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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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Portici? Nein sie ist nicht stumm, aber sie ver¬
steht die Sprache des Landes nicht
. Aber
wenn sie die Sprache des Landes nicht versteht, wie
kann sie sich mit den Leuten unterhalten? Man
sieht doch, daß sie auf alle Fragen durch Pantomi¬
men
Antwort gibt. Die Sache ist: die Bajadere
versteht wohl die fremde Sprache, aber bis zum
Sprechen hat sie es darin noch nicht gebracht. Nicht
einmal Ja oder Nein kann sie auf indisch sagen.
So erklärt eine Gespielin das stumme Räthsel und
so sind alle Schwierigkeiten auf das glücklichste ge¬
hoben. Und glauben sie ja nicht, das sei leicht ge¬
wesen. Es ist das Ei des Kolumbus und ich ver¬
sichere Sie, Schiller und Göthe hätten diesen Aus¬
weg nicht gefunden. Vive la France! Sterben
muß man doch einmal, und darum ist es vernünf¬
tiger, singend und trinkend zum Richtplatze zu tan¬
zen, als sich wie der betrübte Deutsche auf einer
Kuhhaut unter Pfaffengeheul dahin schleppen zu
lassen.

In dieser Oper hörte ich Madame Cinti, eine
sehr gute Sängerin, die nach einer langen Krankheit
diesen Winter zum ersten Male wieder auftrat. Sie
wurde mit einer Leidenschaft, mit einer Begeisterung

Portici? Nein ſie iſt nicht ſtumm, aber ſie ver¬
ſteht die Sprache des Landes nicht
. Aber
wenn ſie die Sprache des Landes nicht verſteht, wie
kann ſie ſich mit den Leuten unterhalten? Man
ſieht doch, daß ſie auf alle Fragen durch Pantomi¬
men
Antwort gibt. Die Sache iſt: die Bajadere
verſteht wohl die fremde Sprache, aber bis zum
Sprechen hat ſie es darin noch nicht gebracht. Nicht
einmal Ja oder Nein kann ſie auf indiſch ſagen.
So erklärt eine Geſpielin das ſtumme Räthſel und
ſo ſind alle Schwierigkeiten auf das glücklichſte ge¬
hoben. Und glauben ſie ja nicht, das ſei leicht ge¬
weſen. Es iſt das Ei des Kolumbus und ich ver¬
ſichere Sie, Schiller und Göthe hätten dieſen Aus¬
weg nicht gefunden. Vive la France! Sterben
muß man doch einmal, und darum iſt es vernünf¬
tiger, ſingend und trinkend zum Richtplatze zu tan¬
zen, als ſich wie der betrübte Deutſche auf einer
Kuhhaut unter Pfaffengeheul dahin ſchleppen zu
laſſen.

In dieſer Oper hörte ich Madame Cinti, eine
ſehr gute Sängerin, die nach einer langen Krankheit
dieſen Winter zum erſten Male wieder auftrat. Sie
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[210/0224] Portici? Nein ſie iſt nicht ſtumm, aber ſie ver¬ ſteht die Sprache des Landes nicht. Aber wenn ſie die Sprache des Landes nicht verſteht, wie kann ſie ſich mit den Leuten unterhalten? Man ſieht doch, daß ſie auf alle Fragen durch Pantomi¬ men Antwort gibt. Die Sache iſt: die Bajadere verſteht wohl die fremde Sprache, aber bis zum Sprechen hat ſie es darin noch nicht gebracht. Nicht einmal Ja oder Nein kann ſie auf indiſch ſagen. So erklärt eine Geſpielin das ſtumme Räthſel und ſo ſind alle Schwierigkeiten auf das glücklichſte ge¬ hoben. Und glauben ſie ja nicht, das ſei leicht ge¬ weſen. Es iſt das Ei des Kolumbus und ich ver¬ ſichere Sie, Schiller und Göthe hätten dieſen Aus¬ weg nicht gefunden. Vive la France! Sterben muß man doch einmal, und darum iſt es vernünf¬ tiger, ſingend und trinkend zum Richtplatze zu tan¬ zen, als ſich wie der betrübte Deutſche auf einer Kuhhaut unter Pfaffengeheul dahin ſchleppen zu laſſen. In dieſer Oper hörte ich Madame Cinti, eine ſehr gute Sängerin, die nach einer langen Krankheit dieſen Winter zum erſten Male wieder auftrat. Sie wurde mit einer Leidenſchaft, mit einer Begeiſterung

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/224>, abgerufen am 21.11.2024.