Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.Schriften in der Revüe Germanique so vortreff¬ -- Wäre Herr von Raumer darum aus der Schriften in der Revüe Germanique ſo vortreff¬ — Wäre Herr von Raumer darum aus der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0036" n="22"/> Schriften in der <hi rendition="#g">Revüe Germanique</hi> ſo vortreff¬<lb/> lich überſetzt hat, auch die Briefe franzöſiſch heraus<lb/> geben wollte, würde ich mich ſehr darüber freuen.</p><lb/> <p>— Wäre Herr von Raumer darum aus der<lb/> preußiſchen Cenſurbande getreten, um die Schande,<lb/> Mitglied derſelben geweſen zu ſeyn, abzuwaſchen —<lb/> auch dann würde ihm das nicht zur Ehre gereichen;<lb/> denn ſein Ruf ſtünde immer nur auf dem Gefrier¬<lb/> punkte der Tadelloſigkeit. Aber nein, nicht aus<lb/> Buße, nicht um der beleidigten Menſchheit Abbitte<lb/> zu thun, hat er aufgehört Cenſor zu ſeyn; ſondern<lb/> aus gereizter Eitelkeit, weil er ſich perſönlich gekränkt<lb/> fühlte, daß die Cenſur ſein Werk über Polen anzu¬<lb/> zeigen verboten, that er den angſtzitternden Schritt.<lb/> Ich begreife es nicht, ich werde es niemals faſſen,<lb/> wie ein Mann, der ſich nur ein wenig ſelbſtachtet,<lb/> der nicht ſchaamlos ſeine ganze Menſchenwürde von<lb/> ſich geworfen, um nackt wie ein Thier im warmen<lb/> Stalle zu lagern, dort ſeinen Bauch zu füttern oder<lb/> bei gutem Wetter auf der Gunſt der großen Glücks¬<lb/> pächter herum zu graſen — wie ein ſolcher Mann<lb/> ſich dazu verſtehen kann, ein Cenſor, ein Henker zu<lb/> werden — nein, ſchlimmer als ein Henker, denn<lb/> dieſer tödtet nur die ſchuldig Gerichteten — ein<lb/> Meuchelmörder der Gedanken, der im Dunkeln lauert<lb/> und trifft, der das Einzige, was göttlich iſt am<lb/> Menſchen: <hi rendition="#g">die Freiheit des Geiſtes</hi>, zerſtört,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [22/0036]
Schriften in der Revüe Germanique ſo vortreff¬
lich überſetzt hat, auch die Briefe franzöſiſch heraus
geben wollte, würde ich mich ſehr darüber freuen.
— Wäre Herr von Raumer darum aus der
preußiſchen Cenſurbande getreten, um die Schande,
Mitglied derſelben geweſen zu ſeyn, abzuwaſchen —
auch dann würde ihm das nicht zur Ehre gereichen;
denn ſein Ruf ſtünde immer nur auf dem Gefrier¬
punkte der Tadelloſigkeit. Aber nein, nicht aus
Buße, nicht um der beleidigten Menſchheit Abbitte
zu thun, hat er aufgehört Cenſor zu ſeyn; ſondern
aus gereizter Eitelkeit, weil er ſich perſönlich gekränkt
fühlte, daß die Cenſur ſein Werk über Polen anzu¬
zeigen verboten, that er den angſtzitternden Schritt.
Ich begreife es nicht, ich werde es niemals faſſen,
wie ein Mann, der ſich nur ein wenig ſelbſtachtet,
der nicht ſchaamlos ſeine ganze Menſchenwürde von
ſich geworfen, um nackt wie ein Thier im warmen
Stalle zu lagern, dort ſeinen Bauch zu füttern oder
bei gutem Wetter auf der Gunſt der großen Glücks¬
pächter herum zu graſen — wie ein ſolcher Mann
ſich dazu verſtehen kann, ein Cenſor, ein Henker zu
werden — nein, ſchlimmer als ein Henker, denn
dieſer tödtet nur die ſchuldig Gerichteten — ein
Meuchelmörder der Gedanken, der im Dunkeln lauert
und trifft, der das Einzige, was göttlich iſt am
Menſchen: die Freiheit des Geiſtes, zerſtört,
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