Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.hat eine schöne, volltönende Stimme, ihre Geberden hat eine ſchöne, volltönende Stimme, ihre Geberden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0123" n="111"/> hat eine ſchöne, volltönende Stimme, ihre Geberden<lb/> ſind anſtändig und ihr Mienenſpiel iſt ſehr reich;<lb/> freilich glaubte ich bemerkt zu haben daß ſie beim<lb/> Miſchen ihrer Züge die Volte ſchlägt, und jede Farbe<lb/> der Leidenſchaft, die ſie will, oben auf bringt. Das<lb/> iſt nun nicht die rechte Art. — Die Leidenſchaft auch<lb/> in ihrer entſchiedenſten Richtung, hat keine beſtimmte<lb/> Farbenleiter und ſie iſt ſehr zufällig gemiſcht. Ich<lb/> kann aber die Georges durchaus noch nicht beurthei¬<lb/> len, ich muß ſie öfter ſehen. Auch iſt das Stück,<lb/> in welchem ſie auftrat, halb unbedeutend, halb dumm,<lb/> das heißt: ſeit einigen Wochen daß es gegeben wird,<lb/> iſt das Haus gedrückt voll, jeder will es ſehen.<lb/><hi rendition="#aq #g">Perinet Le clerc</hi>, <hi rendition="#aq #g">ou Paris en</hi> <hi rendition="#g">1443</hi>, <hi rendition="#aq">drame<lb/> historique</hi>. Was die Leute ſchönes daran finden,<lb/> begreife ich nicht. Außer den Decorationen und den<lb/> weiblichen Kleidungen der damaligen Zeit gefiel mir<lb/> doch gar nichts. Dieſen Winter iſt das Mittelalter<lb/> Mode, oder vielmehr das dramatiſche Vieh wurde<lb/> durch Noth die Alpe hinaufgetrieben dort zu weiden,<lb/> weil ſie in den letzten zwei Jahren die untere Re¬<lb/> gion, das Kaiſerreich, die Republik und das Zeitalter<lb/> Ludwigs <hi rendition="#aq">XV</hi>. ganz abgegraſt haben. Jedes Theater<lb/> bringt der Reihe nach ein pariſer Mittelalter zur<lb/> Vorſtellung. Geſtern kam die komiſche Oper, auch<lb/> ein ſolches Mittelalterſtück zum erſtenmal <hi rendition="#aq #g">Le Pré<lb/></hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0123]
hat eine ſchöne, volltönende Stimme, ihre Geberden
ſind anſtändig und ihr Mienenſpiel iſt ſehr reich;
freilich glaubte ich bemerkt zu haben daß ſie beim
Miſchen ihrer Züge die Volte ſchlägt, und jede Farbe
der Leidenſchaft, die ſie will, oben auf bringt. Das
iſt nun nicht die rechte Art. — Die Leidenſchaft auch
in ihrer entſchiedenſten Richtung, hat keine beſtimmte
Farbenleiter und ſie iſt ſehr zufällig gemiſcht. Ich
kann aber die Georges durchaus noch nicht beurthei¬
len, ich muß ſie öfter ſehen. Auch iſt das Stück,
in welchem ſie auftrat, halb unbedeutend, halb dumm,
das heißt: ſeit einigen Wochen daß es gegeben wird,
iſt das Haus gedrückt voll, jeder will es ſehen.
Perinet Le clerc, ou Paris en 1443, drame
historique. Was die Leute ſchönes daran finden,
begreife ich nicht. Außer den Decorationen und den
weiblichen Kleidungen der damaligen Zeit gefiel mir
doch gar nichts. Dieſen Winter iſt das Mittelalter
Mode, oder vielmehr das dramatiſche Vieh wurde
durch Noth die Alpe hinaufgetrieben dort zu weiden,
weil ſie in den letzten zwei Jahren die untere Re¬
gion, das Kaiſerreich, die Republik und das Zeitalter
Ludwigs XV. ganz abgegraſt haben. Jedes Theater
bringt der Reihe nach ein pariſer Mittelalter zur
Vorſtellung. Geſtern kam die komiſche Oper, auch
ein ſolches Mittelalterſtück zum erſtenmal Le Pré
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