Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

schreckt keinen Hasen mehr. Der Herzog von
Orleans kann sich auch täuschen. Eine fürstli¬
che
gnädige Herablassung thut keine Wunder
mehr; das Volk giebt keine Bratwurst für die
allerhuldvollsten Redensarten, es will baares
Geld sehen. Die Neigung der Minister ist für
Gewalt; aber die Furchtsamkeit des Königs wird
wohl verhindern, was seine Weisheit und Ge¬
rechtigkeit nie verhindert hätten. Casimir Per¬
rier, der König von Israel, der hohe Priester
der Renten, der Held des Friedens, hat sich in
der Kammer geberdet wie Moses, als er vom
Berge Sinai herab kam, und das Volk um ein
goldenes Kalb tanzen sah. Er hat den Götzen¬
dienern seine zehn Gebote an den Kopf ge¬
worfen und das goldene Kalb in Pulver ver¬
wandelt. Er ist ein completter Narr! Auch
haben die Leviten der Börse ein Jubelgeschrei
erhoben, als sie ihren strahlenden Moses wie¬
der sahen, daß man betäubt davon wurde.

ſchreckt keinen Haſen mehr. Der Herzog von
Orleans kann ſich auch taͤuſchen. Eine fuͤrſtli¬
che
gnaͤdige Herablaſſung thut keine Wunder
mehr; das Volk giebt keine Bratwurſt fuͤr die
allerhuldvollſten Redensarten, es will baares
Geld ſehen. Die Neigung der Miniſter iſt fuͤr
Gewalt; aber die Furchtſamkeit des Koͤnigs wird
wohl verhindern, was ſeine Weisheit und Ge¬
rechtigkeit nie verhindert haͤtten. Caſimir Per¬
rier, der Koͤnig von Iſrael, der hohe Prieſter
der Renten, der Held des Friedens, hat ſich in
der Kammer geberdet wie Moſes, als er vom
Berge Sinai herab kam, und das Volk um ein
goldenes Kalb tanzen ſah. Er hat den Goͤtzen¬
dienern ſeine zehn Gebote an den Kopf ge¬
worfen und das goldene Kalb in Pulver ver¬
wandelt. Er iſt ein completter Narr! Auch
haben die Leviten der Boͤrſe ein Jubelgeſchrei
erhoben, als ſie ihren ſtrahlenden Moſes wie¬
der ſahen, daß man betaͤubt davon wurde.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0228" n="214"/>
&#x017F;chreckt keinen Ha&#x017F;en mehr. Der Herzog von<lb/>
Orleans kann &#x017F;ich auch ta&#x0364;u&#x017F;chen. Eine <choice><sic>fu&#x0364;r&#x017F;tli¬<lb/>
liche</sic><corr>fu&#x0364;r&#x017F;tli¬<lb/>
che</corr></choice> gna&#x0364;dige Herabla&#x017F;&#x017F;ung thut keine Wunder<lb/>
mehr; das Volk giebt keine Bratwur&#x017F;t fu&#x0364;r die<lb/>
allerhuldvoll&#x017F;ten Redensarten, es will baares<lb/>
Geld &#x017F;ehen. Die Neigung der Mini&#x017F;ter i&#x017F;t fu&#x0364;r<lb/>
Gewalt; aber die Furcht&#x017F;amkeit des Ko&#x0364;nigs wird<lb/>
wohl verhindern, was &#x017F;eine Weisheit und Ge¬<lb/>
rechtigkeit nie verhindert ha&#x0364;tten. Ca&#x017F;imir Per¬<lb/>
rier, der Ko&#x0364;nig von I&#x017F;rael, der hohe Prie&#x017F;ter<lb/>
der Renten, der Held des Friedens, hat &#x017F;ich in<lb/>
der Kammer geberdet wie Mo&#x017F;es, als er vom<lb/>
Berge Sinai herab kam, und das Volk um ein<lb/>
goldenes Kalb tanzen &#x017F;ah. Er hat den Go&#x0364;tzen¬<lb/>
dienern &#x017F;eine zehn Gebote an den Kopf ge¬<lb/>
worfen und das goldene Kalb in Pulver ver¬<lb/>
wandelt. Er i&#x017F;t ein completter Narr! Auch<lb/>
haben die Leviten der Bo&#x0364;r&#x017F;e ein Jubelge&#x017F;chrei<lb/>
erhoben, als &#x017F;ie ihren &#x017F;trahlenden Mo&#x017F;es wie¬<lb/>
der &#x017F;ahen, daß man beta&#x0364;ubt davon wurde.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0228] ſchreckt keinen Haſen mehr. Der Herzog von Orleans kann ſich auch taͤuſchen. Eine fuͤrſtli¬ che gnaͤdige Herablaſſung thut keine Wunder mehr; das Volk giebt keine Bratwurſt fuͤr die allerhuldvollſten Redensarten, es will baares Geld ſehen. Die Neigung der Miniſter iſt fuͤr Gewalt; aber die Furchtſamkeit des Koͤnigs wird wohl verhindern, was ſeine Weisheit und Ge¬ rechtigkeit nie verhindert haͤtten. Caſimir Per¬ rier, der Koͤnig von Iſrael, der hohe Prieſter der Renten, der Held des Friedens, hat ſich in der Kammer geberdet wie Moſes, als er vom Berge Sinai herab kam, und das Volk um ein goldenes Kalb tanzen ſah. Er hat den Goͤtzen¬ dienern ſeine zehn Gebote an den Kopf ge¬ worfen und das goldene Kalb in Pulver ver¬ wandelt. Er iſt ein completter Narr! Auch haben die Leviten der Boͤrſe ein Jubelgeſchrei erhoben, als ſie ihren ſtrahlenden Moſes wie¬ der ſahen, daß man betaͤubt davon wurde.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/228
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/228>, abgerufen am 21.11.2024.