Moral sehr in Flor kommen. Alle Civillisten wür¬ den aufhören, bis auf die der Rothschilde, welche aber für die Völker keine neue Last wäre, denn die Rothschilde hatten sie als Privatleute auch schon be¬ zogen, und zwar eine stärkere, als die irgend eines andern Fürsten.
Wenn das Haus Rothschild auf dem französi¬ schen Throne säße, wäre die Welt von der großen Furcht des Kriegs befreit, der zwischen diesem mäch¬ tigen Hause und dem Hause Habsburg auszubrechen droht. Oesterreich und Rothschild sollen, wie die englischen Blätter aus guten Quellen berichten, seit einiger Zeit sehr gereitzt gegen einander sein. Oe¬ sterreich hat nehmlich die Entdeckung gemacht, daß die Freundschaft, mit welcher die Brüder Rothschild es beehren, ihm theuer zu stehen komme. Das letzte vierprocentige Anleihen schloß jenes Haus zu 85 oder 86 ab. Aber gleich nach Abschluß des Vertrags gewann es 6 bis 7 p. c. Ein so außerordentlicher Umstand, mußte die Aufmerksamkeit des österreichi¬ schen Kabinets erwecken. Es beschloß daher, für seine Finanzen künftig wohlfeilere Agenten zu wählen, oder seinen Geldunternehmungen eine Concurrenz zu eröffnen. Das Haus Rothschild, um solche Schritte zu vereiteln und der österreichischen Regierung zu zeigen, daß man seine Allianz nicht ungestraft brechen dürfte, wußte darauf durch seine Verbindungen und
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Moral ſehr in Flor kommen. Alle Civilliſten wür¬ den aufhören, bis auf die der Rothſchilde, welche aber für die Völker keine neue Laſt wäre, denn die Rothſchilde hatten ſie als Privatleute auch ſchon be¬ zogen, und zwar eine ſtärkere, als die irgend eines andern Fürſten.
Wenn das Haus Rothſchild auf dem franzöſi¬ ſchen Throne ſäße, wäre die Welt von der großen Furcht des Kriegs befreit, der zwiſchen dieſem mäch¬ tigen Hauſe und dem Hauſe Habsburg auszubrechen droht. Oeſterreich und Rothſchild ſollen, wie die engliſchen Blätter aus guten Quellen berichten, ſeit einiger Zeit ſehr gereitzt gegen einander ſein. Oe¬ ſterreich hat nehmlich die Entdeckung gemacht, daß die Freundſchaft, mit welcher die Brüder Rothſchild es beehren, ihm theuer zu ſtehen komme. Das letzte vierprocentige Anleihen ſchloß jenes Haus zu 85 oder 86 ab. Aber gleich nach Abſchluß des Vertrags gewann es 6 bis 7 p. c. Ein ſo außerordentlicher Umſtand, mußte die Aufmerkſamkeit des öſterreichi¬ ſchen Kabinets erwecken. Es beſchloß daher, für ſeine Finanzen künftig wohlfeilere Agenten zu wählen, oder ſeinen Geldunternehmungen eine Concurrenz zu eröffnen. Das Haus Rothſchild, um ſolche Schritte zu vereiteln und der öſterreichiſchen Regierung zu zeigen, daß man ſeine Allianz nicht ungeſtraft brechen dürfte, wußte darauf durch ſeine Verbindungen und
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Moral ſehr in Flor kommen. Alle Civilliſten wür¬
den aufhören, bis auf die der Rothſchilde, welche
aber für die Völker keine neue Laſt wäre, denn die
Rothſchilde hatten ſie als Privatleute auch ſchon be¬
zogen, und zwar eine ſtärkere, als die irgend eines
andern Fürſten.
Wenn das Haus Rothſchild auf dem franzöſi¬
ſchen Throne ſäße, wäre die Welt von der großen
Furcht des Kriegs befreit, der zwiſchen dieſem mäch¬
tigen Hauſe und dem Hauſe Habsburg auszubrechen
droht. Oeſterreich und Rothſchild ſollen, wie die
engliſchen Blätter aus guten Quellen berichten, ſeit
einiger Zeit ſehr gereitzt gegen einander ſein. Oe¬
ſterreich hat nehmlich die Entdeckung gemacht, daß die
Freundſchaft, mit welcher die Brüder Rothſchild es
beehren, ihm theuer zu ſtehen komme. Das letzte
vierprocentige Anleihen ſchloß jenes Haus zu 85 oder
86 ab. Aber gleich nach Abſchluß des Vertrags
gewann es 6 bis 7 p. c. Ein ſo außerordentlicher
Umſtand, mußte die Aufmerkſamkeit des öſterreichi¬
ſchen Kabinets erwecken. Es beſchloß daher, für
ſeine Finanzen künftig wohlfeilere Agenten zu wählen,
oder ſeinen Geldunternehmungen eine Concurrenz zu
eröffnen. Das Haus Rothſchild, um ſolche Schritte
zu vereiteln und der öſterreichiſchen Regierung zu
zeigen, daß man ſeine Allianz nicht ungeſtraft brechen
dürfte, wußte darauf durch ſeine Verbindungen und
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/113>, abgerufen am 16.02.2025.
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