zu wenig herab, das Volk erhob sich zu etwas. Nun aber wollten die Fürsten Alles werden, und verban¬ den sich wieder mit dem Adel, um das Volk in sein altes Nichts zurück zu stürzen. Das gelang nicht; ja, das Volk wurde immer mächtiger und gelangte endlich zu der späten Einsicht, daß ihm allein Alles gebühre, und den Fürsten und Edelleuten, so lange sie außer dem Volke stehn, nicht das Geringste. Jetzt in unsern Tagen ist die Noth und Gefahr für die Fürsten so groß geworden, daß sie, wie immer in Gefahren, sich hinter die Fronte der Streiter bege¬ ben. Den Adel, an dessen Spitze sie sonst standen, stellen sie vor sich hin, und das ändert die Lage des Kampfes auf das Allervortheilhafteste für uns. Den Völkern war eine Art religiöser Scheu vor ihren Fürsten anerzogen, und darum, ob sie zwar immer wußten, daß der Adel ihr eigentlicher Feind sey, tru¬ gen sie doch Bedenken, denselben mit aller Macht zu treffen, aus Furcht, die Fürsten zu verletzen, die vor ihm standen. Jetzt aber, da die Fürsten zurücktreten, wird die Völker nichts mehr abhalten, ihren ewigen Feind mit aller Kraft zu bekämpfen, und ihr Sieg ist sicher. Nach dem polnischen Kriege hat sich der mächtige Kaiser Nikolas ganz erschöpft in die Arme seines Adels geworfen; der absolute König von Preu¬ ßen organisirt die Aristokratie der Schweiz, und dient als gemeiner Ritter in ihren Reihen. Der englische
zu wenig herab, das Volk erhob ſich zu etwas. Nun aber wollten die Fürſten Alles werden, und verban¬ den ſich wieder mit dem Adel, um das Volk in ſein altes Nichts zurück zu ſtürzen. Das gelang nicht; ja, das Volk wurde immer mächtiger und gelangte endlich zu der ſpäten Einſicht, daß ihm allein Alles gebühre, und den Fürſten und Edelleuten, ſo lange ſie außer dem Volke ſtehn, nicht das Geringſte. Jetzt in unſern Tagen iſt die Noth und Gefahr für die Fürſten ſo groß geworden, daß ſie, wie immer in Gefahren, ſich hinter die Fronte der Streiter bege¬ ben. Den Adel, an deſſen Spitze ſie ſonſt ſtanden, ſtellen ſie vor ſich hin, und das ändert die Lage des Kampfes auf das Allervortheilhafteſte für uns. Den Völkern war eine Art religiöſer Scheu vor ihren Fürſten anerzogen, und darum, ob ſie zwar immer wußten, daß der Adel ihr eigentlicher Feind ſey, tru¬ gen ſie doch Bedenken, denſelben mit aller Macht zu treffen, aus Furcht, die Fürſten zu verletzen, die vor ihm ſtanden. Jetzt aber, da die Fürſten zurücktreten, wird die Völker nichts mehr abhalten, ihren ewigen Feind mit aller Kraft zu bekämpfen, und ihr Sieg iſt ſicher. Nach dem polniſchen Kriege hat ſich der mächtige Kaiſer Nikolas ganz erſchöpft in die Arme ſeines Adels geworfen; der abſolute König von Preu¬ ßen organiſirt die Ariſtokratie der Schweiz, und dient als gemeiner Ritter in ihren Reihen. Der engliſche
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zu wenig herab, das Volk erhob ſich zu etwas. Nun
aber wollten die Fürſten Alles werden, und verban¬
den ſich wieder mit dem Adel, um das Volk in ſein
altes Nichts zurück zu ſtürzen. Das gelang nicht;
ja, das Volk wurde immer mächtiger und gelangte
endlich zu der ſpäten Einſicht, daß ihm allein Alles
gebühre, und den Fürſten und Edelleuten, ſo lange
ſie außer dem Volke ſtehn, nicht das Geringſte.
Jetzt in unſern Tagen iſt die Noth und Gefahr für
die Fürſten ſo groß geworden, daß ſie, wie immer in
Gefahren, ſich hinter die Fronte der Streiter bege¬
ben. Den Adel, an deſſen Spitze ſie ſonſt ſtanden,
ſtellen ſie vor ſich hin, und das ändert die Lage des
Kampfes auf das Allervortheilhafteſte für uns. Den
Völkern war eine Art religiöſer Scheu vor ihren
Fürſten anerzogen, und darum, ob ſie zwar immer
wußten, daß der Adel ihr eigentlicher Feind ſey, tru¬
gen ſie doch Bedenken, denſelben mit aller Macht zu
treffen, aus Furcht, die Fürſten zu verletzen, die vor
ihm ſtanden. Jetzt aber, da die Fürſten zurücktreten,
wird die Völker nichts mehr abhalten, ihren ewigen
Feind mit aller Kraft zu bekämpfen, und ihr Sieg
iſt ſicher. Nach dem polniſchen Kriege hat ſich der
mächtige Kaiſer Nikolas ganz erſchöpft in die Arme
ſeines Adels geworfen; der abſolute König von Preu¬
ßen organiſirt die Ariſtokratie der Schweiz, und dient
als gemeiner Ritter in ihren Reihen. Der engliſche
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/149>, abgerufen am 24.11.2024.
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