glänzten wie Sonnenstrahlen, und wo sie vor¬ überschwebte, verwandelte sie Tag in Nacht. Die schlafenden Vögel erwachten und sangen ihr Mor¬ genlied. Die Blumen neigten ihr Haupt vor ihr. Was lebte, zog ihr jubelnd entgegen. Und sie fesselte einen Königssohn, der sich in Liebe für sie verzehrte. Er ermordete seinen Vater, und dann führte sein eignes Volk ihn auf das Blutgerüste. Ehe sein Haupt fiel, rief der Un¬ glückliche die Rache des Himmels an. Die Fee war eine böse giftige Zauberin. Da berührte sie ein guter Geist, der mächtiger war als sie, mit leichter Hand, und sie zerstiebte in ein blut¬ rothes Pulver ... An der Ecke der Richelieu- Straße war das Mährchen fertig.
Einige Schritte weiter, bey den Varie¬ tes, umgab ein großer dichter Menschenkreis ein Frauenzimmer von etwa vier und dreißig Jah¬ ren, in deren blassen Zügen Spuren einer gro¬ ßen Schönheit zu erkennen waren. Sie war
glaͤnzten wie Sonnenſtrahlen, und wo ſie vor¬ uͤberſchwebte, verwandelte ſie Tag in Nacht. Die ſchlafenden Voͤgel erwachten und ſangen ihr Mor¬ genlied. Die Blumen neigten ihr Haupt vor ihr. Was lebte, zog ihr jubelnd entgegen. Und ſie feſſelte einen Koͤnigsſohn, der ſich in Liebe fuͤr ſie verzehrte. Er ermordete ſeinen Vater, und dann fuͤhrte ſein eignes Volk ihn auf das Blutgeruͤſte. Ehe ſein Haupt fiel, rief der Un¬ gluͤckliche die Rache des Himmels an. Die Fee war eine boͤſe giftige Zauberin. Da beruͤhrte ſie ein guter Geiſt, der maͤchtiger war als ſie, mit leichter Hand, und ſie zerſtiebte in ein blut¬ rothes Pulver ... An der Ecke der Richelieu- Straße war das Maͤhrchen fertig.
Einige Schritte weiter, bey den Varie¬ tés, umgab ein großer dichter Menſchenkreis ein Frauenzimmer von etwa vier und dreißig Jah¬ ren, in deren blaſſen Zuͤgen Spuren einer gro¬ ßen Schoͤnheit zu erkennen waren. Sie war
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glaͤnzten wie Sonnenſtrahlen, und wo ſie vor¬
uͤberſchwebte, verwandelte ſie Tag in Nacht. Die
ſchlafenden Voͤgel erwachten und ſangen ihr Mor¬
genlied. Die Blumen neigten ihr Haupt vor
ihr. Was lebte, zog ihr jubelnd entgegen. Und
ſie feſſelte einen Koͤnigsſohn, der ſich in Liebe
fuͤr ſie verzehrte. Er ermordete ſeinen Vater,
und dann fuͤhrte ſein eignes Volk ihn auf das
Blutgeruͤſte. Ehe ſein Haupt fiel, rief der Un¬
gluͤckliche die Rache des Himmels an. Die Fee
war eine boͤſe giftige Zauberin. Da beruͤhrte
ſie ein guter Geiſt, der maͤchtiger war als ſie,
mit leichter Hand, und ſie zerſtiebte in ein blut¬
rothes Pulver ... An der Ecke der Richelieu-
Straße war das Maͤhrchen fertig.
Einige Schritte weiter, bey den Varie¬
t é s, umgab ein großer dichter Menſchenkreis ein
Frauenzimmer von etwa vier und dreißig Jah¬
ren, in deren blaſſen Zuͤgen Spuren einer gro¬
ßen Schoͤnheit zu erkennen waren. Sie war
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/322>, abgerufen am 24.11.2024.
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