wie ein Betrunkener. Er gab ſeinen eignen Beinen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [137/0151]
pfangen ſollte! Frankfurt iſt jetzt Paris um funf¬
zig Stunden näher. Und die deutſche Bundes-Ver¬
ſammlung hält ihre Dummheiten wenigſtens geheim.
Ich wußte immer, daß wie hier ſo in allen Ländern
Herz nur bei dem Volke zu finden; aber jetzt erfahre
ich, daß auch der Verſtand nur bei dem Volke zu
ſuchen, und daß Regierungen, wie ohne Herz auch
ohne Verſtand ſind. Manchmal dachte ich: es iſt
nur die Maske der Dummheit, es muß dahinter et¬
was ſtecken; aber jetzt ſehe ich ein, daß die Dumm¬
heit ernſtlich gemeint iſt, und daß nichts dahinter
ſteckt, als eine noch größere Dummheit.
Mit Worten kann ich Ihnen den Eindruck nicht
ſchildern, den Paganini in ſeinem erſten Conzerte ge¬
macht; ich könnte ihn nur auf ſeiner eignen Geige
nachſpielen, wenn ſie mein wäre. Es war eine gött¬
liche, es war eine diaboliſche Begeiſterung. Ich habe
ſo etwas in meinem Leben nicht geſehen noch gehört.
Dieſes Volk iſt verrückt und man wird es unter ihm.
Sie horchten auf, daß ihnen der Athem verging, und
das nothwendige Klopfen des Herzens ſtörte ſie und
machte ſie böſe. Als er auf die Bühne trat, noch
ehe er ſpielte, wurde er zum Willkommen mit einem
donnernden Jubel empfangen. Und da hätten Sie
dieſen Todfeind aller Tanzkunſt ſehen ſollen, in der
Verlegenheit ſeines Körpers. Er ſchwankte umher
wie ein Betrunkener. Er gab ſeinen eignen Beinen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |