Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

kerngesund, stark wie ein Stier, und wenn er sein
Kreuz gegen den Teufel geschlagen hatte, fürchtete
er sich vor nichts in der Welt. So ein Kerl hat
Euch den Tag zehn Pfund Roth- und Schwarz¬
wildpret gegessen, sechs Pfund Hammelfleisch, ein
schön Stück Schinken, einen großen Rosinenkuchen,
aber wenig Brod. Dazu hat er getrunken zwei
Eimer Bacharacher oder Rüdesheimer, und Abends
vor dem Schlafengehen ein paar Maas warmen
Gewürzwein. Ich sage Euch Kinder, es ist nichts
gesünder als warmer Wein mit Zucker, Nelken und
Zimmt angemacht. Gestern hatte ich einen starken
Schnupfen, und ich legte mich früh zu Bette. Wie ich
nun das Licht auslöschen wollte, wer kömmt herein?
Meine Haushälterin. Sie hatte mir kein Wort
davon gesagt, war in die Küche gegangen und hatte
mir eine Kumpe Glühwein gemacht. Den setzt sie
vor mein Bett und sagt: Herr Pastor, das wird
Euch gut thun. Ich habe den Glühwein getrunken,
habe tüchtig geschwitzt, und heute morgen war der
Schnupfen weg. Merkt Ihr noch was davon?
Seht Ihr, solch ein lustig Leben haben die alten
Ritter geführt: gut gegessen, gut getrunken und gut
geschlafen. Und die übrige Zeit haben sie gejagt und
sich untereinander herumgebalgt. Das war aber
kein Kriegführen wie heute, es war ein wahrer Spaß.
Man schlug sich einander auf Helm und Schild,

IV. 6

kerngeſund, ſtark wie ein Stier, und wenn er ſein
Kreuz gegen den Teufel geſchlagen hatte, fürchtete
er ſich vor nichts in der Welt. So ein Kerl hat
Euch den Tag zehn Pfund Roth- und Schwarz¬
wildpret gegeſſen, ſechs Pfund Hammelfleiſch, ein
ſchön Stück Schinken, einen großen Roſinenkuchen,
aber wenig Brod. Dazu hat er getrunken zwei
Eimer Bacharacher oder Rüdesheimer, und Abends
vor dem Schlafengehen ein paar Maas warmen
Gewürzwein. Ich ſage Euch Kinder, es iſt nichts
geſünder als warmer Wein mit Zucker, Nelken und
Zimmt angemacht. Geſtern hatte ich einen ſtarken
Schnupfen, und ich legte mich früh zu Bette. Wie ich
nun das Licht auslöſchen wollte, wer kömmt herein?
Meine Haushälterin. Sie hatte mir kein Wort
davon geſagt, war in die Küche gegangen und hatte
mir eine Kumpe Glühwein gemacht. Den ſetzt ſie
vor mein Bett und ſagt: Herr Paſtor, das wird
Euch gut thun. Ich habe den Glühwein getrunken,
habe tüchtig geſchwitzt, und heute morgen war der
Schnupfen weg. Merkt Ihr noch was davon?
Seht Ihr, ſolch ein luſtig Leben haben die alten
Ritter geführt: gut gegeſſen, gut getrunken und gut
geſchlafen. Und die übrige Zeit haben ſie gejagt und
ſich untereinander herumgebalgt. Das war aber
kein Kriegführen wie heute, es war ein wahrer Spaß.
Man ſchlug ſich einander auf Helm und Schild,

IV. 6
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0095" n="81"/>
kernge&#x017F;und, &#x017F;tark wie ein Stier, und wenn er &#x017F;ein<lb/>
Kreuz gegen den Teufel ge&#x017F;chlagen hatte, fürchtete<lb/>
er &#x017F;ich vor nichts in der Welt. So ein Kerl hat<lb/>
Euch den Tag zehn Pfund Roth- und Schwarz¬<lb/>
wildpret gege&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;echs Pfund Hammelflei&#x017F;ch, ein<lb/>
&#x017F;chön Stück Schinken, einen großen Ro&#x017F;inenkuchen,<lb/>
aber wenig Brod. Dazu hat er getrunken zwei<lb/>
Eimer Bacharacher oder Rüdesheimer, und Abends<lb/>
vor dem Schlafengehen ein paar Maas warmen<lb/>
Gewürzwein. Ich &#x017F;age Euch Kinder, es i&#x017F;t nichts<lb/>
ge&#x017F;ünder als warmer Wein mit Zucker, Nelken und<lb/>
Zimmt angemacht. Ge&#x017F;tern hatte ich einen &#x017F;tarken<lb/>
Schnupfen, und ich legte mich früh zu Bette. Wie ich<lb/>
nun das Licht auslö&#x017F;chen wollte, wer kömmt herein?<lb/>
Meine Haushälterin. Sie hatte mir kein Wort<lb/>
davon ge&#x017F;agt, war in die Küche gegangen und hatte<lb/>
mir eine Kumpe Glühwein gemacht. Den &#x017F;etzt &#x017F;ie<lb/>
vor mein Bett und &#x017F;agt: Herr Pa&#x017F;tor, das wird<lb/>
Euch gut thun. Ich habe den Glühwein getrunken,<lb/>
habe tüchtig ge&#x017F;chwitzt, und heute morgen war der<lb/>
Schnupfen weg. Merkt Ihr noch was davon?<lb/>
Seht Ihr, &#x017F;olch ein lu&#x017F;tig Leben haben die alten<lb/>
Ritter geführt: gut gege&#x017F;&#x017F;en, gut getrunken und gut<lb/>
ge&#x017F;chlafen. Und die übrige Zeit haben &#x017F;ie gejagt und<lb/>
&#x017F;ich untereinander herumgebalgt. Das war aber<lb/>
kein Kriegführen wie heute, es war ein wahrer Spaß.<lb/>
Man &#x017F;chlug &#x017F;ich einander auf Helm und Schild,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">IV</hi>. 6<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0095] kerngeſund, ſtark wie ein Stier, und wenn er ſein Kreuz gegen den Teufel geſchlagen hatte, fürchtete er ſich vor nichts in der Welt. So ein Kerl hat Euch den Tag zehn Pfund Roth- und Schwarz¬ wildpret gegeſſen, ſechs Pfund Hammelfleiſch, ein ſchön Stück Schinken, einen großen Roſinenkuchen, aber wenig Brod. Dazu hat er getrunken zwei Eimer Bacharacher oder Rüdesheimer, und Abends vor dem Schlafengehen ein paar Maas warmen Gewürzwein. Ich ſage Euch Kinder, es iſt nichts geſünder als warmer Wein mit Zucker, Nelken und Zimmt angemacht. Geſtern hatte ich einen ſtarken Schnupfen, und ich legte mich früh zu Bette. Wie ich nun das Licht auslöſchen wollte, wer kömmt herein? Meine Haushälterin. Sie hatte mir kein Wort davon geſagt, war in die Küche gegangen und hatte mir eine Kumpe Glühwein gemacht. Den ſetzt ſie vor mein Bett und ſagt: Herr Paſtor, das wird Euch gut thun. Ich habe den Glühwein getrunken, habe tüchtig geſchwitzt, und heute morgen war der Schnupfen weg. Merkt Ihr noch was davon? Seht Ihr, ſolch ein luſtig Leben haben die alten Ritter geführt: gut gegeſſen, gut getrunken und gut geſchlafen. Und die übrige Zeit haben ſie gejagt und ſich untereinander herumgebalgt. Das war aber kein Kriegführen wie heute, es war ein wahrer Spaß. Man ſchlug ſich einander auf Helm und Schild, IV. 6

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/95
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/95>, abgerufen am 21.11.2024.