auf die französische Zwergregierung, die ich hasse, ob ich sie zwar verachte. Frankreich hat sie nur der Gegenwart beraubt, und wie groß der Raub auch ist, man kann ihn zählen, berechnen, man weiß was man verlohren, was man wieder zu bekommen suchen muß. Uns, uns Deutschen aber, hat König Philipp eine ganz unberechen¬ bare Zukunft gestohlen. Gestern hörte ich, der Kaiser von Oesterreich habe den Casimir Perrier den Stephans-Orden schenken wollen, aber der österreichische Gesandte hier, darüber vorläufig um Rath gefragt, habe erwiedert: es sey noch nicht die Zeit. Wie tief wird Frankreich noch sinken, wie hoffnungslos wird noch Deutsch¬ land werden müssen, bis Perrier den Stephans- Orden verdient! Wie verhöhnt ihn aber auch Chateaubriand. "Redet nicht von Ehre, die Renten würden um zehn Centimen fallen." Wegen seines Muthes, seiner Treue und seines glühenden Eifers für Recht und
auf die franzoͤſiſche Zwergregierung, die ich haſſe, ob ich ſie zwar verachte. Frankreich hat ſie nur der Gegenwart beraubt, und wie groß der Raub auch iſt, man kann ihn zaͤhlen, berechnen, man weiß was man verlohren, was man wieder zu bekommen ſuchen muß. Uns, uns Deutſchen aber, hat Koͤnig Philipp eine ganz unberechen¬ bare Zukunft geſtohlen. Geſtern hoͤrte ich, der Kaiſer von Oeſterreich habe den Caſimir Perrier den Stephans-Orden ſchenken wollen, aber der oͤſterreichiſche Geſandte hier, daruͤber vorlaͤufig um Rath gefragt, habe erwiedert: es ſey noch nicht die Zeit. Wie tief wird Frankreich noch ſinken, wie hoffnungslos wird noch Deutſch¬ land werden muͤſſen, bis Perrier den Stephans- Orden verdient! Wie verhoͤhnt ihn aber auch Chateaubriand. „Redet nicht von Ehre, die Renten wuͤrden um zehn Centimen fallen.“ Wegen ſeines Muthes, ſeiner Treue und ſeines gluͤhenden Eifers fuͤr Recht und
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auf die franzoͤſiſche Zwergregierung, die ich haſſe,
ob ich ſie zwar verachte. Frankreich hat ſie nur
der Gegenwart beraubt, und wie groß der Raub
auch iſt, man kann ihn zaͤhlen, berechnen, man
weiß was man verlohren, was man wieder zu
bekommen ſuchen muß. Uns, uns Deutſchen
aber, hat Koͤnig Philipp eine ganz unberechen¬
bare Zukunft geſtohlen. Geſtern hoͤrte ich, der
Kaiſer von Oeſterreich habe den Caſimir Perrier
den Stephans-Orden ſchenken wollen, aber der
oͤſterreichiſche Geſandte hier, daruͤber vorlaͤufig
um Rath gefragt, habe erwiedert: es ſey noch
nicht die Zeit. Wie tief wird Frankreich
noch ſinken, wie hoffnungslos wird noch Deutſch¬
land werden muͤſſen, bis Perrier den Stephans-
Orden verdient! Wie verhoͤhnt ihn aber auch
Chateaubriand. „Redet nicht von Ehre,
die Renten wuͤrden um zehn Centimen
fallen.“ Wegen ſeines Muthes, ſeiner Treue
und ſeines gluͤhenden Eifers fuͤr Recht und
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/157>, abgerufen am 27.11.2024.
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