Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.zu haben und wo erst die Armuth beginnt. Und be¬ zu haben und wo erſt die Armuth beginnt. Und be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0133" n="121"/> zu haben und wo erſt die Armuth beginnt. Und be¬<lb/> denkt man wie dieſes Blut, dieſer Heldenmuth, dieſer<lb/> Geiſt, dieſe Kraft, dieſe Reichthümer, wären ſie nicht<lb/> verbraucht worden zur Vertheidigung des Daſeyns,<lb/> zur Veredlung, zur Verſchönerung, auf die Freuden<lb/> des Daſeyns hätten verwendet werden <choice><sic>könnnen</sic><corr>können</corr></choice> —<lb/> möchte man da nicht verzweifeln? Alles hinzugeben<lb/> für die Freiheit, alles aufzuopfern — nicht für das<lb/> Glück, ſondern für das <hi rendition="#g">Recht</hi> glücklich ſein zu dür¬<lb/> fen, für die Möglichkeit glücklich ſein zu können!<lb/> Denn mit der Freiheit iſt nichts gewonnen als<lb/> das nackte Leben, dem Schiffbruche abgekämpft.<lb/> Und gewönnen nur die Feinde der Menſchlich¬<lb/> keit etwas durch ihren Sieg, ja theilten ſie<lb/> nur ſelbſt die Hoffnung des Sieges, es wäre noch<lb/> ein Troſt dabei. Aber nein, der Sieg iſt unmöglich.<lb/> Eine neue Macht die Widerſtand findet, kann im<lb/> Kampfe den Sieg finden, und im Siege ihre Befeſti¬<lb/> gung; aber eine alte befeſtigte Macht war ſchon be¬<lb/> ſiegt an dem Tage, wo der Kampf gegen ſie begann.<lb/> Wäre es nicht toll, wenn Männer die Zahnſchmerzen<lb/> haben, ſich einredeten ſie zahnten? Aber ſo toll ſind<lb/> unſere Tyrannen nicht. Dort die Pfaffen — ſie<lb/> wiſſen recht gut, daß der Zauber ihrer Gaukelkünſte<lb/> nicht mehr wirkt. Dort die Edelleute — ſie wiſſen<lb/> recht gut, daß die Zeit ihrer Anmaßung vorüber iſt.<lb/> Dort die Fürſten — ſie wiſſen recht gut, daß ihre<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [121/0133]
zu haben und wo erſt die Armuth beginnt. Und be¬
denkt man wie dieſes Blut, dieſer Heldenmuth, dieſer
Geiſt, dieſe Kraft, dieſe Reichthümer, wären ſie nicht
verbraucht worden zur Vertheidigung des Daſeyns,
zur Veredlung, zur Verſchönerung, auf die Freuden
des Daſeyns hätten verwendet werden können —
möchte man da nicht verzweifeln? Alles hinzugeben
für die Freiheit, alles aufzuopfern — nicht für das
Glück, ſondern für das Recht glücklich ſein zu dür¬
fen, für die Möglichkeit glücklich ſein zu können!
Denn mit der Freiheit iſt nichts gewonnen als
das nackte Leben, dem Schiffbruche abgekämpft.
Und gewönnen nur die Feinde der Menſchlich¬
keit etwas durch ihren Sieg, ja theilten ſie
nur ſelbſt die Hoffnung des Sieges, es wäre noch
ein Troſt dabei. Aber nein, der Sieg iſt unmöglich.
Eine neue Macht die Widerſtand findet, kann im
Kampfe den Sieg finden, und im Siege ihre Befeſti¬
gung; aber eine alte befeſtigte Macht war ſchon be¬
ſiegt an dem Tage, wo der Kampf gegen ſie begann.
Wäre es nicht toll, wenn Männer die Zahnſchmerzen
haben, ſich einredeten ſie zahnten? Aber ſo toll ſind
unſere Tyrannen nicht. Dort die Pfaffen — ſie
wiſſen recht gut, daß der Zauber ihrer Gaukelkünſte
nicht mehr wirkt. Dort die Edelleute — ſie wiſſen
recht gut, daß die Zeit ihrer Anmaßung vorüber iſt.
Dort die Fürſten — ſie wiſſen recht gut, daß ihre
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