Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.wie Freiheit kommt aus dem Herzen. Der Räuber, wie Freiheit kommt aus dem Herzen. Der Räuber, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0044" n="30"/> wie Freiheit kommt aus dem Herzen. Der Räuber,<lb/> der uns unſer Gut nimmt, täuſcht ſich nicht, er weiß,<lb/> was er thut. Nicht an den Verſtand, an das Herz<lb/> muß man ſich wenden, an das der Gegner wie an<lb/> das der Gleichgeſinnten. Die Herzen muß man rüh¬<lb/> ren, die unbeweglichen durchbohren. Das Wort muß<lb/> ein Schwert ſeyn; mit Dolchen, mit Spott, Haß,<lb/> Verachtung muß man die Tyrannei verfolgen, ihr<lb/> nicht mit ſchweren Gründen nachhinken. Das ver¬<lb/> ſtehen aber unſere deutſchen liberalen Schriftſteller<lb/> nicht, und noch heute ſo wenig, als vor dem Juli.<lb/> Ich ſehe es ja. Unter den Büchern, die Sie mir<lb/> geſchickt, iſt auch eine Broſchüre über die heſſiſchen<lb/> Juden, und eine über die deutſche Preßfreiheit. Ge¬<lb/> leſen habe ich ſie noch nicht, aber einen Blick auf die<lb/> erſte Seite geworfen. Ich hatte genug; es iſt ganz<lb/> die alte Art. Der Hanauer Jude hat das Motto<lb/> von Schiller: <hi rendition="#g">Der Menſch iſt frei geſchaffen</hi>,<lb/><hi rendition="#g">iſt frei</hi> — und ſo weiter die Litanei. Dann fängt<lb/> er an: „Die höchſte Glücksſtufe, die nach menſch¬<lb/> lichen Begriffen einem Staate erreichbar iſt, hat Kur¬<lb/> heſſen rühmlich betreten. In allen ihren Theilen hat<lb/> man den aufgeklärten und freiſinnigen Ideen der Ge¬<lb/> genwart gehuldigt.“ Der Jude ſoll <hi rendition="#g">Mazze</hi> backen<lb/> aus dieſem ungeſäuerten Teige; Brod wird nie<lb/> daraus. Der chriſtliche Ritter der Preßfreiheit, Pro¬<lb/> feſſor Welker, ſchrieb Folgendes auf der Titelfahne<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [30/0044]
wie Freiheit kommt aus dem Herzen. Der Räuber,
der uns unſer Gut nimmt, täuſcht ſich nicht, er weiß,
was er thut. Nicht an den Verſtand, an das Herz
muß man ſich wenden, an das der Gegner wie an
das der Gleichgeſinnten. Die Herzen muß man rüh¬
ren, die unbeweglichen durchbohren. Das Wort muß
ein Schwert ſeyn; mit Dolchen, mit Spott, Haß,
Verachtung muß man die Tyrannei verfolgen, ihr
nicht mit ſchweren Gründen nachhinken. Das ver¬
ſtehen aber unſere deutſchen liberalen Schriftſteller
nicht, und noch heute ſo wenig, als vor dem Juli.
Ich ſehe es ja. Unter den Büchern, die Sie mir
geſchickt, iſt auch eine Broſchüre über die heſſiſchen
Juden, und eine über die deutſche Preßfreiheit. Ge¬
leſen habe ich ſie noch nicht, aber einen Blick auf die
erſte Seite geworfen. Ich hatte genug; es iſt ganz
die alte Art. Der Hanauer Jude hat das Motto
von Schiller: Der Menſch iſt frei geſchaffen,
iſt frei — und ſo weiter die Litanei. Dann fängt
er an: „Die höchſte Glücksſtufe, die nach menſch¬
lichen Begriffen einem Staate erreichbar iſt, hat Kur¬
heſſen rühmlich betreten. In allen ihren Theilen hat
man den aufgeklärten und freiſinnigen Ideen der Ge¬
genwart gehuldigt.“ Der Jude ſoll Mazze backen
aus dieſem ungeſäuerten Teige; Brod wird nie
daraus. Der chriſtliche Ritter der Preßfreiheit, Pro¬
feſſor Welker, ſchrieb Folgendes auf der Titelfahne
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |