ten; dieses Frankreich der drei Tage, das ein erschrecktes Jahrtausend vor sich hertrieb -- es ist folgsam wie ein Schulbube, und lernt alle Tage seine Lektion, und läßt sich alle Tage examiniren, um zu zeigen, daß es seine Lektion gelernt hat! Und was zum Lohne für alle diese schmachvollen Opfer? Daß der junge König Philipp mit den alten Königen wird spazieren gehen dürfen, wenn diese nach einer sauern Woche wieder einen Feiertag bekommen! Aber Sie müssen die neue Schrift von Chateaubriand lesen. Sie hat mich erquickt durch alle Adern. Mein ganzes Herz hat er ins Französische über¬ setzt, und wie viel schöner ist die Uebersetzung als das Original! Ich weiß nicht, was die schönste Freude des Lebens ist; aber die größte ist gewiß die Schadenfreude, die wir über die Niederlage und Beschämung unserer Feinde em¬ pfinden. Chateaubriand schlägt mit eisernen Keulen, die er in seinem Zorn glühend gemacht,
ten; dieſes Frankreich der drei Tage, das ein erſchrecktes Jahrtauſend vor ſich hertrieb — es iſt folgſam wie ein Schulbube, und lernt alle Tage ſeine Lektion, und laͤßt ſich alle Tage examiniren, um zu zeigen, daß es ſeine Lektion gelernt hat! Und was zum Lohne fuͤr alle dieſe ſchmachvollen Opfer? Daß der junge Koͤnig Philipp mit den alten Koͤnigen wird ſpazieren gehen duͤrfen, wenn dieſe nach einer ſauern Woche wieder einen Feiertag bekommen! Aber Sie muͤſſen die neue Schrift von Chateaubriand leſen. Sie hat mich erquickt durch alle Adern. Mein ganzes Herz hat er ins Franzoͤſiſche uͤber¬ ſetzt, und wie viel ſchoͤner iſt die Ueberſetzung als das Original! Ich weiß nicht, was die ſchoͤnſte Freude des Lebens iſt; aber die groͤßte iſt gewiß die Schadenfreude, die wir uͤber die Niederlage und Beſchaͤmung unſerer Feinde em¬ pfinden. Chateaubriand ſchlaͤgt mit eiſernen Keulen, die er in ſeinem Zorn gluͤhend gemacht,
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erſchrecktes Jahrtauſend vor ſich hertrieb — es
iſt folgſam wie ein Schulbube, und lernt alle
Tage ſeine Lektion, und laͤßt ſich alle Tage
examiniren, um zu zeigen, daß es ſeine Lektion
gelernt hat! Und was zum Lohne fuͤr alle dieſe
ſchmachvollen Opfer? Daß der junge Koͤnig
Philipp mit den alten Koͤnigen wird ſpazieren
gehen duͤrfen, wenn dieſe nach einer ſauern
Woche wieder einen Feiertag bekommen! Aber
Sie muͤſſen die neue Schrift von Chateaubriand
leſen. Sie hat mich erquickt durch alle Adern.
Mein ganzes Herz hat er ins Franzoͤſiſche uͤber¬
ſetzt, und wie viel ſchoͤner iſt die Ueberſetzung
als das Original! Ich weiß nicht, was die
ſchoͤnſte Freude des Lebens iſt; aber die groͤßte
iſt gewiß die Schadenfreude, die wir uͤber die
Niederlage und Beſchaͤmung unſerer Feinde em¬
pfinden. Chateaubriand ſchlaͤgt mit eiſernen
Keulen, die er in ſeinem Zorn gluͤhend gemacht,
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/156>, abgerufen am 27.11.2024.
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