Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.dem Orient gekommen, hätten zur angenehmen Ab¬ Viele unserer Glaubensgenossen, und wie hier dem Orient gekommen, hätten zur angenehmen Ab¬ Viele unſerer Glaubensgenoſſen, und wie hier <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0254" n="240"/> dem Orient gekommen, hätten zur angenehmen Ab¬<lb/> wechslung die Babyloniſche Gefangenſchaft mit der<lb/> Deutſchen vertauſcht, wir wären fremd im Lande<lb/> und wir betrachteten ja ſelbſt unſere Mitbürger als<lb/> Fremdlinge. Doch das iſt unſer Glauben, was auch<lb/> die Verläumdung gelogen, das iſt die Lehre unſerer<lb/> Väter; was auch die Schriftgelehrten herausgedeutet!<lb/> Als Gott die Welt erſchuf, da ſchuf er den Mann<lb/> und das Weib, nicht Herrn und Knecht, nicht Juden<lb/> und Chriſten, nicht Reiche und Arme. Darum lieben<lb/> wir den <hi rendition="#g">Menſchen</hi>, er ſei Herr oder Knecht, arm<lb/> oder reich, Jude oder Chriſt. Wenn unſere chriſt¬<lb/> lichen Brüder dieſes oft vergeſſen, dann kömmt es<lb/> uns zu, ſie mit Liebe an das Gebot der Liebe zu<lb/> ermahnen — uns, die wir älter ſind als ſie, die<lb/> wir ihre Lehrer waren, die wir den einen und wah¬<lb/> ren Gott früher erkannt, und der reinen Quelle der<lb/> Menſchheit näher ſtehen als ſie.</p><lb/> <p>Viele unſerer Glaubensgenoſſen, und wie hier<lb/> ſo gewiß auch überall, zögern noch dem Vereine bei¬<lb/> zutreten. Sie theilen unſere Geſinnungen, ihr Herz<lb/> ſchlägt ſo warm als das unſere für die Freiheit des<lb/> Vaterlandes; aber ſie ſind bedenklich, ſie, die Rei¬<lb/> chen unter uns, weil ſie, den Räthen der Gewalt¬<lb/> herrſcher näher ſtehend, ſich einflüſtern ließen: wenn<lb/> das Volk zur Macht käme, werde es die Ketten der<lb/> Juden noch enger ſchließen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [240/0254]
dem Orient gekommen, hätten zur angenehmen Ab¬
wechslung die Babyloniſche Gefangenſchaft mit der
Deutſchen vertauſcht, wir wären fremd im Lande
und wir betrachteten ja ſelbſt unſere Mitbürger als
Fremdlinge. Doch das iſt unſer Glauben, was auch
die Verläumdung gelogen, das iſt die Lehre unſerer
Väter; was auch die Schriftgelehrten herausgedeutet!
Als Gott die Welt erſchuf, da ſchuf er den Mann
und das Weib, nicht Herrn und Knecht, nicht Juden
und Chriſten, nicht Reiche und Arme. Darum lieben
wir den Menſchen, er ſei Herr oder Knecht, arm
oder reich, Jude oder Chriſt. Wenn unſere chriſt¬
lichen Brüder dieſes oft vergeſſen, dann kömmt es
uns zu, ſie mit Liebe an das Gebot der Liebe zu
ermahnen — uns, die wir älter ſind als ſie, die
wir ihre Lehrer waren, die wir den einen und wah¬
ren Gott früher erkannt, und der reinen Quelle der
Menſchheit näher ſtehen als ſie.
Viele unſerer Glaubensgenoſſen, und wie hier
ſo gewiß auch überall, zögern noch dem Vereine bei¬
zutreten. Sie theilen unſere Geſinnungen, ihr Herz
ſchlägt ſo warm als das unſere für die Freiheit des
Vaterlandes; aber ſie ſind bedenklich, ſie, die Rei¬
chen unter uns, weil ſie, den Räthen der Gewalt¬
herrſcher näher ſtehend, ſich einflüſtern ließen: wenn
das Volk zur Macht käme, werde es die Ketten der
Juden noch enger ſchließen.
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