Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.tigen. Die spanische Königin hat ein Töchterchen, tigen. Die ſpaniſche Königin hat ein Töchterchen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0140" n="128"/> tigen. Die ſpaniſche Königin hat ein Töchterchen,<lb/> dem ſie eine Krone verſchaffen möchte. Aber ihrem<lb/> Wunſche ſteht eine mächtige Parthei entgegen, und<lb/> um dieſe Parthei zu bekämpfen, wirft ſie ſich in die<lb/> Arme der Liberalen, und verſpricht ihnen Freiheit,<lb/> daß es eine Luſt iſt. Hat ſie einmal ihren Zweck<lb/> erreicht, oder ein anderes Mittel gefunden, ihren<lb/> Zweck zu erreichen, wird ſie die conſtitutionellen<lb/> Spanier, die ſo thöricht waren ihr zu trauen und in<lb/> ihre Falle zu gehen, eben ſo behandeln wie es Fer¬<lb/> dinand gethan. Aber trotz der Maske, trotz der fei¬<lb/> nen Liſt, in welcher alle Fürſten ſo geübt ſind, bricht<lb/> in den Reden und Handlungen der Königin Katharine,<lb/> die angeborne Natur oft komiſch genug vor. Ein<lb/> Fürſt der von Freiheit ſpricht, macht dann ein Ge¬<lb/> ſicht wie Robespierre — von dem einſt Mirabeau<lb/> ſagte: <hi rendition="#g">er ſieht aus wie eine Katze die Eſſig<lb/> getrunken hat</hi>. Neulich machte die Königin eine<lb/> Proklamation an die Spanier bekannt, voll Honig¬<lb/> worte, voll Freiheit, voll Glück, voll Ruhm, voll<lb/> Verſöhnlichkeit, kurz, voll Glaube, Liebe und Hoff¬<lb/> nung — wie der Hofrath Roußeau in der Poſtzei¬<lb/> tung am erſten Januar, wahrſcheinlich ſingen wird.<lb/> Plötzlich wendete ſie ſich an die verſtockten Gegner ihrer<lb/> himmliſchen Abſichten, krazt ſie und ſpricht wie folgt:<lb/> „Wer meinen <hi rendition="#g">mütterlichen</hi> Ermahnungen nicht<lb/> „Gehör giebt, auf den wird das Beil niederfallen,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0140]
tigen. Die ſpaniſche Königin hat ein Töchterchen,
dem ſie eine Krone verſchaffen möchte. Aber ihrem
Wunſche ſteht eine mächtige Parthei entgegen, und
um dieſe Parthei zu bekämpfen, wirft ſie ſich in die
Arme der Liberalen, und verſpricht ihnen Freiheit,
daß es eine Luſt iſt. Hat ſie einmal ihren Zweck
erreicht, oder ein anderes Mittel gefunden, ihren
Zweck zu erreichen, wird ſie die conſtitutionellen
Spanier, die ſo thöricht waren ihr zu trauen und in
ihre Falle zu gehen, eben ſo behandeln wie es Fer¬
dinand gethan. Aber trotz der Maske, trotz der fei¬
nen Liſt, in welcher alle Fürſten ſo geübt ſind, bricht
in den Reden und Handlungen der Königin Katharine,
die angeborne Natur oft komiſch genug vor. Ein
Fürſt der von Freiheit ſpricht, macht dann ein Ge¬
ſicht wie Robespierre — von dem einſt Mirabeau
ſagte: er ſieht aus wie eine Katze die Eſſig
getrunken hat. Neulich machte die Königin eine
Proklamation an die Spanier bekannt, voll Honig¬
worte, voll Freiheit, voll Glück, voll Ruhm, voll
Verſöhnlichkeit, kurz, voll Glaube, Liebe und Hoff¬
nung — wie der Hofrath Roußeau in der Poſtzei¬
tung am erſten Januar, wahrſcheinlich ſingen wird.
Plötzlich wendete ſie ſich an die verſtockten Gegner ihrer
himmliſchen Abſichten, krazt ſie und ſpricht wie folgt:
„Wer meinen mütterlichen Ermahnungen nicht
„Gehör giebt, auf den wird das Beil niederfallen,
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