Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.sitzt Merkur in einem gepolsterten Lehnstuhle, mit ſitzt Merkur in einem gepolſterten Lehnſtuhle, mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0144" n="132"/> ſitzt Merkur in einem gepolſterten Lehnſtuhle, mit<lb/> gekrümmtem Rücken, den Geldbeutel in der Hand<lb/> und klingelt. Merkur der alte Wucherer, der<lb/> Phönizier, der Jude, der Mäkler, der Betrüger, der<lb/> mit falſchen Renten würfelt. Merkur der Schelm,<lb/> der Meineidige, der Gott der Kaufleute und der<lb/> Diebe, der am Tage ſeiner Geburt ſich aus der<lb/> Wiege ſchlich, hinauskroch auf das Landgut ſeines<lb/> Stiefbruders Apollo, ihm die ſchönſten Ochſen ſtahl<lb/> und dann, entdeckt, bei dem Haupte ſeines Vaters<lb/> ſchwur, er wiſſe von gar nichts. Merkur Feind des<lb/> Schönen, der Liebesläugner, der ſchon als Kind den<lb/> holden Amor durchgeprügelt und ſeiner Mutter die ihn<lb/> auf den Schoos genommen, ihren Gürtel ſtahl ....<lb/> Alſo da ich die Treppe hinaufging, kam eine junge,<lb/> ſchöne, blaſſe Frau, an dem Arme eines Herrn, die<lb/> Treppe herunter, und ich hörte, wie ſie einem ihr<lb/> begegnenden Bekannten ſagte: <hi rendition="#aq">on étouffe</hi>! Ich<lb/> kehrte wieder um. Mein Leben daran zu ſetzen, um<lb/> einen halben Tag früher zu erfahren, ob Victor Hu¬<lb/> go's König ſich ferner amüſiren werde, oder nicht,<lb/> ſchien mir Verſchwendung. Abends bei Tiſche ſprach<lb/> ich einen der dabei war und es ausgehalten. Es<lb/> war ein junger Menſch von achtzehn Jahren mit<lb/> überflüſſigem rothem Blute, dem etwas zu erſticken<lb/> eher geſund als ſchädlich war. Es ſoll fürchterlich<lb/> geweſen ſein. Ueber dem Lärm, dem Gedränge,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0144]
ſitzt Merkur in einem gepolſterten Lehnſtuhle, mit
gekrümmtem Rücken, den Geldbeutel in der Hand
und klingelt. Merkur der alte Wucherer, der
Phönizier, der Jude, der Mäkler, der Betrüger, der
mit falſchen Renten würfelt. Merkur der Schelm,
der Meineidige, der Gott der Kaufleute und der
Diebe, der am Tage ſeiner Geburt ſich aus der
Wiege ſchlich, hinauskroch auf das Landgut ſeines
Stiefbruders Apollo, ihm die ſchönſten Ochſen ſtahl
und dann, entdeckt, bei dem Haupte ſeines Vaters
ſchwur, er wiſſe von gar nichts. Merkur Feind des
Schönen, der Liebesläugner, der ſchon als Kind den
holden Amor durchgeprügelt und ſeiner Mutter die ihn
auf den Schoos genommen, ihren Gürtel ſtahl ....
Alſo da ich die Treppe hinaufging, kam eine junge,
ſchöne, blaſſe Frau, an dem Arme eines Herrn, die
Treppe herunter, und ich hörte, wie ſie einem ihr
begegnenden Bekannten ſagte: on étouffe! Ich
kehrte wieder um. Mein Leben daran zu ſetzen, um
einen halben Tag früher zu erfahren, ob Victor Hu¬
go's König ſich ferner amüſiren werde, oder nicht,
ſchien mir Verſchwendung. Abends bei Tiſche ſprach
ich einen der dabei war und es ausgehalten. Es
war ein junger Menſch von achtzehn Jahren mit
überflüſſigem rothem Blute, dem etwas zu erſticken
eher geſund als ſchädlich war. Es ſoll fürchterlich
geweſen ſein. Ueber dem Lärm, dem Gedränge,
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