Ihr heutiger Brief hat mir sehr großes Ver¬ gnügen gemacht, und besonders freue ich mich über Ihre Freude an dem guten Erfolge mei¬ nes Buches. Ich hätte das nicht erwartet. Ich sehe daraus wieder, wie wenig Kunst das Herz bedarf, um zu gefallen; daß die Aufrichtigkeit immer bewegt, und daß man der Wahrhaftig¬ keit selbst den Mangel der Wahrheit verzeiht. Denn weiß ich es nicht, wie oft ich mich geirrt haben kann? Weiß ich es nicht, daß tausend Leser anderer Meinung sind als ich? Aber sie sehen, sie fühlen, daß ich meine Gesinnung treu ausgesprochen, und darum sind sie zufrieden mit mir und glauben mir, wenn sie auch nicht mei¬ nen Reden glauben. Es wäre doch erschrecklich, wenn ich wirklich nicht mehr wagen dürfte nach
Dienſtag den 15. November.
Ihr heutiger Brief hat mir ſehr großes Ver¬ gnuͤgen gemacht, und beſonders freue ich mich uͤber Ihre Freude an dem guten Erfolge mei¬ nes Buches. Ich haͤtte das nicht erwartet. Ich ſehe daraus wieder, wie wenig Kunſt das Herz bedarf, um zu gefallen; daß die Aufrichtigkeit immer bewegt, und daß man der Wahrhaftig¬ keit ſelbſt den Mangel der Wahrheit verzeiht. Denn weiß ich es nicht, wie oft ich mich geirrt haben kann? Weiß ich es nicht, daß tauſend Leſer anderer Meinung ſind als ich? Aber ſie ſehen, ſie fuͤhlen, daß ich meine Geſinnung treu ausgeſprochen, und darum ſind ſie zufrieden mit mir und glauben mir, wenn ſie auch nicht mei¬ nen Reden glauben. Es waͤre doch erſchrecklich, wenn ich wirklich nicht mehr wagen duͤrfte nach
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Dienſtag den 15. November.
Ihr heutiger Brief hat mir ſehr großes Ver¬
gnuͤgen gemacht, und beſonders freue ich mich
uͤber Ihre Freude an dem guten Erfolge mei¬
nes Buches. Ich haͤtte das nicht erwartet. Ich
ſehe daraus wieder, wie wenig Kunſt das Herz
bedarf, um zu gefallen; daß die Aufrichtigkeit
immer bewegt, und daß man der Wahrhaftig¬
keit ſelbſt den Mangel der Wahrheit verzeiht.
Denn weiß ich es nicht, wie oft ich mich geirrt
haben kann? Weiß ich es nicht, daß tauſend
Leſer anderer Meinung ſind als ich? Aber ſie
ſehen, ſie fuͤhlen, daß ich meine Geſinnung treu
ausgeſprochen, und darum ſind ſie zufrieden mit
mir und glauben mir, wenn ſie auch nicht mei¬
nen Reden glauben. Es waͤre doch erſchrecklich,
wenn ich wirklich nicht mehr wagen duͤrfte nach
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/163>, abgerufen am 26.11.2024.
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