Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

gäbe nichts lächerlicheres als sie. Diese reichen
Ladenherrn von Paris, diese Bankiers und Fa¬
brikanten, die, es sind noch keine fünfzig Jah¬
re, sich von jedem Lump von Ludwigsritter
Kanaille mußten schelten lassen, reden, wie
sie es gehört, den ganzen Tag von der Ka¬
naille, wozu sie jeden rechnen, der keinen
feinen Rock trägt, und keine andere Renten
hat, als die ihm jeden Tag die Arbeit seiner
Hände einbringt! Die Regierung, welche über
die menschliche Schwäche erhoben seyn sollte,
benutzt sie nur, ihre Herrschsucht zu befriedi¬
gen, und statt die bürgerliche Ordnung auf
Weisheit, Gerechtigkeit und Tugend zu grün¬
den, bauen sie sie über hinfälliges Holzwerk,
das sie in den Schlamm der Leidenschaften
einrammeln. Die Nationalgarde, die Wache
der französischen Freiheit, suchen sie zu ent¬
nerven, durch eiteln Flitter zu gewinnen. Erst
kürzlich hat der König an einem Tage drei¬

gaͤbe nichts laͤcherlicheres als ſie. Dieſe reichen
Ladenherrn von Paris, dieſe Bankiers und Fa¬
brikanten, die, es ſind noch keine fuͤnfzig Jah¬
re, ſich von jedem Lump von Ludwigsritter
Kanaille mußten ſchelten laſſen, reden, wie
ſie es gehoͤrt, den ganzen Tag von der Ka¬
naille, wozu ſie jeden rechnen, der keinen
feinen Rock traͤgt, und keine andere Renten
hat, als die ihm jeden Tag die Arbeit ſeiner
Haͤnde einbringt! Die Regierung, welche uͤber
die menſchliche Schwaͤche erhoben ſeyn ſollte,
benutzt ſie nur, ihre Herrſchſucht zu befriedi¬
gen, und ſtatt die buͤrgerliche Ordnung auf
Weisheit, Gerechtigkeit und Tugend zu gruͤn¬
den, bauen ſie ſie uͤber hinfaͤlliges Holzwerk,
das ſie in den Schlamm der Leidenſchaften
einrammeln. Die Nationalgarde, die Wache
der franzoͤſiſchen Freiheit, ſuchen ſie zu ent¬
nerven, durch eiteln Flitter zu gewinnen. Erſt
kuͤrzlich hat der Koͤnig an einem Tage drei¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0233" n="219"/>
ga&#x0364;be nichts la&#x0364;cherlicheres als &#x017F;ie. Die&#x017F;e reichen<lb/>
Ladenherrn von Paris, die&#x017F;e Bankiers und Fa¬<lb/>
brikanten, die, es &#x017F;ind noch keine fu&#x0364;nfzig Jah¬<lb/>
re, &#x017F;ich von jedem Lump von Ludwigsritter<lb/><hi rendition="#g">Kanaille</hi> mußten &#x017F;chelten la&#x017F;&#x017F;en, reden, wie<lb/>
&#x017F;ie es geho&#x0364;rt, den ganzen Tag von der Ka¬<lb/>
naille, wozu &#x017F;ie jeden rechnen, der keinen<lb/>
feinen Rock tra&#x0364;gt, und keine andere Renten<lb/>
hat, als die ihm jeden Tag die Arbeit &#x017F;einer<lb/>
Ha&#x0364;nde einbringt! Die Regierung, welche u&#x0364;ber<lb/>
die men&#x017F;chliche Schwa&#x0364;che erhoben &#x017F;eyn &#x017F;ollte,<lb/>
benutzt &#x017F;ie nur, ihre Herr&#x017F;ch&#x017F;ucht zu befriedi¬<lb/>
gen, und &#x017F;tatt die bu&#x0364;rgerliche Ordnung auf<lb/>
Weisheit, Gerechtigkeit und Tugend zu gru&#x0364;<lb/>
den, bauen &#x017F;ie &#x017F;ie u&#x0364;ber hinfa&#x0364;lliges Holzwerk,<lb/>
das &#x017F;ie in den Schlamm der Leiden&#x017F;chaften<lb/>
einrammeln. Die Nationalgarde, die Wache<lb/>
der franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Freiheit, &#x017F;uchen &#x017F;ie zu ent¬<lb/>
nerven, durch eiteln Flitter zu gewinnen. Er&#x017F;t<lb/>
ku&#x0364;rzlich hat der Ko&#x0364;nig an einem Tage drei¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0233] gaͤbe nichts laͤcherlicheres als ſie. Dieſe reichen Ladenherrn von Paris, dieſe Bankiers und Fa¬ brikanten, die, es ſind noch keine fuͤnfzig Jah¬ re, ſich von jedem Lump von Ludwigsritter Kanaille mußten ſchelten laſſen, reden, wie ſie es gehoͤrt, den ganzen Tag von der Ka¬ naille, wozu ſie jeden rechnen, der keinen feinen Rock traͤgt, und keine andere Renten hat, als die ihm jeden Tag die Arbeit ſeiner Haͤnde einbringt! Die Regierung, welche uͤber die menſchliche Schwaͤche erhoben ſeyn ſollte, benutzt ſie nur, ihre Herrſchſucht zu befriedi¬ gen, und ſtatt die buͤrgerliche Ordnung auf Weisheit, Gerechtigkeit und Tugend zu gruͤn¬ den, bauen ſie ſie uͤber hinfaͤlliges Holzwerk, das ſie in den Schlamm der Leidenſchaften einrammeln. Die Nationalgarde, die Wache der franzoͤſiſchen Freiheit, ſuchen ſie zu ent¬ nerven, durch eiteln Flitter zu gewinnen. Erſt kuͤrzlich hat der Koͤnig an einem Tage drei¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/233
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/233>, abgerufen am 21.11.2024.