(mein deutsches Herz ging mir dabei auf, wie eine trockene Semmel in Milch). Sextett von Beethoven. Chor aus Webers Euryanthe. Ein Musikstück für Blas-Instrumente. Trio aus Rossini's Wilhelm Tell. Clavier-Solo, gespielt und componirt von Kalkbrenner. Ouvertüre aus Oberon. Aber diese Stadt der Sün¬ den, Paris -- der liebe Gott muß sie doch lieb ha¬ ben: was er nur Schönes hat, was Gutes, alles schenkt er ihr. Die schönsten Gemälde, die besten Sänger, die vortrefflichsten Componisten. Dieses eine Conzert -- was hörte man da nicht alles zugleich! Das beste Orchester der Welt. Die Aufführung der Symphonie so vollendet, daß, wie mir H*** sagt, man dieses gar nicht merke. Ich erkläre mir das in dem Sinne: um einzusehen, wie vollkommen etwas sei, muß daran noch etwas mangeln. Ist die Voll¬ kommenheit ganz erreicht, verliert man den Stand¬ punkt der Vergleichung. In einem Conzerte hör¬ ten wir: Kalkbrenner, den ersten Clavirspie¬ ler; Baillot, den ersten Violinspieler; Tü¬ lon, den ersten Flötenspieler; Voigt, den ersten Hautboisten; und Nourrit, den besten französischen Sänger. Das ganze Orchester erschien in der Na¬ tionalgarde-Uniform Baillot ist Offizier, Nourrit auch. Der eine geigte, der Andere sang mit Epau¬ lettes. Ich wollte, hannövrische Offiziere von den
(mein deutſches Herz ging mir dabei auf, wie eine trockene Semmel in Milch). Sextett von Beethoven. Chor aus Webers Euryanthe. Ein Muſikſtück für Blas-Inſtrumente. Trio aus Roſſini's Wilhelm Tell. Clavier-Solo, geſpielt und componirt von Kalkbrenner. Ouvertüre aus Oberon. Aber dieſe Stadt der Sün¬ den, Paris — der liebe Gott muß ſie doch lieb ha¬ ben: was er nur Schönes hat, was Gutes, alles ſchenkt er ihr. Die ſchönſten Gemälde, die beſten Sänger, die vortrefflichſten Componiſten. Dieſes eine Conzert — was hörte man da nicht alles zugleich! Das beſte Orcheſter der Welt. Die Aufführung der Symphonie ſo vollendet, daß, wie mir H*** ſagt, man dieſes gar nicht merke. Ich erkläre mir das in dem Sinne: um einzuſehen, wie vollkommen etwas ſei, muß daran noch etwas mangeln. Iſt die Voll¬ kommenheit ganz erreicht, verliert man den Stand¬ punkt der Vergleichung. In einem Conzerte hör¬ ten wir: Kalkbrenner, den erſten Clavirſpie¬ ler; Baillot, den erſten Violinſpieler; Tü¬ lon, den erſten Flötenſpieler; Voigt, den erſten Hautboiſten; und Nourrit, den beſten franzöſiſchen Sänger. Das ganze Orcheſter erſchien in der Na¬ tionalgarde-Uniform Baillot iſt Offizier, Nourrit auch. Der eine geigte, der Andere ſang mit Epau¬ lettes. Ich wollte, hannövriſche Offiziere von den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0041"n="27"/>
(mein deutſches Herz ging mir dabei auf, wie eine<lb/>
trockene Semmel in Milch). Sextett von Beethoven.<lb/>
Chor aus Webers Euryanthe. Ein Muſikſtück für<lb/>
Blas-Inſtrumente. Trio aus Roſſini's Wilhelm Tell.<lb/>
Clavier-Solo, geſpielt und componirt von Kalkbrenner.<lb/>
Ouvertüre aus Oberon. Aber dieſe Stadt der Sün¬<lb/>
den, Paris — der liebe Gott muß ſie doch lieb ha¬<lb/>
ben: was er nur Schönes hat, was Gutes, alles<lb/>ſchenkt er ihr. Die ſchönſten Gemälde, die beſten<lb/>
Sänger, die vortrefflichſten Componiſten. Dieſes eine<lb/>
Conzert — was hörte man da nicht alles zugleich!<lb/>
Das beſte Orcheſter der Welt. Die Aufführung der<lb/>
Symphonie ſo vollendet, daß, wie mir H*** ſagt,<lb/>
man dieſes gar nicht merke. Ich erkläre mir das in<lb/>
dem Sinne: um einzuſehen, wie vollkommen etwas<lb/>ſei, muß daran noch etwas mangeln. Iſt die Voll¬<lb/>
kommenheit ganz erreicht, verliert man den Stand¬<lb/>
punkt der Vergleichung. In <hirendition="#g">einem</hi> Conzerte hör¬<lb/>
ten wir: <hirendition="#g">Kalkbrenner</hi>, den erſten Clavirſpie¬<lb/>
ler; <hirendition="#g">Baillot</hi>, den erſten Violinſpieler; <hirendition="#g">Tü¬<lb/>
lon</hi>, den erſten Flötenſpieler; <hirendition="#g">Voigt</hi>, den erſten<lb/>
Hautboiſten; und <hirendition="#g">Nourrit</hi>, den beſten franzöſiſchen<lb/>
Sänger. Das ganze Orcheſter erſchien in der Na¬<lb/>
tionalgarde-Uniform Baillot iſt Offizier, Nourrit<lb/>
auch. Der eine geigte, der Andere ſang mit Epau¬<lb/>
lettes. Ich wollte, hannövriſche Offiziere von den<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[27/0041]
(mein deutſches Herz ging mir dabei auf, wie eine
trockene Semmel in Milch). Sextett von Beethoven.
Chor aus Webers Euryanthe. Ein Muſikſtück für
Blas-Inſtrumente. Trio aus Roſſini's Wilhelm Tell.
Clavier-Solo, geſpielt und componirt von Kalkbrenner.
Ouvertüre aus Oberon. Aber dieſe Stadt der Sün¬
den, Paris — der liebe Gott muß ſie doch lieb ha¬
ben: was er nur Schönes hat, was Gutes, alles
ſchenkt er ihr. Die ſchönſten Gemälde, die beſten
Sänger, die vortrefflichſten Componiſten. Dieſes eine
Conzert — was hörte man da nicht alles zugleich!
Das beſte Orcheſter der Welt. Die Aufführung der
Symphonie ſo vollendet, daß, wie mir H*** ſagt,
man dieſes gar nicht merke. Ich erkläre mir das in
dem Sinne: um einzuſehen, wie vollkommen etwas
ſei, muß daran noch etwas mangeln. Iſt die Voll¬
kommenheit ganz erreicht, verliert man den Stand¬
punkt der Vergleichung. In einem Conzerte hör¬
ten wir: Kalkbrenner, den erſten Clavirſpie¬
ler; Baillot, den erſten Violinſpieler; Tü¬
lon, den erſten Flötenſpieler; Voigt, den erſten
Hautboiſten; und Nourrit, den beſten franzöſiſchen
Sänger. Das ganze Orcheſter erſchien in der Na¬
tionalgarde-Uniform Baillot iſt Offizier, Nourrit
auch. Der eine geigte, der Andere ſang mit Epau¬
lettes. Ich wollte, hannövriſche Offiziere von den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/41>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.